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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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Klosters zu kritisieren, wäre ich jetzt nicht hier.« Das ist nicht die ganze Wahrheit, denn schon bevor er in ihr Büro gestürmt war, hat die Äbtissin geplant, mich wieder mit Duval zusammenzubringen, aber das braucht er nicht zu wissen.
    Er schweigt für eine Weile, und die einzigen Geräusche sind das Plätschern des Wassers gegen das Boot und das Knarren der Riemen. Während er rudert, kann ich nicht umhin, ihn zu betrachten, diesen Mann, in dessen Händen jetzt mein Schicksal liegt. Seine klugen Augen sind von dem hellen Grau eines Winterhimmels. Sein Kinn schimmert dunkel von Bartwuchs, was seinen festen, wohlgeformten Mund umso mehr betont. Ungerufen hallt das Wort Mätresse durch meinen Geist, und ich schaudere. Ein Gefühl böser Vorahnung schlägt über mir zusammen. Er ist nicht Guillo, rufe ich mir ins Gedächtnis. In der Tat, er unterscheidet sich von dem Schweinebauern so sehr, wie ein Mann das nur tun kann.
    Duval ist der Erste, der das Schweigen bricht, und ich rechne mir das als einen weiteren kleinen Sieg an. »Hat Martel vor seinem Tod irgendetwas gesagt? Vielleicht ein Geständnis abgelegt?«
    »Ein Geständnis?« Ich gestatte mir, einen Anflug von Geringschätzung in meine Stimme einfließen zu lassen. »Wir sind Töchter des Todes, gnädiger Herr, keine Beichtschwestern.«
    Er zuckt die Achseln, wobei sich Ärger und Verlegenheit die Waage halten. »Ich maße mir nicht an zu wissen, was es mit Euren Mysterien auf sich hat. So oder so, hatte Martel irgendwelche letzten Worte, als er in Euer Gesicht schaute und sein Schicksal sah?«
    Da Martels letzte Worte Worte der Verführung waren, wird sie mir nicht einmal ein rot glühendes Schüreisen entreißen. »Er hat nichts von Bedeutung gesagt.«
    »Seid Ihr Euch sicher? Vielleicht klang es für Euch nach nichts Besonderem, würde aber für mich etwas bedeuten. Gebt mir seine genauen Worte wieder.«
    Merde, der Mann ist beharrlich. Oder macht er sich Sorgen, dass der Verräter seinen Namen genannt hat? Wenn es so ist, werde ich ihm nicht die Befriedigung geben, Ja oder Nein zu sagen.
    »Er hat nur davon gesprochen, dass er sich mit jemandem treffen wolle, das ist alles. Wie ist es noch mal dazu gekommen, dass Ihr genau zur richtigen Zeit in diesem Raum wart?«, frage ich honigsüß.
    Sein Kinn zuckt. »Wollt Ihr andeuten, wovon ich denke, dass Ihr es andeuten wollt?«
    Ich zucke die Achseln.
    Er hört auf zu rudern und beugt sich vor, sein Gesicht dicht an meinem. »Ich habe meinem Land gedient, wie Ihr es Euch gar nicht vorstellen könnt, und ich diene ihm noch immer. Zweifelt niemals daran.« Seine Worte sind scharf und spitz und dafür gedacht, meine Zweifel zu zerstreuen. Und obwohl sie wahr klingen, wäre ein Verräter seines Kalibers sicher ein sehr guter Lügner.
    Duval, der mich immer noch anfunkelt, macht Anstalten, seinen Umhang abzulegen. Einen Moment lang flattert Panik in meiner Brust, und ich frage mich, was er tun wird. Aber ihm ist nur warm vom Rudern, und er wirft mir das Kleidungsstück zu. »Versucht, dafür zu sorgen, dass es nicht nass wird«, sagt er.
    Ohne nachzudenken, nehme ich die dicke kostbare Wolle in die Hand. Etwas Silbernes fängt meinen Blick ein, und ich streiche mit dem Finger über das an den Umhang geheftete Eichenblatt. Die alten Adelsfamilien der Bretagne haben immer mindestens einen ihrer Söhne dem Schutzheiligen der Soldaten und der Schlacht geweiht. Ich denke an die riesigen Wandteppiche, die die Wände von Schwester Eonettes Zimmer bedecken, Wandteppiche, auf denen die Schwestern Mortains in leuchtendem Seidengarn die Familienstammbäume aller bretonischen Edelleute im Laufe der Jahrhunderte festgehalten haben. Ich erinnere mich nicht, den Namen Duval dort aufgestickt gesehen zu haben. Ist es ein Familienname? Oder der Name seines Familiensitzes? Zum ersten Mal frage ich mich, wer genau er ist, abgesehen davon, dass er ein Favorit der Herzogin ist und ein Gegenstand des Argwohns der Äbtissin und des Kanzlers.
    Während er rudert, zeichnet sich seine Brust unter dem feinen Samt seines Wamses ab. Die Muskeln in seinen Armen ziehen sich zusammen, dann dehnen sie sich mit jedem Zug an dem Ruder, und ich kann nicht umhin zu denken, dass er, selbst mit all der Ausbildung, die ich im Kloster genossen habe, mich in einem Zweikampf mühelos bezwingen könnte.
    Da mir die Richtung nicht gefällt, die diese Gedanken nehmen, lasse ich den Blick übers Meer schweifen, davon überzeugt, dass man mich in eine besondere

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