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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Begrüßung mit
den Fingern der anderen Hand.
    Henry trat von einem Bein aufs andere und fuhr fort: »Haben
Sie irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt? Etwas gehört? Etwas gerochen?«
    Vermissen Sie Angehörige?, dachte Susan, sagte aber nichts.
    Die Frau dachte darüber nach. »Bill benimmt sich in letzter
Zeit merkwürdig.«
    »Ist das Ihr Mann?«, fragte Henry.
    »Mein Königspudel«, sagte sie.
    Susan sah Henrys Mundwinkel kurz zucken. »Inwiefern
merkwürdig?«, fragte er.
    Die Frau runzelte die Stirn. »Er steht nur vor seiner
Hundehütte. Bellt ein bisschen. Lässt mich nicht in die Nähe.«
    »Lassen Sie ihn frei im Wald laufen?«, fragte Henry.
    »Er springt manchmal über den Zaun«, antwortete sie. »Kommt
aber immer zurück.«
    »Wo ist Bill jetzt?«
    Sie machte ihnen ein Zeichen, ihr zu folgen, und führte sie
dann auf einem alten Ziegelpfad um das Haus herum. Sie trug
Schaflederstiefel, und Susan sah, wie Henry dicht hinter ihr ging,
falls sie auf den unebenen, nassen Ziegeln ausrutschte. Der Weg war mit
Solarlichtern beleuchtet, deren hellblauer Schein die Sichtverhältnisse
nicht wesentlich verbesserte. Doch die Frau war sicher zu Fuß und
geriet nicht ins Stolpern.
    Sie kamen zu einem Tor in der Zedernhecke, die den Garten
umschloss, es schwang mit einem rostigen Seufzer nach innen, als die
Frau es aufstieß. Hier hinten gab es kein Licht. Henry knipste seine
Taschenlampe an, als die Frau in die Dunkelheit verschwand.
    »Ma'am?«, rief er.
    Ein Flutlicht ging an, das einen von Efeu verstopften Garten
sehen ließ, und die Frau erschien auf ihrer kleinen hinteren Veranda.
    »Bill«, sagte sie in Richtung Garten, »ich habe dir einen
Freund mitgebracht.«
    Susan hielt nach dem Pudel Ausschau. Der Efeu aus dem Park war
über den Zaun gekrochen und schlängelte sich halb durch den Garten. Er
war wie eine Art hartnäckige grüne Flut. Man konnte ihn zurückstutzen,
aber er kroch einfach weiter voran, dreißig Zentimeter am Tag, bis er
wieder alles bedeckte. Susan hörte einen Hund bellen und erkannte, dass
die Hundehütte ebenfalls halb zugewachsen war. Ein großer schwarzer
Pudel stand im Eingang der Hütte. Er war frisch geschoren, und man
hatte ihm das Fell zu einer Reihe von Höckern und Kugeln
zurechtgestutzt; er sah aus wie ein absonderlicher lebender Ziergarten.
    Susan sah Henry zusammenzucken. »Ist Bill freundlich?«, fragte
er.
    »Wie ein Lamm«, antwortete die Frau.
    Henry schüttelte den Kopf, straffte die Schultern und ging auf
die Hundehütte zu.
    Bill knurrte.
    Henry blieb stehen. »Wie ein Lamm?«, fragte er.
    »Lassen Sie sich nicht von ihm einschüchtern, junger Mann«,
sagte die Frau. »Sie haben nicht zufällig eine Katze, oder?«
    »Ich habe drei Katzen«, sagte Henry.
    Die Frau schnalzte mit der Zunge. »Bill mag keine Katzen«,
sagte sie in unheilvollem Ton.
    »Susan?«, rief Henry. »Wie wär's mit ein wenig Hilfe?«
    Susan hatte nie ein Haustier gehabt. Sie zögerte. »Ich kann
nicht gut mit Hunden umgehen«, sagte sie.
    »Kommen Sie verdammt noch mal hier rüber«, sagte Henry.
    Susan ging langsam auf den Pudel zu. »Hallo, Bill«, sagte sie.
»Braver Bill.« Sie streckte die Hand aus und ließ sie von dem Hund
beschnuppern. »So ist es gut, Bill.«
    »Sie sollten ihn wahrscheinlich lieber nicht berühren«, rief
die alte Frau von der Veranda.
    Susan erstarrte. Der Hund sah ihre ausgestreckte Hand an und
fletschte die Zähne. Er knurrte nicht. Er machte überhaupt kein
Geräusch.
    »Er hat wahrscheinlich vor Ihren Haaren Angst«, sagte Henry,
während er versuchte, sich so weit um das Tier herumzudrücken, dass er
mit der Taschenlampe in die Hundehütte leuchten konnte. Er ging auf
Hände und Knie und schaffte es, sich halb in die Hütte zu zwängen. Als
er wieder herauskam, setzte er sich neben den Hund auf den Boden und
tippte eine Nummer in sein Handy.
    »Archie«, sagte er, »ich bin's. Die Blonde …« Er rieb
sich mit der Hand übers Gesicht. »Fehlt der ein Arm?«
    Susan hörte Archies Stimme durchs Telefon. »Ja.«
    Henry schaute noch einmal über die Schulter in die Hundehütte.
Dann sah er Susan an. Der Hund knurrte und beäugte sie beide
misstrauisch. »Ich habe ihn gefunden«, sagte Henry.

_12_
    D ie alte Frau hieß Trudy Schuyler. Susan
hatte ein paar Seiten ihres Notizbuchs mit Informationen über sie
gefüllt. Ihr Mann war vor fünf Jahren gestorben. Sie hatte keine
Holzhäckselmaschine. Sie kannte kein Kind, das auf die Beschreibung des
Jungen passte, den Archie im

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