Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
Vom Netzwerk:
Haut erreicht und einen kleinen Teil der Kälte vertreibt, die der Tod geschickt hat. Er hebt mich aus dem Sattel, und sobald meine Füße den Boden berühren, ziehe ich mich von ihm zurück. Ich bin vollkommen sachlich, als hätte er mich nicht gerade intimer berührt, als ich je im Leben berührt worden bin, und gehe auf das Grab zu. »Das muss die Stelle sein, wo Crunards Männer Martel begraben haben.«
    Duval folgt mir und starrt auf die frisch umgegrabene Erde, als wolle er Martels Geheimnisse dazu zwingen, aus dem Boden zu sickern. »Auf dem Schlachtfeld«, beginnt er, »heißt es, die Seele eines Mannes verweile drei Tage lang. Ist das wahr?«
    »Ja.« In meinem Kopf formt sich bereits ein Plan, eine Idee, die eins der Probleme, von denen er glaubt, ich hätte sie verursacht, aus der Welt schaffen könnte.
    »Ich wollte, Ihr könntet mit den Seelen von Menschen sprechen.«
    Ich schaue ihn scharf an. Hat er den Gedanken aus meinem Kopf gepflückt?
    Er mustert mich überrascht. »Ihr könnt mit den Seelen sprechen«, murmelt er, als stünden mir die Worte klar und deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Obwohl es mir nicht gefällt, dass er mich auf solche Weise durchschauen kann, brenne ich darauf, diese Fähigkeit auszuprobieren und ihm zu zeigen, dass ich nicht ganz so grün oder nutzlos bin, wie er zu denken scheint. »Ja.«
    »Könnt Ihr Euch mit Martels Seele in Verbindung setzen?«
    Und obwohl ich beabsichtigt habe, genau das zu tun, führt die Tatsache, dass er mich darum bittet, dazu, dass ich mich sperre. »Sind sogar die Seelen der Menschen Euren Nachforschungen ausgesetzt?«
    Er hat den Anstand, einfältig dreinzuschauen. »Ich will weder den Toten gegenüber respektlos sein noch würde ich Euch bitten, eins Eurer Gelübde zu brechen. Aber wenn ich für unsere Herzogin einen Weg aus ihrer Zwangslage finden soll, muss ich jedes Werkzeug benutzen, das mir zu Gebote steht.«
    Selbst Seelen. Selbst mich.
    »Ich werde es versuchen, aber er ist schon einen Tag tot, und ich bin es gewohnt, mit den Seelen zu tun zu haben, wenn sie frisch sind.«
    »Danke.« Der Ausdruck der Dankbarkeit verändert sein Gesicht, macht die harten Züge weicher und lässt ihn jünger erscheinen, als ich ihn geschätzt hätte. Er entfernt sich respektvoll, und ich knie mich hin und neige den Kopf.
    In Wahrheit habe ich dies noch nie getan, habe keine Ahnung, wie ich es tun muss. Ich weiß nur, dass ich gezwungen bin, es zu versuchen. Ich bin begierig darauf zu verstehen, was es ist, das ich am vergangenen Tag von Martels Seele verspürt habe. War es lediglich die Fülle der Erfahrung, wie die Äbtissin behauptet hat? Oder hat seine Seele wahrhaft seine letzten Gedanken und Gefühle mit mir geteilt? Ich will all die Geschenke begreifen, die Mortain mir verliehen hat. Außerdem, wenn Duval ein Verräter ist, wie die Äbtissin und Kanzler Crunard es vermuten, wird Martels Seele es mir vielleicht offenbaren.
    Ich schließe die Augen und hole tief Luft. Ich denke an den dünnen Schleier, der die Lebenden und die Toten voneinander trennt, denke daran, wie zart er ist, wie überaus fein gewebt. Sobald ich das Bild klar vor Augen habe, suche ich nach einer Öffnung, einer Nahtstelle, irgendeinem Löchlein, das es mir vielleicht erlaubt, diesen Schleier beiseitezuschieben. Da. Ein kleines Stückchen Saum taucht auf. Ich greife mit dem Geist danach und schlage die Barriere zwischen Leben und Tod vorsichtig um.
    Martels unglückliche Seele ist gleich auf der anderen Seite. Eine turmhohe Welle von Kälte schlägt über mir zusammen. Hungrig nach der Wärme des Lebens kommt die Seele auf mich zugeeilt. Sie rollt über meine Wärme hinweg, ganz so wie ein Schwein, das versucht, sich im Schlamm zu wälzen. Die Seele ist glücklich, mich zu sehen, voller Freude. Und dann ist sie es plötzlich nicht mehr.
    Sie hat mich erkannt. Weiß, dass es meine Hand war, die sie von ihrem irdischen Körper getrennt hat. Erregt windet sie sich an mir, versucht, meinem Willen zu entfliehen. Aber ich gebe nicht nach. Dies ist nicht irgendein unschuldiger Toter, der Gnade und Erbarmen verdient, sondern ein Verräter, der gewiss verdient hat, was auch immer Mortain ihm als Strafe zugemessen hat.
    Die Gedanken und Bilder, die die Seele enthält, haben begonnen, sich aufzulösen. Da sind nur noch Bruchstücke und Fragmente, nichts, was ich als eine wahre Erinnerung fassen kann. Ich zwinge der Seele meinen Willen auf, befehle ihr, sich zu sammeln, ihre Erinnerungen

Weitere Kostenlose Bücher