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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Tagen ist es nicht zu spät, sein Leben dem Herrn zu weihen.«
    »Welche Zeit haben wir?«, fragte Arjun.
    »Die Zeit der Gottlosigkeit junger Mann. Heulen und Zähneklappern stehen nahe bevor. Du magst nichts weiter als ein zur Hölle verdammter Sünder sein, aber wenn du dein Leben Jesus Christus weihst und wiedergeboren wirst, ist es selbst jetzt noch nicht zu spät.«
    »Das hier muss Kanada sein«, sagte Arjun, und der Alte wurde zu einer Abstraktion eines alten Mannes, ein Landschaftsdiagramm aus Kräften und Potentialen, das zum Schweigen gebracht werden konnte. Dann war es Abend, und Lampen brannten, und hinter ihm hatte jemand ein Transistorradio, das Countrymusik spielte, und der alte Mann hatte sich in eine fette Schwarze in einer rosa Stretchhose verwandelt, die in einer Sprache mit ihm redete, die er nicht verstand. Die Straßenlampen wurden langsamer und hielten schließlich an. Als die Hydraulikbremsen ein letztes Keuchen von sich gaben und der Bus zum Stehen kam, starrte sie ihn böse an, dann schob sie sich an ihm vorbei in den Gang.
    »Du Arschloch«, murmelte sie. »Wo ist dein Problem?«
    Er sah, dass seine Tasche offen war, und bekam Panik wegen des Geldes, wegen all des Bargelds, das er von seinem Girokonto abgehoben hatte, denn man muss Bargeld haben, weil sie einem mit einer Kreditkarte auf die Spur kommen. Aber es war noch da, und der Fahrer sagte zu ihm, er solle jetzt aussteigen, und er stieg die Treppe hinunter und stellte fest, dass er in Bend, Oregon, war. Er war in die falsche Richtung gefahren.

I n London hatte Leela den Strom abgeschaltet. In den Umspannwerken New Cross und Littlebrook zerstörte sie Daten, indem sie die Überwachungssoftware verführte, ihr zuflüsterte, du bist überladen, löse die Schutzschaltung auf, lege die Leitungen still. In der ganzen Stadt kamen Züge zum Halten, Verkehrsampeln erloschen, und Haushaltsgeräte weigerten sich, ihren ärgerlichen Besitzern zu gehorchen. Als es dunkel wurde, ging die Straßenbeleuchtung nicht an. Gelegenheiten wurden am Schopfe gepackt. Ziegelsteine flogen durch Fenster. Vorhängeschlösser wurden aufgebrochen und Hofzäune überstiegen. Vom höchsten Penthouse des In-Vitro-Gebäudes sah West End wie ein Schachbrett aus, auf dem sich helle und dunkle Quadrate abwechseln. Die Immobilienmaklerin und ihr Klient blickten vom Balkon hinunter und fürchteten sich.
    Sie überprüften die Nachrichten auf ihren Handys. Als sie aufbrechen wollten, stellten sie fest, dass die Aufzüge nicht funktionierten. Widerstrebend begannen sie, die zwanzig Stockwerke zu Fuß zu gehen und sich, an die Treppengeländer geklammert, den Weg nach unten zu tasten. Nach vier Etagen zog die Immobilienmaklerin ihre Schuhe aus. Nach sieben rief der Klient nach ihr und fragte, ob sie noch da sei und ob sie nicht einen Moment stehen bleiben und sich verschnaufen könnten. Irgendwo unter ihren Füßen führten Feuerwehrleute in reflektierender Kleidung halb verdurstete Pendler durch einen lichtlosen unterirdischen Tunnel auf das orangefarbene Glimmen einer Bahnsteig-Notbeleuchtung zu.
    Strudel rannen durch den nationalen Rost, Echos von Leelas Stimme. In Teilen von East Anglia, Wales und Westschottland war die Energieversorgung zeitweise unterbrochen. Eine Sekunde, nicht länger, wurde es im Clansman’s Lodge Hotel dunkel. Dann war der Strom wieder da. Digitaluhren begannen zu blinken. Eine Alarmanlage im Büro fing an zu läuten. Gaby warf einen Blick auf die Nachttischlampe, legte sich wieder aufs Bett und betrachtete Rajivs nackten Rücken. Während sie mit Guy sprach, hatte jemand auch Rajiv angerufen, und jetzt sprach er hastig auf Hindi in sein Mobiltelefon, während er mit einer Hand wütend ihren Schlüpfer zusammenknüllte.
    Er stand auf, ging ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu. Sie hörte, wie er die Stimme erhob und mit der Person am anderen Ende stritt. Sie schob eine Hand zwischen ihre Beine, drehte sich auf den Bauch und versuchte hinter das zu kommen, was sie fühlte. Sie hatte rote Fingerabdrücke an den Armen, wo er sie festgehalten hatte. Sie roch nach Spermizid und Rasierwasser.

    Es war unvermeidlich gewesen, vermutete sie. An diesem Morgen war die Crew müde und erregt erschienen und hatte über das fade Essen, den Regen gemault. Während der Nacht hatte es auf den Korridoren jede Menge Betrieb gegeben, und beim Frühstück erzählte man, dass eine der Tänzerinnen im Zug heim nach Birmingham sitze, gekränkt über irgendeinen

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