Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
sagen, wenn ich was wüsste.« Bernd Hohlkötter hatte feuchte Augen. »Es tut mir alles so leid.«
Wir schwiegen.
»Was passiert jetzt?«, fragte Bernd-Marko nach einer Weile.
»Vielleicht finden wir in dem Film Hinweise, die uns weiterbringen«, sagte Kleist. »Halten Sie sich bitte zu unserer Verfügung, Herr Hohlkötter.«
Gipsy-Kill und die sieben Zwerge
Wir fuhren zu mir nach Hause und legten die DVD ein. Der Hersteller war eine Firma namens Nightmare-Entertainment. Im Impressum stand wieder nur eine Firmennummer und der Zusatz: Eingetragen im amtlichen Firmenbuch für England und Wales.
Den Spruch kannte ich schon.
»Das steht auch auf den Streifen, die die Wachtraum – Firma verkauft. Sogar die Firmennummer stimmt.«
Kleist sah mich erstaunt an.
»Ja, ich bin ein Zahlen-Genie«, lächelte ich.
»Du kannst dir doch nicht mal die Geheimnummer für deine EC-Karte merken.«
»Stimmt. Aber die Firmennummer enthält alle Ziffern meiner Personalnummer beim Verlag. Nur in umgekehrter Reihenfolge.«
»Also doch kein Genie.«
Er legte den Film ein. » Gipsy Kill hört sich nicht besonders harmlos an. Willst du dir das wirklich antun, Maria?«
Wer Pornofilme schaut, dem sind Spannungsbögen, Erzählstränge und logischer Aufbau ziemlich egal. Es geht nur um das Eine. Und das kommt in fast jeder Szene vor.
Den ersten Porno hab ich mir angesehen, als ich schon weit über vierzig war. Er hatte den hübschen Titel Schneefickchen und die sieben Zwerge und die Handlung war sogar an das Märchen angelehnt. Ein auf Mädchen getrimmter Pornostar flüchtet – vor wem auch immer. Im tiefen Wald entdeckt sie ein Häuschen, tritt ein und schläft vor Erschöpfung ein. Als sie aufwacht, stehen die sieben Zwerge über ihr. Und zwar im Wortsinn. Den Rest kann man sich denken. Ich fand den Film eher komisch und hab herzhaft gelacht.
Dass es bei Gipsy Kill nicht um ein verhunztes Märchen ging, deutete der Filmtitel ja schon an. Kulisse war ein ver liesähnlicher Raum mit Geräten, die aus einem Foltermuseum stammen konnten. Männer mit Masken probierten diese Geräte an einer Frau aus und vergewaltigten sie. Schreie, Bitten, Betteln, Wimmern. Gelächter der Täter. Nahaufnahme des Gesichts der gequälten Frau. Entsetzte Augen.
»Das ist wirklich Zita«, sagte ich leise. »Und sie trägt das Goldkettchen, von dem Hohlkötter sprach. Kannst du den Ton leiser drehen?«
Die Kamera fuhr lüstern über den geschundenen Körper. Zitas Hände waren gefesselt und an den Metallösen einer Pritsche befestigt.
Kleist stoppte den Film, klickte ein paar Bilder zurück und startete in verlangsamter Geschwindigkeit.
»Achte mal auf die Arme und Hände«, bat er. »Da!« Wieder Stopp.
Jetzt sah ich es auch. Zita trug ein Armband. Ein Bettelarmband, das dem Ivanas sehr ähnlich war!
»Wir haben bei Zitas Leiche weder eine Goldkette noch ein solches Armband gefunden. Das wird Frau Rose erklären müssen.«
Er beschleunigte den Abspielmodus und hielt den Film erst kurz vor dem Ende wieder an.
Die Männer hatten ihr »Werk« fast vollendet. Das letzte Bild zeigte Zitas blut- und spermaverschmiertes Gesicht. Dann Dunkel.
»Das war’s«, meinte Kleist.
Eine Schrift erschien:
Wir danken den Schauspielern und dem Regisseur. Alle Szenen sind gestellt. Die Darsteller sind wohlauf.
»Wohlauf?« Ich lachte hysterisch. »Ja, besonders Zita. Was passiert jetzt?«
»Die Herstellung solcher Filme und ihr Besitz sind nicht verboten«, antwortete Kleist. »Wir leben in einem freien Land, in dem jeder Erwachsene die Filme sehen kann, die ihm gefallen.«
»Aber was sind das für Menschen, die so was gerne sehen?«
»Menschen wie wir«, behauptete er. »Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die ihre Kinder lieben und der Oma über die Straße helfen.«
»Ich will solche Filme nicht sehen«, widersprach ich.
»Ich hab ja auch übertrieben. Deine Zeitung bringt doch auch Fotos von schweren Unfällen, oder? Fängt es da nicht schon an mit dem Voyeurismus? Oder denk an die Gaffer bei Autobahnkarambolagen.«
»Vielleicht hast du recht«, räumte ich ein.
»Der Hardcoremarkt ist riesengroß und wird immer größer. Vor einigen Jahren kursierte mal ein Bild im Web, das japanische Geschäftsleute beim angeblichen Verspeisen eines Babys zeigte. Alle Welt fand das abstoßend und widerlich, aber Tatsache ist auch, dass die Seite damals die mit Abstand populärste im Web war. Die Bilder wurden von Büro zu Büro geschickt. Und im Mittelalter
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