Grayday
fertiges Drehbuch. Der Film war ein todsicherer Hit.
Er war entschlossen, zuzusagen.
Als Aziz anrief, warf dieser ihm vor, keine Ahnung vom Filmgeschäft zu haben. »Ich würde dir keine Vorträge darüber halten, wie du mit deinen Affären umgehst, also überlasse die Wahl deiner Rollen mir.« Aziz sagte, seiner Meinung nach sei das Treatment tendenziös. Shiv Sena habe Geld in diesen Film gesteckt. »Bhai«, flüsterte er, »du willst in so einer Zeit doch keine kommunalen Leidenschaften entfachen.« Rajiv (Filmfare- Überschrift: Ich bin nicht politisch, ich bin Entertainer) legte einfach auf.
Am nächsten Tag wurde ihm Karim, sein Fahrer, in einem Sack vor die Haustür gestellt. Er lebte, aber Ohren und Nase hatte man ihm abgeschnitten. Rajiv ließ der hysterischen Frau des Mannes mehrere lakhs Rupien überbringen, und als Azizi wieder anrief, hörte er zu und versuchte, den Hörer in seiner zitternden Hand still zu halten. Die Botschaft war unmissverständlich. »Du wirst diesen Kargil- Quatsch nicht machen. Du wirst dich vielmehr für einen neuen Film zur Verfügung stellen. Der Titel soll Tender Tough lauten. Du wirst alle Termine komplett absagen. Als Gegenleistung gestehe ich dir ein Drittel deines normalen Honorars zu. Dies, verstehst du, ist ein Geschenk von mir, ein Zeichen meiner Freundschaft. Mach dir keine Gedanken über künstlerische Maßstäbe. Tender Tough wird ein Erfolgsfilm. Du bekommst den besten Regisseur, ein großes Budget. Du kannst dir sogar deine Partnerin aussuchen. Jetzt darfst du mir danken.«
Rajiv murmelte etwas und verließ das Haus, um sich auf eine Dreitage-Sauftour zu begeben, nach der er einen Barbesitzer, einen Hotelier und ein Mannequin, das wegen der blauen Flecken im Gesicht mehrere Wochen nicht arbeiten konnte, mit Geld entschädigen musste. Eine Version der Geschichte gelangte in die Klatschspalten: Ist Raju die Große Faust Nummer eins geworden?
Er sagte Kargil ab und sah die Rolle an seinen Rivalen Sunny Deol gehen. Sein Image war zerstört. Nachdem er so lange ein Held gewesen war, hatte er sich angewöhnt, von sich in der dritten Person zu sprechen und seinen Namen auf seine Initialen zu verkürzen. Aber sollte »R. R.« jetzt der Bösewicht sein? Vor dem riesigen Plasmabildschirm in seinem Bungalow in Juhu zusammengesunken, fand er Trost in einer Szene aus High School Hearts, einem Film, von dem er keine Notiz genommen hatte, als er vor einem Jahr in die Kinos kam. Als die Heldin erfuhr, dass ihr Freund bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt war, füllte ihr verzweifeltes Gesicht das ganze Bild. Es schien Verletzlichkeit, Vertrauen und Verlangen nach Schutz auszustrahlen. Er griff nach der Fernbedienung und spielte sich die Szene immer wieder vor. Das Gesicht des Mädchens wandte sich um, ihre Augen funkelten von Glyzerintränen … Auch er fand sich in Tränen, um Unschuld und Reinheit flehend, um alles, was aus seinem Leben verschwunden war. Um alles, was dieses Mädchen bestimmt würde ersetzen können.
Er teilte Aziz mit, dass die Schauspielerin, die er für Tender Tough wolle, Leela Zahir sei.
Im Bad gab es ein Echo, aber da war noch etwas anderes, elektronische Störungen in der Leitung, Fetzen von Stimmen.
»Ist das nicht Iqbals Angelegenheit?«, fragte er, während er sich auf Aziz’ Gemurmel zu konzentrieren versuchte, das aus den atmosphärischen Störungen hervorzutreten und wieder in ihnen zu verschwinden schien.
»Dies ist dein Film, Rajiv- bhai. Ich habe ihn für dich in die Wege geleitet, aus Rücksicht auf deine Interessen. Wenn er wegen dieser albernen Göre scheitert, die du dir als Partnerin ausgesucht hast, ist meiner Meinung nach klar, wer die Konsequenzen tragen sollte.«
»Ich weiß, dass sie schwierig ist, aber was kann ich machen? Das entzieht sich meiner Kontrolle.«
»Du musst sie überreden. Sie war deine Wahl. Ihre Mutter kommt. Ihr beiden werdet zusammenarbeiten müssen.«
»Sie hört auf niemanden.«
»Wenn du meinst, du kannst die Kosten schlucken, dann sei’s so.«
»Schlucken – was meinen Sie damit?«
»Wenn aus diesem Film nichts wird, musst du die Kosten tragen. Iqbal wird dir eine Schätzung geben können.«
»Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
Durch die Leitung kam ein stoßweises Keuchen, das auch Gelächter hätte sein können. Rajiv ballte seine Fäuste und sah sich unter den harten Flächen des Bades nach etwas zum Draufhauen um.
»Du wirst also das Mädchen überreden.«
»Ja,
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