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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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ausgesucht?«
    »Es sind einige in der engeren Wahl, aber es ist noch nichts entschieden.«
    Constance’ Ansichten in dieser Frage waren bedauerlicherweise sehr konservativ. Meinen Vorschlag »Nasenbär« fand sie eine Idee zu gewagt, sie neigte eher zu dem herkömmlicheren »Liebling« oder »Schatz«, stimmte schließlich »Honigbär« als Kompromiss zu, aber nur versuchsweise und ausschließlich für den privaten Gebrauch.
    »Die Verbindung ist nicht eindeutig abgemacht«, gestand ich. »Zwischen mir und einer äußerst rosigen Zukunft steht ein grantiger Schnösel namens Roger Marone.«
    »Ein Marone?«, fragte Tommo. »Wenn ich du wäre, würde ich so schnell es geht das Weite suchen, solange deine Würde noch halbwegs intakt ist.«
    »Versteh mich nicht falsch«, entgegnete ich, »Constance ist nicht ohne Liebreiz, trotz ihres launigen, rotzentristischen Wankelmuts, und unsere Balz hatte durchaus schon ihre Momente. Sie hat mir immerhin mehrmals gestattet, sie zum Tanztee auszuführen.«
    »Skandalös, wie du vorpreschst! Habt ihr schon Tango getanzt?«
    »Noch nicht«, gestand ich, »aber wir sind bald so weit.«
    Tatsächlich hatte Constance es abgelehnt, Tango mit mir zu tanzen, mit der Begründung, es sei ein »Einstiegstanz« zu Verwegenerem, zum Beispiel Lambada. Hätten wir Tango getanzt, hätte der Alte Magenta darauf bestanden, dass wir auf der Stelle heiraten, um die öffentliche Ordnung nicht noch weiter zu stören.
    »Leider«, fuhr ich fort, »hat sie auch mit Roger getanzt.«
    »Die kluge Frau lässt anscheinend im Ballsaal wie im Bett nichts anbrennen.«
    »So sieht es wohl aus.«
    »Ist sowieso alles nur rein theoretisch«, lachte Tommo. »Wenn du erst mal das junge Gemüse in unserem Dorf kennengelernt hast, wird dir jede Lust, den Bindfadenbetrieb zu übernehmen, vergehen wie eine schlechte Laune.«
    »Tommo, ich bleibe nicht hier.«
    »Aber wir können doch einfach mal so tun, als würdest du dich entschließen, dich hier niederzulassen. Na komm, Eddie, lass es uns doch mal durchspielen.«
    »Meinetwegen«, seufzte ich. »Dann lass mal hören.«
    »Ausgezeichnet!«, rief er und klatschte in die Hände. »So sehe ich also deine Heiratsaussichten in diesem unserem glorreichen Rattennest: Da du mir ein kluges Kerlchen zu sein scheinst und deine Farbe mit nichts anderem vermischen willst als mit einer aus gutem Roten Hause, sind deine Wahlmöglichkeiten unter den Weibern in diesem Dorf, gelinde ausgedrückt, recht übersichtlich. Wenn man von den etwa dreitausend Menschen, die hier leben, alle Grauen, alle Männer und alle anderen Farbtöne abzieht, bleiben genau einhundertsiebenundzwanzig Rote Frauen übrig, die in Frage kämen. Jetzt kannst du dir ausrechnen: Von den einhundertsiebenundzwanzig Roten Frauen sind neununddreißig bereits verheiratet, vierzehn sind verwitwet, und neunzehn haben Partner, die gerade im Reboot sind. Siebzehn sind alte Jungfern über fünfzig, und achtundzwanzig sind unter sechzehn. Bleiben wie viele übrig?«
    »Neun.«
    »Genau. Weiter im Text. Ihren Ishihara legen dieses Jahr ab und sind damit ehefähig: meine Schwester Francesca, Daisy Karmesin, Lisa Scarlet und Lucy Ocker. Wenn die dir nicht zusagen, dann wären da noch Rose Krapp, Cassie Flamingo und Jennifer Koschenille, die nächstes Jahr ihren Ishihara machen. Und wenn dir danach ist, alte Jungfern aus ihrem Elend zu befreien: Tabitha Kastanie und Simone Russo.«
    »Hm«, sagte ich, halb im Scherz, »fallen dir keine Blauen ein, mit denen ich eine Purpur-Dynastie begründen könnte?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das würden von der Malve und der Rat niemals zulassen. Aber falls du daran denkst, deine Geburtsfarbe aufzugeben – Violetta von der Malve ist noch zu haben. Sie könnte ein bisschen roten Samen vertragen, um die von der Malves aus ihrem jetzigen Bläulichrot wieder auf das Niveau von Mittel-Purpur zurückzubringen. Aber dafür müsste man schon geradezu versessen auf gesellschaftlichen Aufstieg sein und somit bereit, die Tatsache zu ignorieren, dass Violetta die schlimmste Giftspritze des ganzen Dorfes ist.«
    »Hast du nicht gesagt, diese Auszeichnung gebührte Bunty McMostrich?«
    »Ich glaube, die wechseln sich ab, mal ist die eine, mal die andere dran. Jedenfalls habe ich entschieden, Violetta von der Malve zu deinem eigenen Besten in meiner Gleichung nicht zu berücksichtigen. Es sei denn, du willst für den Rest deines Lebens vorgeschrieben bekommen, was du zu tun hast und wann.«
    Ich

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