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Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Titel: Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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genauso aus wie Zita. Zwillinge.«
    »Hättest du auch gern einen Mann, der dich liebt?«, fragte ich.
    »Ich will Freund. Mehr nicht«, antwortete Ivana. »Ich bin voll Schmutz.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Ivana!« Ich nahm ihre Hand. Sie war eiskalt. »Erzähl Wayne deine Geschichte. Alles. Er ist ein guter Mann mit Verstand. Wenn du ihn magst, dann vertrau ihm.«
    Sie entzog mir ihre Hand und rührte hektisch im Tee, obwohl sich die Zuckerstücke längst aufgelöst hatten. Das Armband klimperte.
    »Ich möchte ein Interview machen, mit Milev. Und ich würde gern die Familie besuchen, die am Wochenende überfallen worden ist«, änderte ich das Thema. »Zu beidem brauche ich deine Hilfe, denn ich kann die Sprache nicht. Du bekommst zehn Euro pro Stunde fürs Übersetzen. Ist das in Ordnung?«
    Die Romafamilie war immer noch dabei, Ordnung in das Chaos zu bringen. Es roch nach Urin, Essensreste lagen auf dem Boden. POM Krüger und seine Kumpane hatten alles getan, um die Wohnung unbewohnbar zu machen.
    Ich erkannte den alten Mann wieder, der das Mädchen vor Krügers Angriff hatte schützen wollen. Sein Gesicht war arg zerschunden.
    Ivana redete mit ihm und ich verstand kein Wort. Der Mann antwortete und wirkte sehr aufgebracht.
    Ivana reichte ihm das Bierstädter Tageblatt . Der Mann rief seine Leute hinzu. Drei Frauen und ein halbwüchsiger Junge blickten mit großen Augen in die Zeitung.
    Ivana deutete auf mich und sagte etwas. Ich lächelte für alle Fälle. »Ich übersetze Zeitung«, kündigte sie an.
    Der alte Mann deutete Ivana an, noch zu warten, und rief: »Donka!«
    Die junge Frau, die Krüger belästigt hatte, erschien. Donka war fast noch ein Kind, mit langen staksigen Beinen, einem kleinen Busen und einer Lockenmähne, die jedem Friseur Tränen der Freude ins Gesicht getrieben hätten.
    Sie schaute mich prüfend an. Mit meinen roten Haaren war ich in der schwarz gelockten Runde ein absoluter Hingucker. Ivana erklärte ihr kurz, wer ich sei, und deutete auf die Zeitung.
    Während sich alle auf Ivanas Übersetzung des Zeitungsartikels konzentrierten, konnte ich mich in Ruhe umsehen. Schmutzig und vermüllt wirkte die Wohnung nicht, aber die wenigen Möbel waren durch den Überfall Totalschäden. Dem großen Tisch fehlte ein Bein, die Holzstühle hatten die netten Freunde von POM Krüger als Schlagwerkzeuge benutzt. Lediglich das Regal stand noch aufrecht, wenn auch leicht schief. Darin lagen jetzt die wenigen Küchenutensilien der Familie: Geschirr, Besteck, Kochlöffel, ein großer Topf und zwei Pfannen. In einem Fach waren ein paar Papiere gestapelt. Ich erkannte das Logo von Whitehall. Leider lag das Papier falsch herum und ich brauchte eine Weile, bis ich es als Mietvertrag identifiziert hatte. Fünfhundert Euro Miete! Heftig für diese Bruchbude, dachte ich. Wie verdient man die, wenn man keine Arbeit hat?
    Die anderen standen immer noch um Ivana herum. Vorsichtig schob ich den Mietvertrag zur Seite. Strom- und Wasserrechnung, zwei Visitenkarten. Die gelbe Karte eines Unternehmens namens Wachtraum-Unterhaltungsmedien und ein Stück weiße Pappe von Amiga – Investment, die Firma, die am Phoenix-See das Großbordell errichten wollte.
    Phil Sikowitz rekrutierte wohl doch schon Personal, auch wenn er das Gegenteil behauptet hatte. Aber auf welche Frau hatte er es abgesehen? Donka?
    Wenn sie wirklich erst vierzehn war, tat er sich keinen Gefallen. Aber vielleicht schätzte ich ihr Alter falsch ein.
    »Du kannst Fragen stellen«, meinte Ivana plötzlich zu mir. »Das ist Kalo Zima, der Vater der Familie.«
    »Frag bitte, ob ich ein paar Fotos machen darf.«
    Ich durfte. Mit meiner kleinen Digicam knipste ich das Chaos im Raum, die Spuren auf dem Boden und Kalo Zimas verletztes Gesicht.
    Ivana übersetzte und half mir bei der Schreibweise der Namen.
    »Wie alt ist Donka?«, wollte ich schließlich wissen.
    »Sechzehn«, sagte Donka.
    »Du sprichst Deutsch?«
    »Bisschen. Will mehr lernen«, antwortete sie.
    »Was machst du den ganzen Tag? Gehst du zur Schule?«
    Donka lachte, als hätte ich etwas Lustiges von mir gegeben.
    »Es gibt keine Schule für Donka«, sagte Ivana. »Zu alt. Schule nur für kleine Kinder.«
    »Ich lerne auf Straße. Auch Sprache.« Donka lächelte leicht verschämt. Ich ahnte, was sie meinte.
    »Aber das ist doch jetzt verboten«, wandte ich ein. »Der Straßenstrich ist geschlossen.«
    »Arbeit in Haus nicht verboten. Ich in Haus arbeiten.«

Bei uns verhungert

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