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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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zwei Tage. Murphys Gedanken und Gefühle, die er mit seiner alternden Betsy verband, reichten über etliche Jahre in eine Vergangenheit hinein, in der Murphy jünger und mit seiner geliebten Audrey in dem Wagen gefahren war. Für ihn haftete den Erinnerungen der Duft einer Zeit an, die für immer verloren war, die er jedoch stets in seinem Herzen tragen würde.
Die beiden Autos waren leer geräumt. Wulf zog instinktiv den Schlüssel der alten Betsy ab und ließ ihn in der Tasche seiner Jacke verschwinden. Als er die Tür schloss, hatte das hohle Geräusch etwas Endgültiges an sich. Vielleicht würde nie wieder jemand die verbeulte Tür öffnen.
Als er neben dem Wagen stand und seinen Blick noch einmal über das verwaiste Gelände schweifen ließ, fiel ihm ein kleiner Bau auf, der etwas weiter von den übrigen Gebäuden an den Betonwänden der Umzäunung errichtet worden war. Wulf wusste, dass es innerhalb einer Basis an verschiedenen Orten abschließbare und bewachte Schränke gab, in denen Waffen und Munition gelagert wurden. Der Großteil des Arsenals wurde aus Gründen der Sicherheit allerdings stets in Bauten abseits größerer Menschenmengen verstaut.
Wulf ging zum Bus und deutete auf das niedrige Gebäude. Ein Schild hing über dem Eingang, doch er konnte es auf die Entfernung hin nicht lesen.
»Ich werde kurz den Schuppen untersuchen«, sagte er und griff nach seiner Pumpgun. »Behaltet die Umgebung im Auge. Wenn euch etwas verdächtig erscheint, drückt auf die Hupe.«
Er zeigte Murphy den Knopf für das Signal am Lenkrad. Dann sprang er in den Pick-up und fuhr in Richtung des kleinen Gebäudes davon.
Murphy blickte ihm nach, sein Gewehr auf den Knien ruhend, und fühlte sich plötzlich überaus nervös. Bisher war Wulf immer in ihrer Nähe gewesen. Murphy musste sich eingestehen, dass er sich in der Gegenwart des hünenhaften Mannes sicherer fühlte. Jetzt, da er mit den beiden Kindern alleine im Bus saß, konnte er eine aufsteigende Panik nur schwer unterdrücken. Er blickte zu seiner Betsy und versuchte alte Erinnerungen heraufzubeschwören, jedoch war die Furcht in ihm so groß, dass selbst die Bilder aus alten Zeiten kaum greifbar waren. Mit bangen Blicken beobachtete er die schweigenden Gebäude der Militärbasis.
XIII
Wulf parkte den Pick-up direkt vor der Stahltür des niedrigen Backsteingebäudes. Als er das Schild über dem Eingang las, huschte ein knappes Lächeln über sein Gesicht. ›M-Lager 3‹ stand dort in schwarzen, aufgeklebten Buchstaben auf einem Schild. Wulf wusste aus Unterhaltungen mit seinem Kumpel, der ihn erst darauf gebracht hatte, dass es in Stonington eine Militärbasis gab, dass das ›M‹ für Munition stand. Doch im nächsten Augenblick gefror sein Lächeln. Die Tür des Lagerhauses war nur angelehnt.
Ein flüchtiger Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Soldaten, die sich in Panik mit Waffen und Munition ausrüsteten und dabei die Vorschriften der inneren Sicherheit missachteten. Doch so schnell das Bild in seinem Kopf aufgetaucht war, so schnell verschwand es wieder und ließ ein anderes, sehr viel realeres und entsetzlicheres Szenario zurück.
Während Wulf seine Waffe anlegte und sich mit langsamen Schritten der Tür näherte, glaubte er selbst durch den soliden Stein der Baracke Schatten zu erkennen, die im Dunkel des Lagers lauerten. Sein Blick war auf den schmalen Spalt der Stahltür gerichtet, während die Welt um ihn herum in eisiger Stille zu verharren schien. Er spürte ein ungeduldiges Kribbeln in seinen Händen, seine Beine fühlten sich an, als würden sie von unsichtbaren Fäden geführt. ›Scheiß auf die Munition‹, flackerten grelle Buchstaben in seinem Verstand auf, als wäre eine Neonreklame eingeschaltet worden, jedoch verlor sich der Gedanke ebenso schnell wie jener der panischen Soldaten.
Als er die Tür erreichte, hielt er den Atem an und lauschte. Er rechnete jeden Augenblick damit, dass die Tür mit einem infernalischen Schlag nach außen geschleudert wurde und sich ein monströser Schatten auf ihn stürzte. Für einige Sekunden war sich Wulf sicher, den Gestank von Tieren riechen zu können. Die Vorstellung von gewaltigen Schatten, die nur darauf lauerten, dass ein unbedarftes Opfer ihr Nest betrat, erschien Wulf plötzlich so real, dass er sie mit Händen hätte greifen können.
Doch im Innern des Lagers rührte sich nichts. Seine Hand zitterte, als er sie nach dem Türgriff ausstreckte. Wieder tauchte der verlockende Gedanke in ihm auf, einfach

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