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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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hineinziehen?
    Iqbal schickte den größten Teil der Crew aus dem Zimmer. Gaby setzte sich auf das Bett, beteiligte sich aber nicht an der Diskussion, die hauptsächlich auf Hindi geführt wurde. Rajiv Rana schritt, noch immer in den zerrissenen Überresten seines Kostüms, am Fenster hin und her und murmelte »Scheiße, oh Scheiße« vor sich hin. »Salam-bhai«, platzte er heraus, »Sie müssen babji sagen, dass an alledem nicht ich schuld bin, okay?« Am Ende teilte ihr Iqbal mit, was man beschlossen hatte. »Wir werden«, sagte er, »sofort eine Presseerklärung herausgeben. Leela Zahir bittet den Terroristen, sich unverzüglich den zuständigen Behörden zu stellen, und falls er ihr wahrer Fan ist, es zu unterlassen, durch die Verwendung ihrer Fotos die internationale Wirtschaft zu schädigen. Er verletzt das Copyright und muss sich sofort stellen.«
    »Mit Verlaub«, sagte Gaby, »Sie haben mich als Pressereferentin eingestellt, das heißt, dass meine Meinung hierzu vielleicht von einigem Nutzen sein könnte?«
    »Bitte, jetzt ist nicht die Zeit für Widersetzlichkeiten. Mrs. Zahir wird den Text verfassen, und Sie werden ihn verlesen – es sei denn, das Mädchen ist ausnahmsweise einmal bereit. Gehen Sie und sagen Sie denen da draußen, in einer Stunde geben wir die Erklärung ab, und danach sollen sie sich bitte verziehen.«
    Gaby war viel zu erstaunt darüber, wie der Mann sie behandelte, um wirklich wütend zu sein. Ohne ein Wort verließ sie das Zimmer, begab sich in ihr eigenes und verschloss die Tür. Dann begann sie zum ersten Mal, solange sie sich erinnern konnte, zu weinen. Sie gestattete sich fünf Minuten, dann holte sie mehrmals tief Luft und ging ins Bad, um ihr Make-up wiederherzustellen.
    Einige Zeit später trat Mrs. Zahir in der Bar zu ihr und reichte ihr ein Blatt Hotelschreibpapier. Sie hatte sich umgekleidet und trug jetzt ein zurückhaltendes Ensemble aus Lacklederstiefeln und einem Top, das vorn ein Elefant in goldener Applikationsstickerei zierte. Ihre Augen strahlten unnatürlich, ihr Gesicht war grimmig. Auf ihrer Wange hatte sie einen roten Fleck, als wenn ihr jemand eine Ohrfeige gegeben hätte.
    »Leela ist zu müde, um zu ihrem Publikum zu sprechen«, fauchte sie. »Ich denke aber, dies hier hat den richtigen Tonfall.«
    Auf das Blatt Papier war mit einem dunkelroten Kugelschreiber in großen schwankenden Schleifen eine Presseerklärung geschrieben worden. Zumindest vermutete Gaby, dass es sich darum handelte. Grammatik und Orthographie waren fürchterlich.
    »Sie haben doch nicht ernstlich vor, dies an die Medien zu geben, oder?«
    »Was haben Sie gesagt?« Mrs. Zahir lächelte zuckersüß. »Sie haben so einen starken Akzent, meine Liebe. Es ist manchmal schwer, Sie zu verstehen.«
    »Ich habe einen starken Akzent?«
    Mrs. Zahir spähte durch die Vorhänge auf das Durcheinander auf dem Rasen vor dem Hotel. »Was? Ja, Sie klingen ausländisch.
    So, wenn Sie mir jetzt das Blatt zurückgeben, gehe ich hinaus und spreche zur internationalen Presse.« Sie legte die Betonung auf die erste Silbe von »international« und zog sie dermaßen in die Länge, dass die Meute der draußen wartenden Reporter den luxuriösen Charme eines Schaumbades oder einer Schachtel Pralinen anzunehmen schien.
    »Sie?«, prustete Gaby.
    »Schätzchen«, sagte Mrs. Zahir mit der müden Entschlossenheit eines Matadors, der einen schwächlichen Stier ins Jenseits befördert, »ich sage zwar nicht, dass Sie nicht hübsch sein könnten, wenn Sie sich Mühe gäben, aber Sie haben für diese Art öffentliches Auftreten nicht die notwendige Ausstrahlung. Sie sollten wirklich daran denken, sich etwas heiterer zu präsentieren. Das würde Ihnen wahrscheinlich bei Ihrer Arbeit behilflich sein.«
    Und schon schritt Faiza Zahir an der Rezeption vorbei und schlug mit der Hand nach einem an der Wand hängenden Hirschgeweih, worin sie sich mit ihren Haaren verfangen hatte. Sie schob den Riegel der Haupttür zur Seite, stieß sie auf und präsentierte sich der Welt draußen.
    »Hören Sie mich an«, informierte sie sie mit schallender Stimme. »Ich bin Faiza Zahir. Die Mutter.«
    Blitzlichtgeräte flackerten auf und hüllten sie in einen epileptischen Funkenregen. Absurderweise begann sie zu winken. Gaby stampfte hinauf in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Mich kotzt das an, dachte sie. Mich kotzt dieser Film an, und mich ödet Schottland an. Sie würde nach London zurückfahren.
    Aber zuerst würde sie

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