Gray Kiss (German Edition)
Gesicht, als würde ihr langer Pony sie stören. „Ich wollte nicht wissen, ob es dir gut geht. Das ist mir egal. Aber du warst gerade völlig weggetreten. Nicht bei dir.“
Ich hörte sie kaum, denn erst gerade begriff ich, was ich durch Bishops Augen gesehen hatte. Ich war nichts weiter für ihn, nur eine ungelegene Sucht.
Das war alles zu viel für mich. Erst die Begegnung mit Stephen und die Tatsache, dass ich ihn wieder verloren hatte, dann noch die Unterhaltung zwischen den Engeln und dem Dämon. Obwohl ich in einer Mall stand, die voller Leute war, hatte ich mich noch nie so allein gefühlt und solche Angst gehabt.
Eine ungelegene Sucht .
Er war ein Todesengel, der seit … keine Ahnung seit wie vielen Jahren existierte. Ich wusste überhaupt nichts über ihn. Ich konnte mich nur an seinen Worten festklammern. Und diese Worte konnten mich heute nicht trösten. Überhaupt nicht.
„Du bist ein sehr schönes Mädchen“. Eine Frau mit Klemmbrett kam auf uns zu.
Ich zwang mich nachzusehen, wer da mit wem sprach.
Die Frau mittleren Alters hatte langes, kastanienbraunes Haar und blaue Augen. Sie trug einen schwarzen Designeranzug und musterte Julie.
Julie presste die Hand auf die Brust. „Ich?“
„Ja. Lass dich mal anschauen.“ Die Frau umfasste ihr Kinn und bewegte ihren Kopf hin und her. „Exquisit. Ich bin Modelscout. Ich finde, du hast das gewisse Etwas.“
„Wirklich?“, fragte Julie aufgeregt.
„Ja. Mein Name ist Eva. Und wie heißt du?“
„Julie. Julie Travis.“
Eva schüttelte ihr die Hand. „Schön, Sie kennenzulernen, Ms Travis.“
Bevor sie weiterging, drückte sie Julie eine Karte in die Hand. Mich und Jordan sah sie nur über die Schulter noch einmal kurz an.
Julie strahlte. „Ist das zu glauben? Ein Modelscout hält mich für exquisit!“
„Wahrscheinlich kommt sie von einer dieser Agenturen, die einem jede Menge Kohle abknöpfen für die Sedcard und viel mehr passiert nicht“, behauptete Jordan.
Julie blickte sie scharf an. „Das ist nicht nett.“
„Tut mir leid, aber ist doch wahr. Ich meine, das hier ist nur die Mall. Werden hier etwa die Supermodels von morgen entdeckt?“
„Du bist ja nur neidisch, weil sie dich nicht mal wahrgenommen hat.“
„Ich bin bereits bei einer echten Agentur aus Manhattan unter Vertrag. Ich brauche keine Agentur mit Sitz in Trinity, die mich vertritt.“
„Wie auch immer. Jedenfalls hat sie Samantha nicht ihre Karte gegeben.“
„Ich will auch gar keine Karte“, erwiderte ich.
Plötzlich bekam ich eine Gänsehaut, als ob ein sachter Wind ginge. Ich runzelte die Stirn und schaute mich um, um nach der Ursache zu forschen, aber da war nichts.
Stephen sagte, dass kurz vor der Stase sich das Kältegefühl verstärkte. Doch das war keine Kälte … Es war eher eine Art Stromimpuls in der Luft.
Seltsam.
Jordan musterte mich abschätzig. „Sie ist viel zu klein. Sieh sie dir doch mal an. Sie ist praktisch ein Hobbit.“
Ich hatte genug von den beiden. „Ich bin weg.“
Ich musste Stephen wiederfinden. Erst mal suchte ich in der Mall weiter. Vielleicht war er ja noch da.
Ich konnte nicht fassen, dass ich ihn so schnell wieder verloren hatte. Wir waren so nah dran gewesen!
„Lass dich nicht aufhalten“, rief Jordan mir hinterher. „Freak!“
Es lag mir auf der Zunge, ihr etwas ähnlich Fieses zu entgegnen, dennoch hielt ich mich zurück. Rasch sah ich zu Julie hinüber, die sich nicht mehr für uns interessierte. Sie starrte runter in den Gastronomiebereich.
Ich versuchte, normal weiterzuatmen. „Mir ist zwar klar, dass du mir nicht glauben wirst, Jordan. Aber Stephen ist nicht mit mir zusammen. Wir wollen auch gar nicht zusammen sein. Ich bin nicht an ihm interessiert.“
Sie presste die Lippen zusammen. „Als ob es mich interessieren würde, wer dich interessiert.“
„Ich glaube schon, dass dir das nicht egal ist.“
„Und ich glaube, du bist eine Idiotin.“
„Schön.“ Ich verdrehte die Augen. „Weißt du, manchmal hilft es, den Kopf aus dem eigenen Hintern zu ziehen, damit man wieder klar sieht. Das solltest du auch mal versuchen.“
Sie tat mir immer noch leid, doch ich musste mich ja irgendwann auch mal wehren.
„Es nervt“, bemerkte Julie.
Jordan sah sie an. „Was?“
„Alles. Mein Leben. Es ist alles so deprimierend.“
Jordan sah sie an. „Willkommen im Club.“
„Manchmal“, erwiderte sie schniefend und schob die Hand unter die Nase, „bin ich völlig überwältigt. So wie heute. Es
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