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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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dazwischen.
    „Gerne.“ Kevin grinste Anna an.
    „Blödmann“, murmelte sie, verdrehte die Augen und tippte mit dem Finger auf ihre Kevin zugewandte Wange.
    Süß, dachte der Krankenpfleger.
    Tom verabschiedete sich nach kurzem Smalltalk mit den Worten: „Alla, ich pack's! Wünsch euch was.“ Die eigentliche Übergabe war beendet, aber es waren noch ein paar Minuten Zeit. Renate wandte sich wieder Kevin zu: „Brauchst du vielleicht eine Aspirin? Du siehst wirklich nicht gut aus.“
    „Danke, im Moment noch nicht. Ich nehme mir später eine, falls mein Akku schlappmachen sollte.“
    „Und was ist mit deiner Freundin? Ist da wieder alles in Ordnung?“, fragte die Chefin nun. Heuchlerisch, wie Kevin fand, denn sicher wusste sie schon lange von Larissa, dass es endgültig aus war.
    „Alles in Ordnung. Die Partnerschaft ist beerdigt und die Trauerphase beendet“, antwortete er lakonisch.
    Larissa runzelte die Stirn.
    „Lassen wir das Thema lieber“, fügte Kevin deshalb noch hinzu.
    Renate schien nicht unfroh über seinen Wunsch zu sein.
    „Wirst du das schaffen mit Frau Müller?“, schwenkte sie um. „Wenn nicht, rufst du Larissa.“
    „Frau Müller ...“, wiederholte er und nickte, obwohl er nicht wusste, um wen es ging. Er schaute auf die Pflegetafel an der Wand. In der Zeile, die seinem Namen zugeordnet war, steckte ein Schildchen – mit der Aufschrift Müller.
    „Ich bin ja nebenan, bei Frau Scheuerle. Du gehst doch gleich zuerst zu Frau Müller rein, oder?“ sagte Larissa zu ihm.
    Kevin murmelte so etwas wie „ja“, und schaute sich die Tafel mit den Kärtchen genauer an.
    „Es könnte ja sein, dass eine Frau doch besser klarkommt mit ihr“, fügte Renate noch hinzu.
    „Kevin wird das schon machen, der ist schon mit anderen Problemkindern fertiggeworden, oder?“
    Larissa wollte ihm Mut machen, so schien es Kevin. Sie war neben Renate eine der wenigen, die seine – notwendigerweise solide – Fassade durchschauten. Bei Larissa störte ihn das nicht, während es ihn bei der Chefin etwas beunruhigte. Warum, wusste er momentan selber nicht.
    „Wir werden das Problemkind schon schaukeln“, verkündete er souverän, spürte aber gleichzeitig Unbehagen aufsteigen und sich in der Magengegend ausbreiten. Was haben die mir da wieder aufgehalst? Problemkind, das hörte sich nach einer Neuauflage der Sausele an. War er jetzt der Fußabtreter vom Dienst?
    „Reichst du mir bitte mal das Kardex rüber?“, bat er Renate. Er wollte sich schnell noch durchlesen, was Tom vorher, als er selbst in Gedanken gewesen war, vermutlich weit ausführlicher erörtert hatte.
    Er schlug den Ordner auf und überflog das erste Blatt, mit den allgemeinen Daten der neuen Heimbewohnerin, während sich die drei Frauen weiter unterhielten.
    Zimmer Nummer 204 ... Frieda Müller ... geboren: 1923 ... Mosbach ...
    Er las, dass Frieda Müller vorher in einer gerontopsychiatrischen Einrichtung gelebt hatte. Ihre Tochter, die hierher gezogen war, hatte sie mitgebracht, um sie regelmäßig besuchen zu können.
    Kevin blätterte weiter. Auf dem nächsten Blatt standen medizinische Daten und Informationen zu Person und Krankheit. Kevin überflog auch die und erfuhr, dass die Frau an einer senilen Demenz litt, keine körperlichen Beeinträchtigungen aufwies, keine Behandlungspflege brauchte, nach anfänglichen Unruhezuständen in der Einrichtung in Hessen sehr antriebsarm, teilnahmslos und verschlossen war und dass ihre Vitalwerte normal waren.
    Auf das Blatt mit der Pflegeplanung warf er nur einen flüchtigen Blick, las dann aber die Informationssammlung genauer durch. Dort wurden in linierte A4 Blätter besondere Vorkommnisse eingetragen, beziehungsweise alles, was die Pflegekräfte, die mit der Bewohnerin zu tun gehabt hatten, beobachtet hatten und anderen mitteilen wollten.
    Die Infosammlung begann am Dienstag. An diesem Tag war die Frau eingezogen. Die erste Eintragung hatte Renate gemacht: BW ist 10.30 Uhr in Begleitung ihrer Tochter eingetroffen. BW redet kaum, wirkt apathisch, läuft sehr langsam mit kleinen Schritten, ist zeitlich, örtlich und situativ desorientiert, bleibt aber ganz ruhig, wirkt eher unbeteiligt, als ihre Tochter sich verabschiedet.
    19.30 Uhr: BW hat abends gut gegessen, zum Trinken muss man sie auffordern! Haut ist sehr trocken, BW lässt sich problemlos ausziehen und ins Bett bringen, macht aber selber nichts, ... braucht laut Tochter sehr viel Geduld, zeitweise Harninkontinenz nachts.
    Die dritte

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