Grave Mercy Die Novizin des Todes
entgegnet Duval.
»Der englische König wird die Franzosen nicht ohne einen Preis unterstützen.«
Duval hebt seinen Kelch und studiert ihn. »Jeder hat einen Preis, wie es scheint.«
»Ja, aber fünfzigtausend sind ein wenig hoch, selbst für die französische Krone.«
Duval pfeift durch die Zähne. »In der Tat.« Er verfällt für einen Moment in Schweigen, dann schüttelt er den Kopf. »Ich fürchte, das Zeitalter von Königreichen und Herzogtümern nähert sich dem Ende. Frankreich frisst sich durch Europa wie ein Bettler durch ein Festmahl.« Er lehnt sich zurück und fixiert seine Gefährten mit einem nachdenklichen Blick. »Der französische Regent tut sein Bestes, jeden unserer Versuche, uns mit unseren Verbündeten zusammenzutun, zu vereiteln. Die Frage ist, ist er einfach vorsichtig und sieht unsere Schritte voraus? Oder hat er spezielle Kenntnis unserer Pläne?«
Die Bestie und de Lornay tauschen einen Blick. »Ich dachte, wir seien die Einzigen, die unsere Pläne kennen, abgesehen vom Geheimen Kronrat.«
»Genau«, sagt Duval, »und genau das macht es zu einer so brennenden Frage. Wenn jemand die Franzosen mit unseren Geheimnissen füttert, dann ist es einer von Annes engsten Ratgebern. Und jetzt müssen wir uns fragen, ob dieser Verräter derselbe ist, der dieses Treffen der Staatsmänner einberufen hat, oder ob es einen zweiten Verräter gibt, mit dem wir uns befassen müssen.«
Sie alle verarbeiten diese ernste Frage schweigend, dann hebt Duval seinen Kelch, setzt ihn an und verzieht das Gesicht, als er nur noch an die letzten Tropfen auf dem Boden des Kelchs gelangt. »Auf ins Bett, denke ich. Wir müssen morgen früh raus.«
Sie stehen auf und gehen polternd aus dem Raum, und ich drehe mich um und eile in mein eigenes Zimmer zurück. Ich hatte gehofft, etwas zu erfahren, das Duval in einem schlechten Licht erscheinen lässt. Stattdessen habe ich gerade das Gegenteil erfahren. Selbst wenn ich nicht anwesend bin, ist seine Geschichte die gleiche.
Warum wollte er dann nicht vor mir darüber sprechen? Vertraut er dem Kloster vielleicht doch nicht? Ich unterdrücke einen Seufzer der Frustration. Es wäre alles viel leichter, wenn ich einfach beweisen könnte, dass er ein Verräter ist, und die Angelegenheit damit erledigt wäre. Aber wie sehr ich auch jedes Wort und jede Geste hin und her wende und nach verborgenen Bedeutungen und Verrat suche, ich kann nichts finden.
Wir sind früh auf und noch vor dem Morgengrauen auf der Straße. Duval hat die Bestie und de Lornay vorausgeschickt. Ich weiß, dass ihn unser langsameres Tempo ärgert, aber es gibt nichts, was ich deswegen tun könnte.
Die Regenfälle der letzten Zeit haben die Wege nass und schlammig gemacht, was unser Vorankommen weiter behindert. Als der Abend dämmert, wird klar, dass wir trotz Duvals bester Bemühungen Guérande nicht bis Einbruch der Nacht erreichen werden. Resigniert biegt er von der Hauptstraße ab und steuert La Roche Bernard an.
La Roche Bernard liegt auf einem Felsplateau mit Blick auf den Fluss Vilaine. Sein herausragendstes Merkmal ist das neue Chateau, das die Familie Geffoy gebaut hat, nachdem ihre Burg während des ersten Nachfolgekriegs dem Erdboden gleichgemacht worden war.
Im Chateau geleitet man uns zur großen Halle, die mit kostbaren, bunten Wandteppichen dekoriert ist, und in deren Kamin ein Feuer prasselt. Ein rundlicher Mann mit sandfarbenem Haar und Bart beugt sich zu einer eleganten Frau vor, als hänge er bei jedem Wort, das sie sagt, an ihren Lippen. Als der Haushofmeister uns ankündigt, zieht die Frau sich zurück und schaut züchtig in den Kamin, während der Herr – der Baron, nehme ich an – aufsteht und herbeieilt, um uns zu begrüßen.
»Duval! Was für eine angenehme Überraschung«, sagt Baron Geffoy, aber sein Gesicht straft seine Worte Lügen. In Wahrheit hat er etwas Gehetztes an sich, das mich auf die Frage bringt, ob Duval nicht ausgerechnet die letzte Person ist, die er in diesem Moment zu sehen wünscht. »Wir werden mit vielfältigem Besuch vom Hof geehrt. Madame Hivern hält sich gerade für einige Tage hier auf.«
Duvals Kopf fährt hoch, und seine kalten grauen Augen fixieren die Frau am Kamin.
Der Baron senkt die Stimme. »Es ist zu schmerzlich für sie, zu dieser Zeit bei Hof zu sein, wie Ihr sehr wohl wisst.«
»Das behauptet sie ständig«, murmelt Duval. In seiner Stimme liegt ein wütender, bitterer Unterton, den ich noch nie zuvor gehört habe. Ich schaue wieder
Weitere Kostenlose Bücher