Graues Land (German Edition)
Weg zwischen den beiden morschen Holzpfosten entlangzugehen, die Luft einzuatmen, die mir fremd und schlecht erscheint, und mich von der Sicherheit meines alten Wagens zu entfernen, gefällt mir gar nicht. Der hellblaue Buick von Danny parkt vor dem Haus, dennoch scheint mir die Hütte verlassen zu sein. Vielleicht sind beide zu Fuß in die Stadt unterwegs oder sie sind schnell zu Murphy gegangen, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Oder sie liegen tot in ihrer Wohnung, seit Tagen, und ihre bleichen Körper beginnen bereits zu verwesen ...
Ich schließe die Augen und schüttele den Kopf. Es fällt mir nicht schwer, mich an die veränderten Verhältnisse in der Sicherheit meines eigenen Hauses, in Sarahs Nähe, zu gewöhnen, so grotesk sich das auch anhören mag. Jedoch mitten auf der Straße, inmitten einer Welt, über die irgendetwas gekommen war, das sich der menschliche Verstand nicht erklären kann, schnüren mir derartige Gedanken die Kehle zu. Bin ich wirklich auf dem besten Wege, den Verstand zu verlieren?
Cindy und Danny würde ich mit Sicherheit in Murphys kleinem, altbackenem Laden finden. Bei einer guten Tasse Kaffee würden wir vielleicht sogar die alte Ordnung der Dinge wiederherstellen können.
Warum steht Dannys Wagen vor dem Haus ...?
Ich kurbele das Fenster hoch und bin froh, als das metallische Klappern des Motors nur noch als leises Brummen zu hören ist. Warum ist Danny nicht mit dem Buick zu Murphy gefahren ...?
Sollte ich die beiden wider Erwarten nicht in dem kleinen Laden antreffen, würde ich auf der Rückfahrt wieder hier anhalten und nach dem Rechten sehen. Der Gedanke beruhigt mich nicht in dem Maße, wie ich erhofft habe.
Das Haus wirkt fremd und weit entfernt. Als wäre es schon lange unbewohnt und als hätten nie Freunde darin gelebt. Doch ich schaffe es einfach nicht auszusteigen und den Weg hinaufzulaufen. Selbst bei dem Gedanken daran, beginnen meine Beine zu zittern.
Mit einem Gefühl im Magen, für das ich mich schäme und das mir den Tag noch ein klein wenig düsterer erscheinen lässt, lege ich knirschend den Gang ein und fahre weiter die Straße entlang, hinunter nach Devon. Nur noch etwa zwei Meilen und ich würde bei Murphy vorbeikommen. Und dann würde hoffentlich alles gut werden.
Niemand läuft zwei Meilen, wenn er einen Wagen vor der Tür stehen hat ...
Doch mit der Scham kommt die Gewissheit, dass überhaupt nichts gut werden würde ...
»Halte hier bitte an, Harv.«
Sarah legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel und massierte ihn leicht. Eine Berührung, die mich selbst nach fünf Jahren immer noch um den Verstand bringen konnte.
Ich ließ den Impala langsam am Straßenrand ausrollen und schaltete den Motor ab. Augenblicklich umhüllte uns die Stille der Berge, wie man sie wohl nirgendwo sonst auf der Welt finden konnte. Lediglich die leise Stimme der wunderbaren Karen Carpender im Radio leistete uns Gesellschaft. Ich lehnte mich zu Sarah und nahm ihre Hand in meine.
»Ist das nicht wundervoll«, flüsterte sie und blickte mit glänzenden Augen durch die Windschutzscheibe.
Wir hatten uns beide etwas in unseren Sitzen nach vorn gebeugt, um das unvergleichliche Schauspiel eines Sonnenunterganges in den Bergen zu bewundern. Die Welt vor meinem alten Chevy wurde in einen goldenen Schimmer getaucht, der die Luft mit zartem Dunst überzog. Über die Wipfel eines nahen Tannenhains hatte sich ein schwaches Glühen gelegt, das sich bis ins Tal nach Devon hinunterzog, als würde Honig den Hang hinabfließen. Ich betrachtete Sarah von der Seite, wie sie dasaß, meine Hand fest in ihrer hielt und mit offenem Mund in den Sonnenuntergang blickte.
Seit vier Jahren lebten wir nun schon hier in den Hügeln oberhalb von Devon. Es war unser erstes gemeinsames Haus, das ich nach unseren Wünschen abseits der Straße errichtet hatte. Für uns beide war nie etwas anderes in Frage gekommen. Mit dem Trubel der Städte konnten wir nichts anfangen, da wir beide unsere Kindheit in ländlichen Gegenden verbracht hatten und sehr genau wussten, wie es roch und sich anhörte, wenn eine Kuhherde in den frühen Morgenstunden über die Dorfstraße zu den Weiden geführt wurde.
Devon war unsere erste Wahl gewesen, als wir uns vor fast vier Jahren nach etwas umschauten, das wir unser Eigen nennen konnten. Die Preise waren billig, die Lage geradezu perfekt.
Ich hatte mich mit der Zeit an die unbeschreiblichen Entfaltungen der Natur hier oben gewöhnt. Doch für Sarah schien jeder Tag
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