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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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außergewöhnlicher Verhandlungskünstler. Von der Malve hat mir versprochen, seine Tochter zu überschreiben, sobald er dein Ishihara-Ergebnis gesehen hat. Und ich stehe zu meinem Wort. Die Hälfte des hübschen Sümmchens gehört dir.«
    »Was ist, wenn ich nicht wiederkomme aus Hoch-Safran?«
    »Wir werden es schon schaffen, dass du wohlbehalten zurückkommst«, sagte er mit leiser Stimme. »Wir wissen nur noch nicht genau, wie. Was willst du heute Abend machen? Das Verdi-Konzert hören?«
    »Wie wäre es mit Scrabble?«, schlug ich vor. Ich wollte zu Hause sein, falls Jane vorbeikam. Dad war einverstanden, obwohl er gar nicht gerne Scrabble spielte, und ging los, das Brett holen.
    An den restlichen Abend kann ich mich nur verschwommen erinnern. Ich weiß noch, dass die Präfekten nacheinander klingelten, mir alles Gute wünschten und Ratschläge gaben, auf die ich gut hätte verzichten können. Sogar Sally Schwefel gab sich die Ehre, der Form halber, es kamen ihr nur freundliche Worte über die Lippen, doch ihre Augen sprühten Gift. Der Apokryphe Mann nahm gnädigerweise den kleineren der beiden Teller, und gerade hatte ich für Azur den dreifachen Wortwert erzielt, da läutete die Alarmglocke zur Dämmerung
    »Eigentlich soll ich mich noch mit Violetta treffen«, murmelte ich. »Ich gehe dann mal los.«
    »Ich bin froh, dass du doch noch selbst auf die Idee gekommen bist«, sagte mein Vater. »Violetta ist nicht halb so schlimm, wie es dir vorkommt.«
    Statt jedoch wie angekündigt zu Violetta zu gehen, versteckte ich mich im Putzschrank, was von vornherein meine Absicht gewesen war.
    Dort hielt ich mich also auf, während Violetta im ganzen Dorf nach mir suchte. In der Kammer war es warm und gemütlich, und ganz gegen meine Absicht schlief ich ein und wachte zwei Stunden später von der Alarmglocke zur Nachtruhe wieder auf.
    Leise tapste ich nach oben ins Bett, und hatte mir gerade meinen Schlafanzug angezogen, da versank die Welt um mich herum wieder in Finsternis. Ich lag noch eine Zeitlang wach und lauschte den Morsezeichen vom Heizkörper. Wieder wurde über mich getratscht – ich sei entweder verrückt oder würde einfach nur einer tödlichen Selbstüberschätzung erliegen, die mich dazu gebracht hatte, mich freiwillig zu melden. Ich gab mich dem eine Weile hin, nahm die guten Wünsche der Gratulanten wahr, dann stellte ich meine Ohren auf die Fortsetzungsserie ein. Mrs Lapis-Lazuli hatte, wie versprochen, die Sendezeit ausgeweitet, um heute bis zum Schluss von Renfrew zu kommen.
    Ich hörte so lange zu, bis alle Radiatorgesänge verklungen waren. Es war jetzt stockfinster, und ich machte mich bereit zum Schlaf. Vorher jedoch kroch ich noch mal aus dem Bett, bewegte mich tastend durchs Zimmer und schob einen Stuhl unter den Türknauf. Im Dorf gab es welche, die nachts sehen konnten, und ich wollte nicht, dass sie in mein Zimmer kamen.
    Ich wusste nicht, wer sie waren, ja, ich wusste überhaupt vieles nicht. Doch das würde sich mit dem nächsten Tag alles ändern. Ich würde Aufklärung erlangen, und danach, zur Feier des Tages, würde Jane dabei zuschauen, wie ich von einem Yateveobaum gefressen würde. Aber es wäre nicht persönlich gemeint, sondern eine reine Vorsichtsmaßnahme.

Hochzeitspläne
    3.6.02.01.025: Ausschweifendes Verhalten unverheirateter Partner ist streng verboten. Strafmaß: 500 Meriten.
    Abrupt wachte ich auf, die Bettwäsche völlig zerwühlt. Ich hatte schlecht geschlafen, jedes noch so leise Geräusch war meinem benebelten Verstand bedrohlich erschienen und hatte mich aufschrecken lassen. Mit einem schimmernden Sonnenstrahl an der Wand gegenüber war gerade erst Lichtfülle ins Zimmer zurückgekehrt. Ich sah auf die Nachttischuhr, es war fünf. Ächzend wälzte ich mich aus dem Bett, schob vorsichtig den Stuhl unter dem Knauf zur Seite und öffnete behutsam die Tür. Auf Zehenspitzen schlich ich über den Flur zum Badezimmer, pinkelte und kehrte zurück ins Schlafzimmer – wo ich vor Schreck beinahe laut aufgeschrien hätte. Jemand starrte mich durchs Fenster an, Violetta von der Malve, ausgerechnet. Als sie sah, wie ich zusammenfuhr, legte sie den Zeigefinger auf die Lippen und machte mir Zeichen, ich solle das Fenster hochschieben. Ich tat es und erkannte im selben Moment, dass ich bei all meinen ausgeklügelten Vorsichtsmaßnahmen dummerweise übersehen hatte, dass mein Fenster über die hintere Veranda ohne weiteres zu erreichen war.
    »Was machst du denn hier?«, flüsterte

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