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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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unter der Erde?«
    Cody richtete den Kopf auf und sah Archie an, dann sah er auf
den nun kahlen Fleck Erde.
    »Ich hole die Schaufeln«, sagte einer der Freiwilligen des
Rettungsdienstes und stapfte geräuschvoll los.
    Archie betrachtete den Schlamm. Er war grob, voller Kiesel und
Erde. Archie hob einen Kiesel auf und rollte ihn zwischen den Fingern.
Er war leicht und porös. Er berührte ihn mit der Zunge.
    »Wieso stecken Sie den Stein in den Mund«, fragte Susan.
    »Es ist kein Stein«, erwiderte Archie. Steine waren kompakt
und würden nicht an Speichel kleben bleiben. Das hier war porös. »Es
ist Knochen.«
    Cody winselte und zerrte an seiner Leine.
    Archie sah den Hund an. Alles, was Knochen derart klein
häckselte, würde keine Haare übrig lassen, wie sie in dem Nest waren.
Es gab noch eine Leiche. »Lassen Sie ihn los«, sagte er zu Ellen.
    Sie löste Codys Leine, und der Hund sauste mit gesenkter Nase
los, bis er sich rund zehn Meter weiter oben am Hang wieder
niederkauerte.
    Archie griff nach seiner Taschenlampe und krabbelte dem Tier
nach; er nahm die anderen hinter sich, deren Lampen im Dunkeln auf und
ab tanzten, kaum wahr. Der Hang war hier dicht von Farnen bestanden,
die in ihrer gewaltigen Größe fast urzeitlich wirkten. Er zog sich nach
oben, indem er jeweils eine ganze Hand voll Farnwedel packte. Ihre
winzigen Samen klebten an seinen Händen. Als er bei Cody war, kniete er
neben ihm nieder, und der Hund schleckte ihm das Gesicht ab. Dann
winselte das Tier wieder und stieß mit der Nase an einen großen Farn
neben einer durch die Hanglage krumm gewachsenen Zeder. Archie streckte
die Hand aus, drückte einen Farnwedel zur Seite und leuchtete mit der
Taschenlampe darunter.
    »Siehst du etwas?«, rief Henry hinter ihm.
    »Ja«, sagte Archie.
    Das Skelett war nicht vollständig, aber es war eindeutig
menschlich. Er sah einen Fuß, von einem Rest dunkler, lederartiger Haut
bedeckt. Die Wadenknochen waren vom Knöchel aufwärts kahl genagt, was
den Fuß merkwürdig aussehen ließ, als steckte ein grotesker Schuh an
ihm. Er schwenkte die Lampe weiter unter den Farn und sah, was von
einem eingefallenen Ledergesicht übrig war, schwarze Lippen, die
rissige Haut einer Wange, eine Augenhöhle, ein halb eingedrückter
Schädel. Und daran, noch im vertrockneten Gewebe der Kopfhaut
verwurzelt, ein Gestrüpp blonden Haars.
    »Na also«, sagte Archie leise.
    Susan und Henry tauchten links und rechts von ihm auf. Susan
sank neben ihm auf die Erde, ihr Bein berührte seines. Er gewöhnte sich
allmählich daran, sie um sich zu haben.
    »Drei Leichen im Umkreis von ein paar hundert Metern«, sagte
sie und drückte den Kugelschreiber gegen das Notizbuch. »Hängen sie
zusammen?«
    »Vielleicht«, sagte Archie. »Vielleicht auch nicht.« Er
blickte in den dunklen Wald hinauf. Es hatte aufgehört zu regnen, die
Wolkendecke war aufgerissen und gab den Blick auf eine helle Mondsichel
frei. In der Ferne, am Waldrand, konnte er das Licht eines Hauses sehen.
    »Stell fest, wer da wohnt«, sagte er zu Henry. »Und dann stell
fest, ob es dort eine Holzhäckselmaschine gibt.«

_11_
    S usan trottete hinter Henry her. Der
amtliche Leichenbeschauer war eingetroffen, unmittelbar hinter der
Spurensicherung und einem runden Dutzend anderen Polizisten. Der
Fundort war beleuchtet und abgeriegelt worden, und die Knochenschnipsel
wurden mithilfe von Sieben von der Erde getrennt. Susan durfte nicht
hinter die Absperrung, und Archie war zu beschäftigt, als dass er reden
konnte, und so hatte sie beschlossen, Henry zu folgen. Nicht, dass er
sie dazu eingeladen hätte.
    »Hör zu«, sagte sie am Handy zu Ian. »Ich kann reinkommen. Ich
kann in einer Stunde da sein.« Sie sah auf die Uhr, aber es war so
dunkel, dass sie nichts erkannte, deshalb hielt sie das Handy an ihr
Handgelenk und las die Uhrzeit im Schein der LCD-Anzeige ab. 22.00 Uhr.
Die Ausgaben für außerhalb gingen um 23.00 Uhr in Druck, aber die
Morgenausgabe für die Stadt erst ab 2.00 Uhr. Sie hatte noch genügend
Zeit. Außerdem wollte sie Ian im Augenblick bei Laune halten, zumindest
bis die Geschichte über Molly und Lodge erschienen war.
    Henry eilte die lange Betontreppe hinauf, die aus dem Park
zurück in die Stadt führte. Wollte er sie abhängen?
    Sie hielt das Handy wieder ans Ohr. »Wir bringen eine
Doppelseite über Lodges Tod. Acht Artikel«, sagte Ian. »Ich kann dich
auf die Titelseite der Stadtausgabe bringen, in der unteren Hälfte.«
    »In der unteren

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