Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
oder vier Minuten vergangen. Gefühlt
waren es zwei Stunden.
Bis eine Streife kam, lagen sie vermutlich längst in
ihrem Blut.
Jetzt
würde es gleich geschehen. Jetzt. Die Person war eindeutig direkt neben ihm.
Wenn sie noch einen Schritt machte, nur einen einzigen, stieß sie gegen sein
Knie oder gegen einen Fuß. Dann war alles vorbei. Für immer und ewig.
106
Häberle, Linkohr und Nena
hatten sich von den Ravensburger Kriminalisten verabschiedet, um noch in der
Nacht nach Geislingen zurückzufahren.
»Dein
Job ist ja richtig spannend«, meinte Nena und legte wieder ihre linke Hand auf
Linkohrs rechtes Knie, während sie auf die Schnellstraße Richtung Ulm einbogen
und Häberles Wohnmobil folgten.
»Spannend
wär gut, wenn’s nicht so echt wär«, meinte Linkohr. »Im Krimi sind die Leichen
immer nur fiktiv, aber unsere haben ihr Leben wirklich beendet. Das ist der
Unterschied zu Büchern und Filmen.«
»Naja,
deshalb kann man ja beim Schmökern eines Kriminalromans auch so herrlich
mitgruseln, wenn man weiß, es ist ja nicht wirklich jemand umgekommen.«
»Es sei
denn, die Geschichten orientieren sich an der Realität«, meinte Linkohr. »Es
soll Kriminalromanschreiber geben, die in ihre Geschichten vieles von dem, was
irgendwann mal in einem anderen Zusammenhang passiert ist, einfließen lassen.«
»Kommst
du denn auch schon in einer vor?«, fragte Nena keck.
Er zog
es vor, nichts dazu zu sagen, sondern sich gedanklich mit den Ereignissen der
vergangenen Tage auseinanderzusetzen. »Wie denkst du eigentlich über den
Siegler? Meinst du, dass der wirklich nur eine Randfigur ist?«
»Och,
Mike«, entgegnete sie, »willst du jetzt eine ganz große Kriminalgeschichte
draus konstruieren? Der Siegler ist ein grundehrlicher Mensch – jedenfalls schätz ich ihn so ein. Und diese Professorin hat ihn doch nur deswegen
in die Sache einweihen wollen, weil sie einen seriösen Zeugen gebraucht hätte.«
»Aber
immerhin«, gab Linkohr zu bedenken, »war von allen bisher Beteiligten keiner so
dicht an dem Mord von Frau Platterstein dran wie er heute Abend. Und
eigentlich – wenn man’s genau nimmt – hatte
er in Bad Waldsee nicht wirklich etwas zu suchen.«
»Und
was ist mit euren anderen Verdächtigen, von denen du mir erzählt hast? Könnte
es nicht sein, dass diese Larissa mal schnell nach Bad Waldsee gefahren ist?
Oder dieser Finanzjongleur, von dem du mir erzählt hast?«
»Dirk
Jensen«, nannte ihn Linkohr beim Namen. »Denkbar wäre alles. Wobei ich aber von
Häberle nicht genau erfahren hab, wann er den zuletzt im Tannheimer Tal gesehen
hat. Außerdem muss ja nicht jeder, der mit Finanzgeschäften zu tun hat,
automatisch gleich ein Krimineller sein.«
Nena
grinste, was er jedoch in der Dunkelheit nicht sehen konnte.
»Diese
Hüttenbesitzerin, die das wohl alles arrangiert, dort oben in den Bergen – die
ist tatsächlich absolut clean?«
»Ich
denke schon. Wenn nicht, hätte dies Häberle nicht außer Acht gelassen.« Linkohr
staunte, wie Nena alles gespeichert hatte, was er ihr in den vergangenen Tagen
erzählt hatte. Ihn überkamen plötzlich Zweifel, ob er nicht allzu redefreudig
gewesen war.
»Und
wenn es stimmt, dass man Autos fernsteuern kann, dann stellt sich sogleich die
Frage, was dieses Apotheker-Ehepaar Fischer gewusst hat«, fuhr sie fort.
Linkohrs innere Stimme mahnte
zwar zur Zurückhaltung, aber jetzt konnte er das Gespräch zu diesem Thema nicht
einfach abbrechen. »Die Frage stellt sich in der Tat, Nena. Wahrscheinlich
hatten die beiden ein sehr enges Verhältnis zu Karin Waghäusl und waren über
manches informiert. Genauso wie die anderen, die auf der A7 in den vergangenen
Jahren gestorben sind.«
»Er
hätte aber am ehesten das Medikament besorgen können, mit der Frau Waghäusl
totgestochen wurde.«
»Das ist genau der Punkt«, meinte Linkohr, während die
Abzweigung nach Biberach und zum Jordanbad viel zu schnell vorbeiflitzte und er
trotzdem Mühe hatte, dem Wohnmobil Häberles zu folgen. »Aber mein Chef ist
davon überzeugt, dass es ein misslungener oder ziemlich plumper Versuch war,
dem Fischer mit der Spritze unterm Wohnwagen eine Tatbeteiligung
unterzujubeln.« Linkohr überlegte. »Nein, nein, Nena, so einfach ist das nicht.
Hinter allem steckt jemand, der massives Interesse daran haben muss, dass all
das, was Karin Waghäusl und ihre Schwägerin herausgefunden haben, nicht an die
Öffentlichkeit gelangt.«
»Und
jemand, der über alles genau Bescheid wusste«,
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