Graveminder
sein Vater dort zurückgeblieben war. »Und die einzigen Menschen, die auf die andere Seite gelangen können, sind Graveminder und Undertaker. Sie sind Partner. Der Undertaker öffnet das Portal, und die Totenwächterin geleitet die Hungrigen Toten an ihren rechtmäßigen Platz.«
»Oh …oh.«
Byron ging nicht auf Rebekkahs spöttischen Ton ein. »Die Toten sollen nicht aus ihren Gräbern kommen, aber …«
»Aus ihren Gräbern?«, wiederholte sie. »Byron, Schätzchen, ich glaube, du stehst unter Schock. Meinst du nicht, wir merken es, wenn überall Zombies herumlaufen?«
»Es sind keine Zombies, Bek.« Er begriff, warum sein Vater ihm nichts gesagt hatte, aber während er versuchte, Rebekkah alles zu erklären, verstand er auch, warum man es dem neuen Paar aus Graveminder und Undertaker schon vor Jahren hätte sagen sollen.
»Okay … Keine Zombies. Aber tote Menschen, die aus ihren Gräbern kriechen. Die Totenwächterin bringt sie wieder zurück, indem sie sie durch das Portal führt, das der Undertaker öffnet. William ist zurückgeblieben – du bist der neue Undertaker.«
»Genau, und dann bringt sie – bringst du – sie ins Land der Toten.«
»Ich?«
»Ja. Die Totenwächterin sorgt dafür, dass sie in ihren Gräbern bleiben, indem sie … Ich bin mir nicht sicher, auf welche Weise. Wenn Menschen sterben, tut man etwas, um sie zu bannen … oder was auch immer. Ich hoffe, Maylene hat dir Anweisungen für solche Fälle hinterlassen. Oder Charlie sagt es dir …«
»Whisky«, flüsterte sie. »Gebete, Tee und Whisky. Erinnerungen, Liebe und Loslassen … ach, verdammt …«
28. Kapitel
Mit weichen Knien blieb Rebekkah stehen. »Du bist nicht verrückt, oder? Wenn du es bist, dann war Maylene es auch, und … verdammt.«
»Es wäre mir lieber, ich wäre verrückt«, sagte er. Sein Arm stützte sie, obwohl seine Worte sie ins Wanken brachten.
Sie schüttelte den Kopf. »Zeig es mir!«
Schweigend führte er sie daraufhin zum Bestattungsinstitut Montgomery & Sohn. Als sie eintraten, kam Elaine – Empfangssekretärin, Büroleiterin und Assistentin – auf sie zu. Ihr silbergrau durchzogenes Haar war zu dem üblichen Knoten aufgesteckt. Wie immer trug sie ihre Bürouniform: einen stahlgrauen Rock, eine blassrosa Bluse und flache Schuhe. Als Rebekkah jünger gewesen war, hatte Elaine ihr Angst eingejagt. Niemand war so gewesen wie sie: energisch, tüchtig und streng. Seitdem war sie auch anderen Frauen begegnet, die der Büroleiterin ähnelten.
»Die Abwesenheit Ihres Vaters hat zur Folge, dass wir den ganzen Tag nur zu zweit sind«, begann Elaine.
»Damit kann ich mich heute nicht auseinandersetzen«, murmelte Byron. »Haben wir einen Todesfall?«
Elaine runzelte die Stirn. »Nein, aber …«
»Dann gibt es ja nichts sonderlich Dringendes.« Er rieb sich übers Gesicht.
»Wir brauchen …«
»Schön. Rufen Sie Amity an«, sagte er.
Als Rebekkah den Namen hörte, verspürte sie einen Stich der Eifersucht. Amity hat jedes Recht … egal, dachte sie. Sie wusste, dass Byron der Mann war, über den Amity hatte reden wollen. In ihrer zugegebenermaßen sporadischen Korrespondenz per E-Mail hatte Amity ihn oder das Bestattungsinstitut mit keinem Wort erwähnt. Sie hatte nicht einmal erzählt, dass sie sich von Troy getrennt hatte.
Das Schweigen dehnte sich etwas zu lange aus, dann meldete Elaine sich zu Wort. »Ich rufe Miss Blue an. Aber Sie, Byron Montgomery, sollten sich schlafen legen. Mit mir kann man’s ja machen, aber ich lasse mich nicht anknurren, junger Mann, ob Sie nun mein Chef sind oder nicht.«
Elaine wandte sich ab und verschwand in ihrem Büro.
»Sie ist genauso furchterregend wie in meiner Erinnerung«, flüsterte Rebekkah.
»Das ist sie.« Byron nickte. »Und ohne sie würde hier nichts funktionieren. Ich glaube, sie erledigt an einem einzigen Tag so viel wie drei andere Mitarbeiter. Später entschuldige ich mich bei ihr. Aber zuerst …« Er holte tief Luft und bedeutete Rebekkah, ihm zu folgen.
Er führte sie in einen Lagerraum im Keller. Kaum waren sie eingetreten, schaltete er das Deckenlicht ein und schloss die Tür ab. »Ich bin nicht verrückt. Wäre ich es doch nur! Ich wünsche mir wahrhaftig nichts sehnlicher, als dass sich alles als Wahnvorstellung oder böser Traum herausstellt, Bek.«
Dann trat er an einen blassblauen Metallschrank, griff dahinter und zog ihn auf sich zu. Rebekkah spürte, wie ihr Herz raste. Ihr ganzer Körper prickelte, als
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