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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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der Alkohol, der in den Flaschen umherschwappte – fühlte sich richtig an. Die Vertrautheit wirkte tröstlich.
    Am Tor von Sweet Rest ruckte sie an dem schweren Schloss, bis es mit einem dumpfen Krachen nachgab. Dann legte sie eine Hand gegen das hohe Eisentor und drückte. Mit leisem Quietschen schwang es nach innen, und sie holte tief Luft. Hier herrschte der Friede, den sie brauchte. Das wusste sie mit einer Gewissheit, die sie nicht erklären konnte. Ihre Füße bewegten sich über den Boden, als würde sie von einer Schnur vorwärtsgezogen – aber nicht zu Maylenes Grab auf dem nahe gelegenen Friedhof Oak Hill, sondern zu einer grasbewachsenen Grabstelle in Sweet Rest. Sobald sie Pete Williams’ Grab erreicht hatte, blieb sie stehen. Der Sog, den sie empfunden hatte, war nicht mehr zu spüren.
    »Pete«, begann sie, »ich habe schlechte Nachrichten.«
    Sie kniete nieder und schlug die Lasche ihrer Tasche zurück.
    »Maylene kann Sie nicht besuchen«, erklärte sie dem seit einem Monat Toten. »Ich bin an ihrer Stelle gekommen.«
    Rebekkah zog ein Fläschchen hervor und drehte die Verschlusskappe ab. Wortlos neigte sie es über eine winzige Efeupflanze, die sich an Pete Williams’ Grabstein hochrankte.
    »Meine Großmutter ist tot, Pete«, flüsterte sie. »Würde sie Ihnen fehlen?«
    Sie hielt inne und lehnte die Stirn an den grauen Stein. Einige Tränen fielen zu Boden, immerhin so viele, dass sie sie wegblinzeln musste.
    »Ich weine nicht um Sie, sondern mit Ihnen«, sagte sie und schniefte. »Sie würden doch mit mir weinen, nicht wahr, Pete?«
    Ihre Tränen fielen neben den Whisky, der bereits versickert war. Dann holte sie mehrmals tief Luft, um sich zu beruhigen, und wischte sich die Wangen mit dem Handrücken ab. »Ich muss los. Habe viel zu erledigen«, sagte sie zu dem Verstorbenen. »Ich hoffe, der Drink war gut.«
    Dann strich sie über den oberen Teil des Grabsteins. »Bis demnächst, Mister Williams.«
    Neun Gräber, neun Flaschen und viele Tränen später wurde Rebekkah klar, dass sie nicht allein war: Byron Montgomery kam hügelaufwärts auf sie zu. Sein Bartschatten verriet, dass er sich keine Zeit zum Rasieren genommen hatte. Er sah erschöpft aus. Seine Kleidung wirkte zerknittert, seine Schritte waren schwer und seine Augen blutunterlaufen.
    »Hast du geschlafen? Ich meine … du siehst genauso müde aus, wie ich mich fühle.«
    Er ging neben ihr her. »Es ist einiges passiert, und … ich habe geschlafen, nur nicht genug. Und du?«
    »Das Gleiche«, gestand sie.
    Er streckte die Hand aus, als wolle er ihren Arm berühren, hielt dann aber inne. »Der Kummer wird leichter. So muss es sein, oder?«
    »Das hoffe ich. Sie fehlt mir«, murmelte Rebekkah. Das war die Wahrheit, die ganze Wahrheit: Maylenes Tod schmerzte.
    Er nickte. »Als Mam gestorben war … Es fühlte sich falsch an, fröhlich zu sein, weiterzuleben. Ich kam mir wie ein Verräter vor, wenn ich auch nur versuchte, sie loszulassen. In meinem Beruf sollte man meinen …« Er unterbrach sich. »Bei einem Familienmitglied ist es nicht das Gleiche. Manche Todesfälle sind schwerer zu verkraften als andere.«
    Rebekkahs Blick glitt über den Friedhof, während Byron und sie den verschlungenen Weg zu den alten Mausoleen folgten. Irisblüten sprenkelten das lange Gras mit violetten und blauen Farbflecken. Prunkwinden und Efeu rankten an den Bäumen und den Steinmauern der Mausoleen empor. Einige der gedrungenen Gebäude besaßen verwitterte Bänke, Steinstufen und Säulen. Manche waren mit verschnörkelten Eisen- und Bronzetüren verschlossen, andere hatten ihre Türen verloren, und Maschendraht vor den Eingängen hielt unerwünschte Besucher fern.
    Am Fuß des Hügels setzte sich Rebekkah ins Gras. Kurz fragte sie sich, ob Byron ein Mensch geworden war, der es für ein Zeichen schlechter Manieren hielt, sich in zu dichter Nähe zu einem Grab niederzulassen. »Setz dich doch zu mir!«
    Er folgte ihrer Aufforderung und streckte die Beine aus.
    Sie zupfte an einem langen Halm. Das Gras musste gemäht werden. Niemand kümmerte sich um dieses Grab. Sie warf Byron einen Blick zu. »Woher wusstest du, wo ich war?«
    Byron schenkte ihr einen undeutbaren Blick. »Vielleicht ist es uns beiden vorherbestimmt, hier zu sein.«
    »Ich bin gekommen, weil …« Sie schüttelte den Kopf, als ihr klar wurde, wie verrückt die Worte klingen würden, die sie sagen wollte.
    »Du bist gekommen« – er streckte die Hand aus und legte sie auf ihre

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