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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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Militärbus fiel, der neben der Halle abgestellt war. Trotz des Gefühls, den Boden unter den Füßen zu verlieren, formte sich in ihm ein Gedanke, der ihn von der Enttäuschung und der Trauer losriss, die ›Boscom Field‹ in ihm ausgelöst hatte.
Er fuhr noch eine Runde um Turm und Hangar und hielt, nachdem er keine Bewegung bemerkt hatte, neben dem Bus an. Murphy tat es ihm gleich, doch er blieb mit fragendem Blick im Wagen sitzen, während Wulf zum Bus rannte, die Türen öffnete und sich hinter das Lenkrad setzte. Murphy sah, dass Wulf nach etwas zu suchen schien. Im nächsten Moment erwachte der Motor des Busses knatternd zum Leben. Eine schwarze Rußwolke stieg in den Himmel auf und verlor sich dort. Dann lief der Motor gleichmäßig, wenn auch laut.
Wulf sprang aus dem Bus und rannte zu Murphys Ford.
»Hör zu«, begann er und wirkte dabei so verlegen wie ein kleiner Junge, der seine Freude nur schwer verbergen konnte. »Ich weiß, wie sehr du an deiner Betsy hängst …« Um seine Worte zu unterstreichen ließ er seinen Blick anerkennend über den Wagen gleiten. »Aber ich glaube, es wäre sicherer, wenn wir unsere Reise zusammen in einem Fahrzeug fortsetzen würden. Und der Bus wäre ideal dafür.«
Murphy spürte, noch während Wulf sprach, einen tiefen Zorn in sich aufsteigen, dem er in einer anderen Welt normalerweise ungehindert seinen Lauf gelassen hätte. Unzählige Erwiderungen kamen ihm in den Sinn, angefangen von wüsten Beschimpfungen bis hin zu uralten Erinnerungen, die seinen Wagen betrafen. Doch ein anderer Teil in ihm, der Rationalität mit seinen Gedanken paarte, wusste nur zu gut, dass Wulf Recht hatte. Die beiden Autos – sowohl seine gute Betsy als auch Harveys klappriger Pick-up – waren alt und boten nicht mehr die Zuverlässigkeit, die man in dieser neuen Zeit und an diesem Ort benötigte. Außerdem klang der Gedanke, dass sie in einem einzigen Fahrzeug reisen sollten, vernünftig und beinhaltete die Sicherheit, die vor allem die beiden Kinder benötigten.
Ohne all die Verwünschungen zu äußern, die sich Wulf noch vor zwei Wochen, als die Welt eine andere war, eingefangen hätte, nickte Murphy und strich dabei unbewusst über das glatt geriebene Lenkrad. Wulf lächelte erleichtert. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, rannte er zum Bus zurück und setzte sich wieder ans Steuer. Einige Sekunden später setzte sich das Fahrzeug schwankend in Bewegung und hielt mit der hinteren Tür genau neben der Ladefläche des Pick-ups.
»Wir sollten uns beeilen«, rief er Murphy zu und begann zusammen mit Daryll die Kisten und Säcke im hinteren Bereich des Busses zu verstauen. Er wusste, dass er dem alten Mann viel zumutete. Doch er war sich ebenso sicher, dass Murphy sein Vorgehen verstehen würde. Er musste ihm im Moment nur seine Ruhe lassen, damit er sich in Würde von seiner Betsy verabschieden konnte.
Demi gesellte sich nach wenigen Minuten zu ihnen und half, kleinere Kisten in den Bus zu schleppen. Wulf strich ihr lächelnd durchs Haar und spürte wie sein Herz einen Hüpfer machte, als das Mädchen sein Lächeln erwiderte. Während sie die Ladeflächen der beiden Autos entleerten, dachte Wulf darüber nach, dass vielleicht doch nicht alles zu Ende sein würde, so wie er beim Anblick der verlassenen Basis gedacht hatte. Das sogenannte Licht am Ende des Tunnels, das sein Vater früher so oft zitiert hatte. Vielleicht war doch etwas an den Worten seines alten Herrn dran.
XII
Als sie alle Kisten, Taschen und Rucksäcke im Bus verstaut hatten, wies Wulf den Kindern zwei Sitze hinter dem Fahrersitz zu. Murphy sollte sich ihnen gegenübersetzen, so dass die Kinder während der Fahrt die Umgebung links des Fahrzeuges und er rechts davon im Auge behalten konnten. Für Demi wurden zusätzlich die Sitze in der zweiten Reihe mittels Wolldecken in ein kurzes, jedoch gemütliches Bett umgewandelt, damit sie sich jederzeit zum Schlafen niederlegen konnte, wenn ihre Kräfte nachließen.
Wulf durchsuchte noch einmal die beiden Autos und spürte ein klein wenig Trauer. Der Pick-up von Murphys Kumpel hatte sie eine gute Strecke bis nach Stonington gebracht. Es erschien Wulf unangebracht, den Wagen mitten auf einer leeren Militärbasis einfach Rost und Wetter zu überlassen. Er konnte die Gefühle des alten Murphy plötzlich besser verstehen. Wulfs Erinnerungen an den klapprigen Wagen, sofern man in solch einer kurzen Zeit überhaupt schon von Erinnerungen sprechen konnte, bezogen sich auf die vergangenen

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