Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
the Dark Land, in den Player. Nach zehn Minuten war die Luft entkitscht – genau rechtzeitig, denn Jansen klingelte an der Tür.
»Ab Montag bin ich wieder in Amt und Würden«, strahlte er.
»Super!« Ich umarmte ihn. »Wird denn gegen dich nicht mehr ermittelt?«
»Sie haben nichts in der Hand gegen mich. Ridder hat gut gearbeitet. Das musste auch die Verlagsleitung akzeptieren. Aber jetzt erzähl: Hast du den Mail-Account geknackt?«
»Hab ich.«
»Tolles Mädchen!«
»Warte erst mal ab. Lilo hatte in dem Account mehrere Ordner angelegt, in denen sie die E-Mails ihrer Kunden gesammelt hat. Es gab gar nicht so wenige Leute, die ihre Hexenkünste in Anspruch genommen haben. Gegen Kohle – versteht sich. Die Mails mit den Rechnungen waren in einem Extraordner gesammelt. Eine Totenbeschwörung kostete sechshundert Euro.«
Jansen pfiff durch die Zähne. »Ein stolzer Preis!«
»Stimmt, obwohl sie's ja nicht nötig hatte. Unter den Leuten fand ich drei ganz interessant, weil sie mehrmals bei Lilo waren – regelmäßige Kunden sozusagen.«
»Ich bin gespannt.«
»Erinnere dich an den Brief, den sie dir geschrieben hat. Sie sei einer Sache auf die Spur gekommen, einer schrecklichen Sache. Das könnte doch bei einer Totenbeschwörung seinen Anfang genommen haben. Und jetzt zu den drei Kunden.«
»Ich höre.«
»Nummer eins: Teemu Tasavalta.«
»Hört sich an wie ein exotischer Tanz«, meinte Jansen.
»Ist aber ein Schriftsteller aus Finnland«, klärte ich ihn auf.
»Und wie kommt der Kerl nach Bierstadt?«
»Aus den Mails geht hervor, dass sich Lilo und Tasavalta bei einem Schriftstellerkongress in Florenz kennengelernt haben.«
»Schreibt der auch so ein seichtes Zeug?«
»Nee«, antwortete ich. »Ich hab's im Internet überprüft: Der Mann schreibt die härtesten Kriminalromane, die zurzeit auf dem Markt sind. Blut, Folter, Amoklauf, Massenmord.«
»Ach, ja, jetzt dämmert es mir. Einer dieser Depri-Heinze aus dem hohen Norden. Wozu benötigt der denn die Dienste einer Hexe?«
Ich grinste. »Er wollte mit seinem Hund sprechen.«
»Was?« Jansens Gesichtsausdruck schwankte zwischen Amüsement und Entsetzen.
»Jussi. Dalmatinerrüde. Mit sechs Jahren unter einen Laster gekommen. Das abrupte Ende einer tiefen Männerfreundschaft.«
»Du verarschst mich doch?«
»Keineswegs. Lilo hat ihm angeboten, ein Gespräch mit Jussi zu ermöglichen. Sie sei ein gutes Medium.«
»Wie sah die Séance denn aus? Hat Lilo bei Kerzenlicht gebellt?« Jansen bekam einen Lachanfall.
»Der Finne war jedenfalls mit dem Ergebnis zufrieden«, sagte ich, »und hat das Geld bezahlt. Und ist wegen desselben Problems wiedergekommen.«
»Jetzt erst versteh ich den tieferen Sinn des Ratschlags: Brauchst du einen Freund, kauf dir einen Hund.«
»Nummer zwei«, fuhr ich fort. »Ein klassischer Musiker.«
»Lass mich raten: Der wollte mit Mozart sprechen.«
»So ungefähr«, bestätigte ich. »Aber nicht mit Mozart, sondern mit Paganini. Der Mann ist nämlich Sologeiger. René Mieu.«
»Der Grinsbeutel, der zur Primetime samstags im Fernsehen fiedelt?«, fragte Jansen völlig außer sich.
»Ja. Und auch er war mehrmals da. Du siehst, deine Freundin hatte einen illustren Kundenstamm. Jetzt kommt Nummer drei.« Ich machte eine Pause.
»Schlimmer kann's ja nicht kommen, Grappa-Baby«, seufzte Jansen. »Also los! Wer isses? Dieter Bohlen, Prinz Foffi von Hohenzollern oder Saddam Hussein?«
»Letzterer wäre inzwischen ja aus dem Rennen«, meinte ich. »Nummer drei ist eine Frau namens Sabine Wunsch.«
»Zu der fällt mir jetzt gar nix ein.«
»Sie ist die Einzige, die wirkliche Probleme hat«, erklärte ich. »Sie hat ihr Kind verloren und wollte wissen, ob es im Jenseits glücklich ist.«
»Die arme Frau«, meinte Jansen. »Aber ich sehe keinen Zusammenhang zum Mordfall Lilo, noch nicht mal den Hauch davon.«
»Tasavalta ist leider nicht greifbar, er befindet sich auf einer Lesereise in den USA. Und zwar seit Wochen.«
»Und Mieu? Was könnte er für einen Grund haben, Lilo zu vergiften?«
»Vielleicht hat Niccolò Paganini ihm die Meinung zu seiner Fiedelei gegeigt. Die Totenbeschwörungen können ja Dinge ans Licht gebracht haben, die selbst für Prominente peinlich sind. Aber zuerst werde ich mich um diese Frau kümmern, die ihr Kind verloren hat. Sie war fast jede Woche bei Melencolia in Behandlung.«
Irgendwas ist immer
Es war Sonntag und bis elf hatte mein Bäckerladen geöffnet. Selbstverständlich war Frau
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