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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Sello benutzt hat, ist eine klassische Militärwaffe. Zum Töten erfunden. Selbst bei der Polizei wird sie nur von Spezialeinheiten eingesetzt.«

    »Wie kam Sello bloß an dieses Mörderteil?«, grübelte ich. »Bei ebay wird er es kaum ersteigert haben. Mist, dass die Seriennummer fehlt.«

    »Belaste dein Köpfchen nicht mit Fragen, die wir als Schreiberlinge sowieso nicht lösen können«, riet mein Chef. »Dazu gibt es die Ballistikexperten im LKA. Wir haben vorhin übrigens vom Presseamt der Stadt das Programm für die Trauerfeier am Samstag bekommen. Vier Reden werden gehalten. Der Bundespräsident, zwei Bischöfe und eine Schülerin. Das Ganze findet statt in der Bürgerhalle des Rathauses. Große Sicherheitsmaßnahmen. Ich habe uns beide akkreditieren lassen.«

    »Wie heißt die Schülerin?«, fragte ich – mich an einen speziellen Namen erinnernd.

    »Die Schulsprecherin. Caroline von Fuchs.«

    »Das passt. Sie ging auch in die Klasse 11 – wieso ist sie nicht unter den Opfern?«

    »Wahrscheinlich hat sie blaugemacht – und richtig Glück gehabt«, stellte Jansen fest. »Die Reden bekommen wir übrigens schon morgen Abend.«

    »Ich würde gern ein paar Überstunden abfeiern, Chef. Geht das?«

    »Hast du etwa ein Privatleben?«, wollte er wissen.

    »Nein, wie kommst du darauf?«

     
    Ich musste das Thema Caroline jetzt doch angehen. Die Rede war ein guter Aufhänger.
    Bei der Schulsekretärin behauptete ich, ein paar Fragen zur Trauerfeier zu haben.
    »Könnte ich die Rede von Frau Fuchs vorab haben?«, bat ich honigsüß.
    »So viel ich weiß, gibt es die Manuskripte erst kurz vor der Trauerfeier«, antwortete die Sekretärin. »Und die Rede der Schulsprecherin liegt noch nicht vor.«
    »Schade! Ist es möglich, Frau von Fuchs zu sprechen?«
    »Es gibt Telefon auf den Schülerzimmern«, meinte sie zögerlich. »Ich kann es ja mal versuchen.«
    »Das wäre sehr nett.«
    »Moment!«
    Ich wartete. Nach einem heftigen Knacken in der Leitung hörte ich ein verschlafenes: »Ja?«
    »Hier Meier vom Lokalradio«, log ich. »Caroline von Fuchs?«
    »Wieso?« Jetzt war die Stimme hellwach und lauerte.
    »Sind Sie es, oder nicht?«
    »Was wollen Sie?«
    »Ich habe nur ein paar Fragen«, legte ich los. »Sie haben dem Kurs angehört, der getötet wurde. Warum waren Sie nicht dabei an dem Tag?«
    Ich hörte ein unwilliges Geräusch. »Sie fragen mich ernsthaft, warum ich nicht tot bin?«
    »So habe ich das nicht gemeint«, stammelte ich. »Sie hatten unwahrscheinliches Glück … denke ich.«
    »Ja, hatte ich. Und noch glücklicher wäre ich, wenn wir unser Gespräch jetzt beenden könnten. Guten Tag, Frau Meier.«
    Das war’s. Pöppelbaum kann seine Liste mit den Leuten, die mir nichts erzählt haben um eine Person erweitern, dachte ich. Diese kleine Zicke! Sie hatte mich – die nette Frau Meier vom Lokalradio - nach allen Regeln der Kunst abblitzen lassen.

     
    Mein Leben spielte sich zwischen Redaktion, Übernachtungsstelle Haus, Supermarkt und Bäckerei Schmitz ab. Schon lange war ich nicht im Konzert, Theater oder Kino gewesen. Schon ewig hatte ich keine Klamotten oder Schuhe gekauft. Von Urlaub in südlichen Gefilden ganz zu schweigen.

    Obwohl die Erwärmung der Erde die Sommer in Bierstadt immer angenehmer machte und ich meinen Garten in zweihundertfünfzig Jahren wohl ganzjährig würde nutzen können, spürte ich Sehnsucht nach weiter Landschaft, nach Garrigue, blauem Meer und irgendwelchen Bergen, die nicht aus Abraumschutt und gepresstem Kohlenstaub bestanden. Und gutem Essen, womöglich in einer mediterranen Altstadt oder direkt am Wasser. Vielleicht in Begleitung eines Herrn, der mich intelligent unterhielt und nächtens ein paar angenehme Dinge in petto hatte.

    Aber derzeit konnte ich schlecht meine Koffer packen. Um das Fernweh besser genießen zu können, hielt ich auf dem Weg nach Hause zuerst bei Anneliese Schmitz wegen der frisch gebackenen Mandelhörnchen, dann in einem Reisebüro. Dort ließ ich mir die einschlägigen Prospekte aushändigen. Zu meinem Glück befand sich ein italienischer Supermarkt am Rande der Strecke. Coppa, Oliven, Ciabatta, Schafskäse und Tiramisu. Wein hatte ich immer im Haus.

    Ich packte die gefüllte Plastiktüte und schleppte sie zum Auto. Ausgerechnet jetzt klingelte mein Handy. Es war Anton Brinkhoff. Er hatte eine Idee, von der er mir unbedingt berichten wollte.

    »Komm doch in einer halben Stunde zu mir«, schlug ich vor. »Ich bin grad auf dem Weg

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