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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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Freitagabend rief mich Waltrud, meine Kollegin, an. Sie sagte, die Kriminalpolizei sei da gewesen und habe meine neue Adresse gewollt. Ich habe sie ihr dann gleich gegeben. Da wusste ich dann jedenfalls, dass Sie von der Polizei sind.“
    Sie schaute nun schweigend Schell an. Ihre Ausführung war anscheinend beendet. Schell klärte Strobe auf: „Frau Richter hat inzwischen zugegeben, dass die beiden vorhin flüchten wollten. Ihr Freund wollte das wohl so. Als wir geklingelt hatten, sei sie ans Fenster gegangen und habe uns wiedererkannt. Sie hatte uns schon am Freitag vor Hansens Praxis aus ihrem Auto heraus gesehen, als sie heimfuhr. Wir hatten sie knapp verpasst.
    Am selben Tag habe sie ihrem Freund erzählt, dass die Polizei in der Praxis gewesen war. Als sie ihn vorhin in ihrer Wohnung informierte, dass die Polizei vor der Tür stehe, antwortete er, er hätte gerade keine Lust, mit uns zu reden und sich den Sonntag versauen zu lassen. Er habe Frau Richter aufgefordert, mit ihr durch den Hinterausgang abzuhauen.“
    Bettina Richter nickte.
    „Warum haben Sie sich nicht bei uns gemeldet?“, fragte Strobe.
    Wieder zögerte sie kurz, dann erklärte sie: „Andrej hat das nicht gewollt. Das hat Zeit bis Montag, hat er gesagt.“
    „Und was ist mit dem anonymen Anruf bei der Polizei?“, fragte Strobe sie.
    Sie blickte ihn fragend an, zuckte mit den Schultern und senkte dann den Kopf. Da wusste der Hauptkommissar: Sie war es! Auch Schell hatte es geschnallt, er fragte gleich: „Warum haben Sie bei der Polizei angerufen, Frau Richter?“
    Sie saß nur mit gesenktem Kopf da.
    „Reden Sie, Frau Richter! Sagen Sie uns, was Sie wissen. Es geht um mindestens einen Mord. Wenn sie uns etwas vorenthalten, decken Sie einen Mörder!“
    „Warum geben Sie Herrn Kovalev für Sonntagabend ein Alibi? Er wurde zu der Zeit von mehreren Personen im Sonnenweiß-Stift gesehen!“, drängte Strobe.
    Diese Frage schien sie zu überraschen oder zu verwirren. Sie reagierte ähnlich wie vorhin ihr Freund auf die Frage, was er in dem Heim gemacht habe. Sie schaute kurz mit fragendem Blick zu Strobe, schien eine Eingebung zu haben, und sagte: „Er war am Sonntag mit mir zusammen!“
    Plötzlich liefen ihr wieder Tränen übers Gesicht. Strobe hatte nicht vor, zu warten, bis sie erneut zu schluchzen anfing. Er deutete Schell an, dass er wieder ins Nebenzimmer gehe. Der gab Strobe seinerseits ein Zeichen, ihm etwas mitteilen zu wollen, und folgte ihm auf den Flur der Polizeiwache.
    „Was ist? Verhör sie weiter. Sie weiß etwas!“, fuhr ihn Strobe draußen an.
    „Ich auch.“
    Strobe schaute verdutzt.
    „Ich weiß auch etwas“, fuhr Schell fort. „Über den Ukrainer. Ich bin mir sicher, wir kennen den Mann. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, woher. Lass mich fünf Minuten am PC recherchieren und ich sag's dir!“
    „Meinst du, er ist im Register?“, fragte Strobe, der keinen Schimmer hatte, woher der Bub Kovalev kannte.
    „Da drin steht ein PC.“ Schell zeigte nur auf das Zimmer, in dem Bettina Richter momentan alleine saß. „Fünf Minuten ins Internet und wir ersparen uns vielleicht ein stundenlanges Verhör!“
    Schell sah ihn an wie vor zwanzig Jahren sein Sohn, wenn der ihn um etwas ganz ganz Wichtiges gebeten hatte. Da konnte der Hauptkommissar nicht Nein sagen. Sie gingen wieder hinein. Der PC stand an dem zweiten Schreibtisch. Strobe sah nun, dass er bereits hochgefahren war. Er setzte sich zu Bettina, die ihre Tränen trocknete, an den Tisch. Hübsches Mädel, stellte er im Stillen fest. Wäre schade, wenn sie wegen Beihilfe zum Mord im Knast versteckt werden würde. Während am Schreibtisch hinter ihm die Computertastatur klapperte, fragte er sich, warum sie die Polizei auf die Todesfälle im Sonnenweiß-Stift aufmerksam gemacht hatte, wenn sie gewusst hatte, dass ihr neuer Freund etwas damit zu tun hat.
    „Hat Kevin Linde Sie belästigt, nachdem Sie mit ihm Schluss gemacht hatten?“ fragte er sie.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Wollte er Sie festhalten oder wollte er, dass Sie zu ihm zurückkommen?“
    „Nein.“ Das klang ein bisschen, als ob sie über die Frage verwundert wäre, und deshalb umso ehrlicher.
    „Wen haben Sie gemeint, als Sie bei der Polizei anriefen und jemand verdächtigten? Durch wen sollten die Patienten in Gefahr sein?“
    „Ich ...“ Mehr kriegte sie nicht raus. Sie schüttelte den Kopf und Tränen kullerten schon wieder über ihre Wangen.
    „Bingo!“, ertönte es plötzlich gedämpft,

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