Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
stellen? Ich bitte um Veröffentlichung meines Briefes in Ihrer Zeitung.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Jansen, Oberbürgermeister
»Autsch«, meinte ich. »Das tut aber weh. Kennt Schnack den Brief schon?«
»Na klar. Er hat die Tür hinter sich zugeschlagen und begonnen, wie wild rumzutelefonieren«, wusste Sarah.
»Klar, dass Chefchen keine Freier mag«, plapperte Susi. »Die stehen ja alle auf Frauen. Und die sind ja nicht seine Disziplin.«
»Ts, ts, ts«, machte ich. »Niemand sollte wegen seiner sexuellen Neigung diskriminiert werden. Bin gespannt, was Schnack gleich in der Konferenz über den Brief sagt. Wie groß ist denn der Verteiler?«
»Riesengroß!«, strahlte Susi. »Alle Zeitungen, alle Pressestellen und jede Menge Politiker. Unter den Tisch fällt der Brief nicht, das steht fest. Jedenfalls nicht bei der Konkurrenz.«
Endlich hatten auch die beiden Sekretärinnen mal wieder Spaß an ihrer Arbeit.
Ich machte mich auf die Suche nach Wayne und fand ihn in der Kantine – allein an einem Tisch sitzend. Prima!
»Alles gut?«, fing ich an.
»Eigentlich schon.«
Aha. Eigentlich. »Und uneigentlich?«
»Nur ein Gefühl, dass alles falsch ist«, murmelte Wayne.
»Die Telefonate? Oder ist da noch mehr?«
»Ich kann Ivana nicht mehr in die Augen sehen«, berichtete er. »Seitdem ich in ihrem Handy spioniert habe. Ich habe das Gefühl, dass sie es ahnt.«
»Das bildest du dir ein, weil du ein schlechtes Gewissen hast. Hast du die Nummern wirklich weggeworfen?«
»Das weißt du doch. Warum fragst du?«
Ich atmete durch. »Weil nun ich sie gern mal überprüft hätte«, gestand ich.
»Du spinnst, Grappa! Wer hält mir denn ständig Vorträge über Vertrauen?«
»Es hat sich da etwas ergeben.«
»Ergeben?«
»Es war Ivana, die mir die abgehackten Pferdebeine vors Haus gelegt hat.«
»Bitte?«
Ich erzählte ihm die Geschichte.
Wayne saß völlig verwirrt in der Redaktionskonferenz. So verwirrt, dass er gar nicht genießen konnte, wie peinlich Schnack das Schreiben des Oberbürgermeisters war.
»Der Verleger hat sich auch schon gemeldet«, raunte mir Harras zu. »Der alte Herr war not amused. «
»Mein Kampf gegen das Bordell hat nicht das Geringste damit zu tun, dass ich ein kleines Baugrundstück am See gekauft habe«, behauptete Schnack. »Diese Unterstellung ist ungeheuerlich. Jeder anständige Bürger muss sich gegen ein Projekt wie das Großbordell aussprechen.«
»Werden wir den Brief des OBs abdrucken?«, stellte Harras die Frage aller Fragen.
Alle Augen richteten sich auf Schnack.
»Natürlich werden wir das. Wir sind ein meinungsfreudiges Blatt. Aber es wird unter dem Brief eine Anmerkung der Redaktion geben, in der ich mich gegen die Verdächtigung des Herrn Oberbürgermeisters Jansen zur Wehr setzen werde.«
»Wie souverän«, strahlte ich. »Ist unsere Kampagne gegen das Bordell dann damit beendet?«
»Ich persönlich werde mich aus der Berichterstattung zurückziehen«, kündigte Schnack an. »Aber an der Sache ändert sich nichts. Kollege Biber wird Ihnen, Frau Grappa, zur Seite stehen. Sie bearbeiten in Ihrer Eigenschaft als Polizeireporterin den kriminellen Aspekt und Herr Biber wird sich um die stadtplanerischen und kommunalpolitischen Belange kümmern. Wir werden morgen über die Bürgerinitiative berichten, die gegen den Bordellplan kämpft.«
Bärchen griente. Das gefiel ihm. Ich als Mädel fürs Grobe und er für die filigranen Seiten des Themas. Abwarten, dachte ich.
»Gibt es eigentlich noch andere Themen in dieser Stadt als käuflicher Sex und dubiose Grundstückskäufe?«, meldete sich Margarete Wurbel-Simonis zu Wort.
Schnacks Oberlippe zitterte unter dem Schnurrbart. »Dubiose Grundstücksgeschäfte? Das verbitte ich mir!«
»Ich finde das schon dubios, Herr Schnack«, machte die Kulturkollegin weiter. »Und auch wenn ich Herrn Jansen nicht besonders mag, finde ich seinen Einwand nachvollziehbar. Besonders unter Berücksichtigung des Umstands, dass auf der Interessentenliste für das Gelände zehn Leute vor Ihnen standen. Und Sie haben den Zuschlag gekriegt. So was nennt man Filz.«
Die Ohren der Kollegen wurden immer größer. Auch ich konnte kaum glauben, was sich gerade abspielte. Wurbelchen wuchs über sich hinaus und demontierte den Chef.
»Was ist denn das schon wieder?«, fragte Schnack. »Wer behauptet denn so was?«
»Ein Bekannter, der in der Phoenix-See-Gesellschaft beschäftigt ist. Die ist für die Vergabe der Grundstücke zuständig.
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