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Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Titel: Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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zugerufen, aber die Frau hab’ ich nur ganz schwach g’seh’n, sozusagen
schemenhaft. Die Scheibe der Gondel hat gespiegelt.«
    »Wie?«
Der Chefinspektor war nahe dran, seine Ungeduld hinauszuschreien. »Der Mann hat
Sie auf etwas aufmerksam gemacht, das Sie nicht gesehen haben und das Sie auch
nicht sonderlich interessiert hat?«
    »Ich
hab das nur so zur Kenntnis genommen. Es hat nicht bedrohlich geklungen – und
dass es mal jemandem in der Seilbahn schlecht wird, mein Gott, das kann
passier’n. Nicht jeder verträgt so was.«
    Grantner
stieß einen Seufzer aus. »Und wie der Mann ausg’seh’n hat, wissen S’ natürlich
auch net.«
    »Wandermäßig
hat er ausg’schaut. Ich glaub, er hat ’nen Hut auf.« Er dachte nach. »Oder auch
nicht. Aber einen Rucksack hatte er, grün oder blau. Vielleicht auch noch was unterm
Arm. Und eventuell eine Sonnenbrille und Bart. Vielleicht ist er aber auch gar
nicht aus der Gondel gestiegen, sondern von irgendwo herg’lauf’n.«
    Grantner
überlegte für einen Moment, ob Motatsch sie veräppeln wollte. »Und vielleicht
könnte es auch eine Frau gewesen sein«, ahmte er den Zeugen nach.
    Motatsch
zögerte. »Um ehrlich zu sein: Ob da noch eine Frau dabei war, könnte ich nicht
beschwören.«
    »Aber
wenigstens kein G’spenst«, frotzelte Grantner verärgert und wandte sich mit
einem Kopfschütteln ab.

25
     
    Die beiden Ehepaare kannten
sich seit Langem. Robert und Renate Fischer, bis vor drei Jahren noch Inhaber
einer gut gehenden Apotheke in Aalen gewesen, jetzt aber in Neresheim wohnhaft,
hatten ihren Wohnwagen bereits während ihres aktiven Berufslebens nach Grän
gestellt. Etwa zur selben Zeit waren auch Christoph und Annemarie Falkenstein
Dauercamper geworden. Er hatte damals gerade aus Altersgründen seine Laufbahn
als evangelischer Pfarrer in Stuttgart beendet.
    Auf
diesem Campingplatz im Tannheimer Tal waren sie sich schnell näher gekommen,
sodass sich bald eine Freundschaft entwickelte. Oft saßen sie nächtelang in
ihren Vorzelten zusammen, um bei einem guten Tropfen italienischen Weins im
wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt zu diskutieren. Zwar war jeder
von ihnen durch seinen jeweiligen Beruf geprägt, doch verband sie ihre
christliche Weltanschauung.
    Als Apotheker hatte sich Fischer mehr den ganzheitlichen
Behandlungsmethoden verpflichtet gefühlt als der Schulmedizin. Allein schon die
Homöopathie, die mit ihren winzigsten Potenzen, also praktisch dem Nichts, das
außerdem noch in Wasser aufgelöst wurde, dem Körper genügend Stoffe zuführte,
um entsprechende Linderung zu verschaffen, ließ vermuten, dass Organe und Seele
eine Einheit bildeten. Vielleicht war’s auch nur der Glaube an diese
Substanzen, der die Heilungserfolge erbrachte. Aber wen interessierte es schon,
was die Genesung herbeigeführt hatte, wenn die Krankheit überwunden war?
    Christoph Falkenstein, dessen kahlen Kopf nur noch ein schmaler
Haarkranz zierte, hatte sich in seiner Gemeinde großer Beliebtheit erfreut. Er
war stets bemüht gewesen, die christliche Botschaft ins Alltagsleben zu
übertragen, sie anhand praktischer Beispiele und den tagesaktuellen
Geschehnissen den Menschen nahezubringen und ihnen Trost und Zuversicht zu
spenden. Von theologischen Klimmzügen und Verrenkungen hielt er nichts. Ja, er
hasste es sogar, krampfhaft unverständliche Schlüsse aus Bibelzitaten zu
ziehen, die ohnehin für Laien so schwer verdaulich waren, dass sie keinen
praktischen Nutzen für ihr Alltagsleben daraus ziehen konnten. Falkenstein war
mehrfach für seine zwei- oder dreiminütigen ›Abendgedanken‹ gelobt worden, die
er einige Male für die gleichnamige Radiosendung des SWR 4 hatte sprechen
dürfen, die allabendlich kurz vor den 19-Uhr-Nachrichten ausgestrahlt wurden.
»Glaube darf nichts Theoretisches sein, sondern muss im Alltagsleben anzuwenden
sein«, pflegte er zu sagen. Er wehrte sich vehement gegen die Behauptung, die
angeblich so ›modernen‹ Menschen glaubten nichts mehr. Das Gegenteil sei der
Fall, versicherte er und verwies dabei auf die Erfahrung, die er im Umgang mit
vielen Nicht-Kirchgängern gemacht hatte. Ihnen allen sei die Kirche nur zu
weltfremd und abstrakt geworden. Dabei gäbe es viele Themen, die einer
theologischen Betrachtungsweise bedürften, sagte er in solchen Momenten. Wie
sonst wäre der enorm gestiegene Engelsglaube zu erklären? Die Menschen suchten
Schutz und Hilfe und hätten mehr denn je den Eindruck, dies bei den

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