Grazie
drückte, nur auf Gretchen. Er nahm Claires Hand auf seiner
Schulter wahr. Er sah Susan Ward ihr Notizbuch öffnen und einen
Kugelschreiber ans Papier halten. Er sah Henry an seinem eigenen Handy,
über das er Befehl gab, den Anruf auf Archies Gerät zurückzuverfolgen.
Sie würden zwei Minuten dafür brauchen, wenn sie übers Festnetz anrief
und kein Handy-Betreiber eingeschaltet werden musste. Archie sah auf
seine Uhr und begann zu zählen.
Es war 10.46 Uhr.
»Haben sie dich schon unter Bewachung?«, fragte Gretchen.
Archie schluckte schwer. »Gretchen, Sie müssen sich stellen.«
Er konnte sie beinahe durch das Telefon lächeln hören. »Du
wirst mich vermissen, nicht wahr? So wie ich dich vermisst habe.« Ihre
Stimme wurde kalt. »All die Sonntage, die du weggeblieben bist.«
»Ich werde Sie besuchen«, sagte Archie. Sein Magen brannte,
sein Kopf schmerzte. »Ich will es, das wissen Sie.«
»Leere Versprechungen.«
Archie sah Henry noch immer telefonieren. Er musste dafür
sorgen, dass sie weitersprach. Er tastete nach der Pillendose in seiner
Tasche, entnahm ihr vier Tabletten und steckte sie in den Mund. Claire
reichte ihm ein Glas Wasser von seinem Schreibtisch, und er schluckte
sie. »Haben Sie die Vergewaltigung vorgetäuscht?«, fragte er Gretchen.
»Nein«, sagte sie. »Ich habe ihm nur gezeigt, wozu er fähig
ist.«
Archie dachte an das Herz, das im Gefängnis auf den Spiegel im
Waschraum gemalt war. »Haben Sie ihn getötet?«, fragte er. Er gab
Claire das Wasserglas zurück, und sie stellte es wieder auf den
Schreibtisch, neben das Foto von Heather Gerber. Es war 10.47 Uhr.
»Spielt das eine Rolle?«
Archie wusste, es war nur der Anfang. Wenn Gretchen draußen
war, würde das Gemetzel jetzt erst beginnen. »Der vermisste Deputy?«
»Tot. Tot. Tot.«
»Stellen Sie sich«, sagte Archie. Er drückte die Fingerspitzen
gegen die rechte Schläfe, um das Hämmern zu stoppen. Susan machte
Notizen, sie schrieb alles mit. Es war ihm egal. »Ich werde tun, was
Sie wollen«, sagte er.
»Du weißt, was ich will.«
»Sagen Sie es.«
»Ich will dich«, sagte sie. »Ich habe immer dich gewollt.«
Der warme Pulsschlag unter seinen Fingern beschleunigte sich.
Er drückte fester dagegen. »Ich kann nicht.«
»Ich würde gern den ganzen Tag mit dir reden, Liebling. Aber
ich muss Schluss machen. Es ist fast Zeit für die große Pause.«
10.48 Uhr. Archie blickte auf. Henry war am Telefon, und
Archie sah, wie sich sein Gesicht rötete. Sie wussten, wo sich
Gretchens Münztelefon befand. Henry legte auf, tippte eine neue Nummer
in sein Handy und begann zu sprechen. »Hier ist Detective Henry Sobol
vom Portland Police Department. Haben Sie ein Verfahren zur Stilllegung
der Schule? Okay, ich möchte, dass Sie die Schule sofort stilllegen.«
Archie wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinem eigenen
Telefon zu. »Gretchen?«, fragte er. »Wo sind Sie?«
Er hörte Henry im Befehlston fortfahren. »Wir haben Grund zur
Annahme, dass Ben und Sara Sheridan in Gefahr sind. Wissen Sie, wer
Gretchen Lowell ist? Wir glauben, dass sie sich im Schulgebäude
aufhält.«
Archie hatte ein Gefühl, als löste er sich von seinem Körper.
Er wusste nicht, ob die Wirkung der Pillen einsetzte, oder ob es
einfach der Schock war. Aber eine friedvolle Taubheit nistete sich in
seinem Kopf ein und machte sein Denken dunkel und schwer. Das alles
ergab keinen Sinn. Gretchen konnte nicht entkommen sein. All das konnte
nicht wirklich geschehen.
Er hörte Henry immer noch. »Sie ist, und ich kann das nicht
genug betonen, sehr gefährlich. Nähern Sie sich ihr auf keinen Fall.
Schließen Sie einfach alle Klassenzimmer. Lassen Sie niemanden in die
Nähe der Kinder. Polizeieinheiten sind auf dem Weg zu Ihnen.
Verstanden? Gut.«
»Gretchen?«, sagte Archie wieder. Die Taubheit verflog, der
Verstand setzte ein. Seine Hand krallte sich um das Mobiltelefon.
»Ich bin nur an ihnen interessiert«, sagte Gretchen mit
süßlicher Stimme, »weil sie mich an dich erinnern.« Und dann hörte er
es durch das Telefon. Das fünfmalige Läuten der Schulglocke, das Signal
zur Stilllegung der Schule. Sie war in der Schule seiner Kinder. Sie
würde sie töten. Sie würde das Letzte töten, was noch zählte.
»Auf Wiedersehen, Liebling«, gurrte sie, dann war das Telefon
tot.
Susan sah das Gerät aus Archies Hand fallen. Es war leicht und
hüpfte vom Teppich hoch, ehe es auf der Seite liegen blieb. Das blaue
LCD-Licht blieb noch eine Weile an und ging
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