Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
ist das denn ein Beruf?«, fragte die Lektorin. »Ich hielt es für ein Hobby, das zum Ziel hat, abergläubischen Idioten das Geld aus der Tasche zu ziehen.«
»Was auch immer es ist«, sagte ich. »Jedenfalls verdient der Mann seine Brötchen damit. Und Frau von Berghofen muss ihn mal so gemocht haben, dass er ihr Vermögen erben sollte.«
»Wieso? Das erbt doch dieser Journalist. Ihr Chef. Falls er sie nicht umgebracht hat. So stand es jedenfalls in der Zeitung.«
»Peter Jansen hat sie nicht getötet, außerdem wusste er nicht, dass er im Testament berücksichtigt ist. Eigentlich sollte Wachlin die Kohle kriegen.«
»Dann kann die Polizei ja aus dem Vollen schöpfen«, stellte Emma Born fest. »Irgendeiner wird es schon gewesen sein.«
»Wie war denn das Verhältnis zwischen Wachlin und Lilo?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Wie sind die beiden miteinander umgegangen?«, fragte ich. »Wie Freunde oder wie Verliebte?«
»Wie erkennt man das?« Emma Born stellte sich ziemlich störrisch an.
»Ich will herausbekommen, ob Wachlin der Mörder sein könnte«, erklärte ich. »Und deshalb möchte ich wissen, wie die beiden zueinander standen.«
»Dazu habe ich keine Meinung. Mir war der Mann jedenfalls nicht besonders sympathisch.«
»Sie nehmen die Sache aber ziemlich cool«, sagte ich.
Emma Born drückte brutal die Zigarette aus. »Das scheint nur so«, meinte sie. »Ich muss mich jeden Tag acht Stunden mit falschen Gefühlen beschäftigen. Da sind mir die echten wohl abhandengekommen.«
»Und was sind Ihre echten Gefühle? Sind Sie traurig über Lilos Tod?«
»Es ist nie schön, wenn ein Mensch getötet wird«, entgegnete sie. »Ob man ihn nun gekannt hat oder nicht. Sie können also davon ausgehen, dass ich traurig bin.«
Zeigen tut sie's aber nicht, dachte ich.
»Hatte Frau von Berghofen Angst vor jemandem? Hat sie mal so was erwähnt?«
Born überlegte. »Sie hat in letzter Zeit einige Male einen Termin im Verlag platzen lassen. Das war neu bei ihr.«
»Hat sie einen Grund angegeben?«
»Ja. Zweimal kam eine Reise dazwischen. Lilo musste plötzlich in die Schweiz.«
»Vielleicht hat sie dort gelesen.«
»Nein, das glaube ich nicht, das hätte ich gewusst. Alle ihre Lesetermine stehen im Veranstaltungskalender auf der Verlagshomepage.«
Die Lektorin war nicht gerade eine Informationsquelle von bester Güte. Außer dem Hinweis auf einen hinkenden Mann in dem Manuskript Stürmisches Herz hatte ich nicht viel Neues erfahren.
Wein und Wasser
Ich war auf dem Weg zurück nach Bierstadt, als sich Ridder bei mir meldete. Er hatte es tatsächlich geschafft, Jansen aus dem Knast freizubekommen. Dem Haftrichter reichten die bisherigen Beweise nicht aus, um den Haftbefehl aufrechtzuerhalten. Ich stoppte meinen Wagen am Straßenrand.
Ridder fasste zusammen: Niemand war in der Lage gewesen, den genauen Todeszeitpunkt zu bestimmen, niemand wusste, seit wann das Gift im Haus gewesen war. Und keiner hatte den geringsten Beweis dafür, dass Peter der Autorin das Gift verabreicht hatte.
»Herr Jansen hat zugegeben, ab und zu mal ein Glas Wein mit ihr getrunken zu haben. Aber das ist ja nicht verboten.«
Ich schluckte. Jansen war trockener Alkoholiker und mied eigentlich alles, was einen Rückfall in die Sucht bedeuten konnte.
»Die Fingerabdrücke am Glas und das bloße Vorhandensein eines Rizinusbusches in Jansens Garten haben den Richter nicht überzeugt. Ihr Chef ist wieder auf freiem Fuß.«
Natürlich rief ich anschließend sofort Peter Jansen an, um ihm zu gratulieren. »Ich freu mich so«, jubelte ich. »Jetzt können wir richtig loslegen und deine Unschuld beweisen.«
»Zeit genug hätte ich ja«, meinte er trocken. »Ich bin so lange vom Dienst suspendiert, bis die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen mich eingestellt hat.«
»Na also, das passt doch. Ich werde meine Überstunden abfeiern. Der Übergangsheini ist bestimmt froh, wenn er mich nicht sehen muss.«
»Heute Abend bei mir?«
»Ja, gegen acht. Ich treffe mich übrigens gleich mit dem Zauberer, der Lilos Vermögen bekommen sollte – bis du sie mit deinem Charme behext hast. Soll ich Wein mitbringen?«
»Wein ist doch immer da«, sagte er. »Ich mische auch kein Gift rein, Grappa. Versprochen.«
»Seit wann trinkst du eigentlich wieder?«, fragte ich.
»Trinken? Du meinst das Weinglas mit meinen Fingerabdrücken im Rabenhügel? «
»Ja, genau das. Ich dachte ...«
»Kein Grund zur Sorge«, unterbrach er mich. »Ein bisschen
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