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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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Finger durch meine fädelt, vollführt mein Herz seine inzwischen vertrauten, panischen Sprünge und hämmert schmerzhaft gegen meine Rippen. Meine Schulter zuckt, als wolle sie meine Hand zurückziehen, aber mein Herz überstimmt sie.
    Seine Hand ist warm, seine Haut fest. Wir sitzen schweigend da. Ich weiß nicht, was ihm durch den Kopf geht, aber mein eigener Verstand ist außerstande, einen einzigen Gedanken zu bilden. Zumindest keinen zusammenhängenden. Nach einer langen Weile drückt er meine Hand, dann zieht er sie zu sich, um sie zu küssen. Seine Lippen sind warm und weich, und ich muss an diese Lippen auf meinem Mund denken, an meiner Kehle. Langsam, als geschehe es mit großem Widerstreben, zieht er sich zurück, und ich erschauere. »Vielleicht«, sagt er. »Wenn dies alles vorüber ist.«
    »Vielleicht, gnädiger Herr.«
    Er drückt noch einmal meine Hand, dann erhebt er sich anmutig auf die Füße. »Bis morgen«, sagt er, bevor er den Raum verlässt. Ich bin allein in der Dunkelheit.
    Das Wissen, dass ich genau das getan habe, was das Kloster wollen würde, schenkt mir nur wenig Trost.

Vierunddreißig
    ALS ICH AM NÄCHSTEN Morgen im Wintergarten der Herzogin eintreffe, führt mich eine der älteren Hofdamen in Isabeaus Zimmer. Die junge Prinzessin sitzt im Bett an die Kissen gelehnt und umklammert mit einer Hand eine Puppe. In der Nähe steht eine Tasse warmer, mit Honig gesüßter Milch. Auf Isabeaus Wangen sind zwei leuchtende rosafarbene Flecken, und ihre dunklen Augen sind glasig von Fieber. »Hallo, Demoiselle«, begrüßt sie mich scheu.
    »Hallo, gnädiges Fräulein.« Ich mache einen Knicks, dann gehe ich zu ihr. »Der gnädige Herr Duval hat gesagt, ich solle bei Euch bleiben, während die anderen in ihrer Versammlung sind.« Der Auftrag ist ein guter für mich, denn obwohl mein Rücken heilt, ist er noch nicht vollkommen wiederhergestellt.
    »Ja, bitte, Demoiselle.«
    Ich setzte mich auf einen Hocker neben ihr Bett und versuche, mir etwas einfallen zu lassen, was ich sagen kann. »Freut Ihr Euch aufWeihnachten?«, frage ich, dann würde ich mir am liebsten auf die Zunge beißen. Es wird ihr erstes Weihnachten ohne ihren Vater sein.
    »Meine Schwester sagt, wir würden ein Fest und eine Maskerade haben.« Ihr Gesicht leuchtet vor Aufregung.
    »Wirklich?«
    Sie nickt. »Werdet Ihr da sein?«
    »Wenn die Herzogin es wünscht, ja.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie es wünschen wird. Sie mag Euch sehr.« Genau in diesem Moment überwältigt sie ein Hustenanfall, und ihre kleinen, schmalen Schultern zittern vor Anstrengung. Als sie fertig ist, liegt ein leichter Schweißfilm auf ihrer Stirn. »Ruft nicht die Ärzte«, fleht sie.
    »Nein, nein. Das werde ich nicht tun«, erwidere ich und streiche ihr das Haar aus dem Gesicht. Wie es aussieht, gibt es wenig, was die höfischen Ärzte für sie tun können. Wenig, was irgendjemand für sie tun kann; ihr Lebensfunke flackert so schwach. »Ich habe Euch eine eigene Medizin mitgebracht, aus dem Kloster, in dem ich großgezogen wurde. Sie ist sehr gut gegen Husten, obwohl sie Euch vielleicht schläfrig machen wird.«
    »Ich will mit Freuden müde sein, wenn das bedeutet, dass ich keine Ärzte empfangen muss, Demoiselle.«
    »Also gut.« Ich ziehe die kleine Phiole von Mortains Liebkosung aus der Tasche. Es ist ein Gift, das stimmt, aber Schwester Serafina hat es bei den jüngeren Mädchen eingesetzt, wenn sie krank waren. Es ist gut gegen Husten und Lungenfieber, denn es erlaubt dem Patienten, sich auszuruhen und den dringend benötigten Schlaf zu finden, aber nur, wenn es in kleinen Dosen verabreicht wird. Ich messe sorgfältig zwei Tropfen ab – nicht mehr – und gebe sie in ihre Milch, dann lasse ich die Flüssigkeit kreisen, um alles zu vermischen. »Hier.« Ich reiche ihr den Becher. »Trinkt es sofort aus.«
    Sie nimmt die Tasse von mir entgegen und tut wie geheißen; sie trinkt noch den letzten Tropfen. Dann gibt sie sie mir zurück. »Das schmeckt gar nicht schlecht, nur ein wenig süßer.«
    »Das liegt daran, dass ich nichts von abscheulich schmeckender Medizin halte«, erwidere ich. Sie lächelt, was mir mehr gefällt, als es das tun sollte. Die gedämpften Stimmen, die von der anderen Seite der dicken Wand kommen, rufen förmlich nach mir. Ich würde liebend gern hören, worüber sie reden, und Tonfall sowie Timbre ihrer Stimmen analysieren. Aber als ich in Isabeaus halb geschlossene Augen blicke, stelle ich fest, dass ich sie nicht allein

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