Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
leere Bierflaschen.
Die drei hatten mich schon erblickt und tauschten untereinander ein paar kurze Informationen aus. Schnell überlegte ich mir eine Story, mit der ich sie kriegen konnte, und gesellte mich dann zu dem Trio.
»Tach, die Herren«, begann ich. »Wie isses?«
Die beiden vor der Theke musterten mich, einer brummte was.
»Danke der Nachfrage«, rutschte es mir heraus.
»Was darf es denn sein, junge Frau?«, fragte der Büdchenmann.
»Ich wollte eine Freundin besuchen. Doch leider ist sie nicht da. Können Sie mir ein Würstchen heiß machen?« Ich deutete mit dem Kinn auf das Schild.
»Mit Brot und Senf?«
»So wie's da im Angebot steht«, meinte ich. »Das ganze Menü.«
Einer der Kerle grinste. Immerhin kannte er die Bedeutung des Wortes Menü. Der Inhaber verschwand im hinteren Teil der Bude. Bis das Würstchen heiß war, würde Zeit vergehen, hoffentlich genug, um die Leute auszuquetschen.
»Und eine Cola, aber light«, rief ich in den Raum.
Mein Blick fiel auf die Blöd-Zeitung, die auf dem Tresen lag. »Darf ich da mal reinschauen?«
»Abba imma.«
Sex-Ikone Rosi Unterbauer: Zum Frühstück gab's bei mir Apfelsaft, Heroin und Sex, las ich. Der Aufmacher spielte auf das wilde Leben einer Kommunardin Ende der Sechzigerjahre an, die kürzlich ihre Memoiren veröffentlicht hatte.
»Tolles Mädel, oder?«, sagte ich und deutete auf das Foto der Frau aus ihren goldenen Zeiten. Sie hatte langes schwarzes Haar und präsentierte ihren nackten Busen.
»Nä«, meinte der eine Typ abschätzig. »Zu kleine Ohren.«
Dabei blickte er auf meine Oberweite und grinste fett.
Ich schluckte und beschloss, ihn jetzt noch nicht umzuhauen.
»Wissen Se den Unterschied zwischen erotisch und pervers?«, fragte der andere Mann.
»Nein«, log ich.
Er kam mit der Pointe von Feder und Huhn rüber und ich schüttete mich aus vor Lachen. Der schlappe Scherz schien in allen sozialen Schichten einen Siegeszug zu halten.
»Kennen Sie eigentlich meine Freundin?«, nutzte ich die Chance. »Sabine Wunsch. Ihr Bruder ist der Arno.«
»Das ist doch die mit dem toten Kind«, sagte der Witzbold.
»Schlimme Sache«, nickte ich. »Wie geht's der Sabine denn?«
»Keine Ahnung. Die is ja wech.«
»Wohnten die zusammen?«
»Klar. Arno hat sie aufgenommen, als das Kind kam.«
»Und Arno? Wie geht's dem?«, fragte ich.
»Der kommt schon klar«, sagte Typ zwei. »Das tut der imma.«
»Wie ist das denn genau passiert?«
Der Kiosk-Fritze trabte an – in den Händen einen Pappteller balancierend, auf dem sich Pappbrot, ein länglicher rosafarbener Gegenstand und ein dunkelgelber Klecks befanden. Das Lange dürfte die Wurst sein, schloss ich messerscharf.
»Lecka!«, rief ich und spürte ein leises Grummeln in der Magengegend. »Haben Sie eine Papierserviette? Ich möchte das Ding nicht mit den Fingern anfassen.«
Er brachte eine. Ich nahm die Wurst – sie vibrierte im Luftraum zwischen Pappteller und meinem Mund –, stippte sie in den Senf und ließ die Spitze zwischen meinen Lippen verschwinden.
Die drei Männer bekamen leuchtende Augen.
Wenn es sein muss, seufzte ich innerlich, ließ die Zunge um die Wurstspitze kreisen und leckte etwas Senf ab, ohne ein Stück abzubeißen.
»Wie war das denn nun mit dem Kind?«, fragte ich.
»Das heißt plötzlicher Kindstod«, sagte Typ eins, schluckte und starrte die wippende Wurst an.
»Und wie alt war das Kind?« Die Wurst in meiner Hand pendelte auf und ab.
»Noch ganz klein war das«, drängelte sich der andere vor. »Morgens im Bett. Tot. Das war's.«
»Gab es eine Untersuchung?«
»Die Bullen waren da.«
»Nun essen Se ma Ihre Wurst«, forderte mich der Kioskmann auf. »Sonst isse gleich kalt.«
Beherzt schnappte ich zu. Ich spürte, wie die Wurstumhüllung zerplatzte und sich der glibberige Inhalt in meiner Mundhöhle verteilte. Der scharfe Senfgeschmack verhinderte, dass mir übel wurde. Ich nahm den Fabriktoast, biss ab, kaute und würgte alles hinunter.
»Schmeckt's?«
»Wunderbar«, krächzte ich und spülte mit der Cola nach. »Genau das Richtige für den kleinen Hunger zwischendurch.«
Die drei verfolgten jede meiner Essbewegungen.
»Was macht der Arno eigentlich so? Als Manager?«, fragte ich, als ich wieder sprechen konnte.
»Manager?« Die drei lachten. »Der is Manager bei Hartz IV. So heißt die Firma nämmich.«
Ich lachte mit und aß das Würstchen bis zum bitteren Ende. Dann bezahlte ich.
»Wollen Se noch 'n Witz hören?«
Bitte nicht die
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