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Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Titel: Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Gesicht unserer Kommunalpolitiker und aller anständigen Bürger.«
    »Ich denke, dass genau diese anständigen Bürger auch die Dienste der Prostituierten in Anspruch nehmen«, warf ich ein. »Hartz-IVler allein sind es wohl nicht. Den meisten Betrieb auf dem Straßenstrich gab es, nachdem die Büros der Verwaltung, der Versicherungen und Kaufhäuser dichtgemacht hatten. So viel zum Thema anständige Bürger, Herr Dr. Schnack. Männer sind eben so. Aber gegen eine Kampagne habe ich nichts. Allerdings werde ich nur die Wirklichkeit schildern. Ich lasse mich nicht instrumentalisieren. Nur der Wahrheit bin ich verpflichtet.«

Bei Sonne sieht man Blau
    Keiner hatte je von einem Unternehmer namens Phil Sikowitz gehört. Das Unternehmen Amiga konnte niemand kennen, denn es war gerade erst aus der Taufe gehoben worden. Ich hatte mich bei der Industrie- und Handelskammer erkundigt, bevor wir zur Pressekonferenz aufbrachen.
    »Phil Sikowitz ist bestimmt nur ein Strohmann«, mutmaßte Wayne Pöppelbaum. »Irgendjemand steht hinter dem Typen und will an die fette Kohle.«
    »Und wer soll das sein?«, fragte ich. »Die Romamafia? Die Türken? Oder doch die SPD?«
    Wir lachten. Als Ort der Pressekonferenz hatte Sikowitz ein Traditionsrestaurant direkt am See ausgesucht. Das alte Fachwerkgebäude aus dem späten 18. Jahrhundert hatte unter den Bauarbeiten der letzten Jahre schwer gelitten und wurde gerade restauriert.
    »Hoffentlich fällt uns die Decke nicht auf den Kopf«, sagte Wayne mit kritischem Blick auf das Gerüst.
    Hinter dem Restaurant erstreckte sich der halb gefüllte künstliche See. Einst hatte hier ein Stahlwerk namens Phoenix-Ost gestanden. In der Nachbarschaft gab es immer noch heruntergekommene Häuser. Dort hatten die Stahlarbeiter und ihre Familien gelebt. Andere Gebäude waren durch Investoren aufgekauft und hübsch zurechtgemacht worden. Und die Grundstücke direkt am Seeufer vermarktete die Stadt. Segelschulen und Bootswerften gründeten sich und alles wartete darauf, den See endlich nutzen zu können. Der Wasserspiegel stieg aber nur langsam. Immerhin – wenn die Sonne schien, war die Oberfläche sogar blau.
    Nach und nach trudelten die Kollegen ein. Die Reporter des lokalen Fernsehsenders und des Radios kamen zuletzt. Doch wir standen alle vor verschlossener Tür.
    »Superidee das«, strahlte der Blöd-Reporter. »Discountficken mit Seeblick.«
    »Glaubst du wirklich, dass sich die Stadt ihr Naherholungsgebiet am Phoenix-See verschandeln lässt?«, gab ich zu bedenken.
    »Prostitution ist nicht verboten«, erinnerte der Bluthund. »Und was spricht dagegen, dass die Freier beim Vögeln was Schönes zum Gucken haben? Echte Naherholung eben.«
    »Wenn dieser Sikowitz nicht bald kommt, bin ich weg«, maulte der Radio-Mann.
    In diesem Moment stoppte eine silbergraue Nobellimousine vor dem Restaurant, spuckte einen grobschlächtigen Mann aus und fuhr dann auf den Parkplatz.
    »Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, meine Dame und die Herren«, dröhnte der Mann, bei dem es sich wohl um Sikowitz handelte.
    Er klopfte energisch an die Restauranttür. Sie wurde geöffnet und wir folgten dem Wirt auf eine Terrasse, die den Blick auf das künftige maritime Ereignis freigab.
    Wir setzten uns. Es gab Schnittchen, Kaffee, Wasser. Die Fernsehleute machten sich mal wieder wichtig und prüften Licht und Perspektiven.
    Phil Sikowitz fackelte nicht lange und stellte seine Pläne vor.
    »Ein festes Haus. Mit bis zu hundertfünfzig Frauen und mehreren hundert Freiern am Tag. Den Bauantrag bei der Stadt habe ich in der vergangenen Woche eingereicht. Man hat mir eine schnelle Bearbeitung versprochen.«
    »Ficken in der Hörder Burg?«, fragte der Mann vom Blöd-Blatt. Er spielte auf das Industriedenkmal an, das am Ufer des Sees thronte.
    »Das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit gewesen«, grinste Sikowitz. »Aber die Denkmalbehörde hätte bestimmt etwas dagegen.«
    »Also ein Neubau?«, meldete ich mich zu Wort. »Und wo genau?«
    »Wir haben nur eine Option auf das Gelände«, ruderte Sikowitz zurück. »Haben Sie daher bitte Verständnis dafür, dass ich Ihnen die genaue Lage heute noch nicht verraten kann.«
    Merkwürdig, dachte ich.
    »Aber ich kann Ihnen die Dimension unseres Vorhabens beschreiben«, machte Sikowitz weiter. »Drei Etagen. Im Erdgeschoss Diskothek, Restaurant und Kontaktbereich, im ersten Obergeschoss fünfundzwanzig Zimmer, in der zweiten Etage zwei Umkleideräume, zwei Büros und ein

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