Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Euch meine Wertschätzung zu zeigen?«
»Gold und Schmuck sind keine Kleinigkeiten«,
wandte Lewis entschieden ein. »Nicht, soweit es
mich angeht. Und diese … Modesachen, die Ihr mir
aufzuzwingen versucht, wären an mir ohnehin ver
schwendet. Ich habe keinerlei Stilgefühl. Alle Welt
weiß das. Jedes Mal, wenn ich bei Hofe etwas Gutes
trage, mache ich den Eindruck, ich hätte es gemietet.
Und ich würde mich wirklich nicht wohl fühlen,
wenn Ihr so viel Geld für mich ausgebt.«
»Das hier? Das ist doch gar nichts, Darling. Ich
bin reich, Lewis, reicher als Ihr Euch überhaupt vor
zustellen vermögt. So was erreicht man nun mal
durch Tantiemen aus dem ganzen Imperium. Jährlich
müssen meine Buchhalter ganz neue Disziplinen der
Mathematik erfinden, nur um den Einnahmen folgen
zu können. Ich könnte dieses ganze Geschäfte aus
der Portokasse erwerben, und ich tue es vielleicht
auch, wenn mir dieser Vizedirektor weiter so ins De
kolletee starrt. Bittet gestattet mir, etwas für Euch zu
kaufen, Lewis. Das ist nur Kleingeld für mich, Dar
ling, wirklich!«
»Für mich nicht«, sagte Lewis.
Jesamine musterte ihn scharf, als sie einen Unter
ton bei ihm bemerkte. Sie betrachtete lange sein fins
teres Gesicht und gab dann allen entschlossen das
Zeichen, auf Distanz zu gehen und ihnen beiden mehr
Privatsphäre einzuräumen. Die Angestellten des Ge
schäfts fielen fast über die eigenen Füße, als sie ge
schwind das Weite suchten, und sogar Jesamines ei
gene Leute fanden an ganz anderer Stelle im Geschäft
plötzlich Dinge, die ihnen interessant erschienen. Je
samine bannte nun Lewis mit stählernem Blick.
»Redet mit mir, Lewis! Es gibt da etwas, was Ihr
mir nicht sagt. Etwas, das ich nicht weiß. Und ich
hasse es, wenn ich etwas nicht weiß. Wo liegt hier
das Problem? Das wirkliche Problem?«
Lewis gab sich, seines Stolzes willen, große Mühe,
ihr ausweichend zu antworten, aber Jesamine drängte
ihn mit dem Rücken in den nächsten Winkel und
verhörte ihn gnadenlos, und endlich gab er auf und
erläuterte ihr seine derzeitige finanzielle Lage. Jesa
mine war ehrlich erschrocken, aber es dauerte nur
einen Augenblick, bis sie von offenem Unglauben zu
weißglühendem Zorn wechselte.
»Ich dulde nicht, dass mein Champion so behan
delt wird! Das ist eine Beleidigung! Ein Skandal!
Das Parlament wird Euch jeden Pfennig zahlen, den
Ihr wert seid, oder ich überrede Douglas …«
»Nein, das werdet Ihr nicht!«, erwiderte Lewis,
nicht weniger scharf im Ton. »Douglas hat derzeit
ganz eigene Probleme im Parlament. Er kann nicht
gebrauchen, dass ich es für ihn noch schlimmer ma
che. Es gibt Leute, die meine … zwiespältige Positi
on als Waffe nutzen würden, um Douglas’ Stellung
zu untergraben, und das dulde ich nicht! Ich lasse
mich nicht benutzen, um meinem Freund wehzutun.
Das ist mein Problem. Und ich kläre es auch.«
»Na ja, warum … überweise ich Euch dann nicht
etwas?«, fragte Jesamine. »Als Vorauszahlung auf
Euer künftig höheres Gehalt? Nur zur Überbrü
ckung?«
»Lieber nicht«, erwiderte Lewis vorsichtig. »Ich
denke nicht, dass das angemessen wäre. Man könnte
es … falsch verstehen.«
Jesamine schniefte laut. »Männer! Keinen prakti
schen Knochen im Leib, keiner von ihnen. Ich war
mein Lebtag nie angemessen und habe jede Minute
genossen. Also, ich darf Euch keine Geschenke ma
chen, Euch kein Geld leihen …« Sie brach ab und
lächelte strahlend. »Darf ich Euch wenigstens in die
nächste anständige Teestube ausführen und Euch ei
ne nette Tasse mit etwas Heißem und Erfrischendem
spendieren? Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht,
Liebling, aber ich sterbe vor Durst!«
»Na ja«, gab Lewis nach. »Eine Tasse Tee … das
wäre jetzt sehr nett.«
»Gut«, sagte Jesamine. »Das hätten wir geklärt.
Falls Ihr richtig nett seid, lasse ich mich nicht lum
pen und spendiere Euch zusätzlich noch Milch und
Zucker.«
Natürlich kam für Jesamine Blume nur die beste
Teestube in Frage. Die Earl-Grey-Teestube öffnete
extra für sie früher als sonst, damit sie und Lewis
unter sich waren. Jesamine wies ihre Leute an, drau
ßen zu bleiben, angeblich aus Gründen der Sicher
heit, aber im Grunde, damit Lewis und sie etwas Zeit
zu zweit hatten. Sie marschierte in den Hauptgäste
saal, als gehörte ihr der Laden oder plante, es ihn zu
erwerben, warf ihren unanständig teuren Pelzmantel
in die generelle Richtung der nervösen Garderoben
frau und nahm treffsicher
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