Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
mit erns
ten Schwierigkeiten. Nicht von einem Haufen Zivi
listen. Sie gaben die Nachricht auf dem KommKanal der Paragone weiter, und bald waren alle zum
Parlament unterwegs und sammelten unterwegs
Nachzügler ein. Zu Fuß und auf Gravoschlitten
stürmten sie die Straßen entlang, und die Purpurmän
tel flatterten kühn im auffrischenden Wind.
Die Ausläufer des Pöbels entdeckten die anrü
ckenden Paragone, und die Nachricht verbreitete sich
rasch unter den Demonstranten. Das Geschrei legte
sich auf beiden Seiten sofort, und eine bedrohliche
Stille folgte. Die Paragone marschierten in geschlos
sener Formation an, die größte Ansammlung von
Helden, die die Stadt je gesehen hatte, begleitet von
einer Handvoll Gravoschlitten über ihren Köpfen.
Sie näherten sich zuversichtlich den schweigend war
tenden Demonstranten und stoppten erst wenige Me
ter vor ihnen, um die Stimmung der Menge zu er
kunden. Das war es nicht, womit sie gerechnet hat
ten. Die Zivilisten wirkten keinesfalls eingeschüch
tert durch die Präsenz so vieler Paragone, wie sie es
eigentlich hätten sein sollen. Die Paragone blickten
einander unsicher an, bis sich schließlich Veronika
Mae Grausam einen Weg nach vorn bahnte. Ein
Murmeln lief durch die Menge. Die Leute erkannten
Veronika Mae. Sie kannten ihren Ruf. Sie stand vor
ihnen, die Hände am Waffengürtel, den Kopf hoch
erhoben, die Schottenmütze in der üblichen kühnen
Schräglage.
»In Ordnung, Leute«, sagte sie, und ihre Stimme
klang klar und deutlich durch die Stille. »Das ist weit
genug gegangen. Zeit, Feierabend zu machen und
nach Hause zu gehen, bevor noch jemand zu Schaden
kommt. Falls jemand ein aufrichtiges Anliegen hat,
dann garantiere ich im Namen der Paragone, dass wir
für eine faire Anhörung sorgen werden. Aber das hier
ist nicht der richtige Weg, und ihr wisst es. Also
sucht euch eine Straße aus und geht los, oder es wird
Ärger geben. Und ihr möchtet doch keinen Ärger,
nicht wahr?«
Jemand feuerte tief in der Menge einen Disruptor
ab, und der Energiestrahl riss ihr glatt den Kopf von
den Schultern. Die Paragone schrien vor Schreck und
Entrüstung auf und zogen die Waffen. Sie drängten
vor und stürzten sich in die Menge, entschlossen, den
Schützen zu fassen. Einige der Militanten wehrten
sich, und plötzlich schien es, als würde jeder hier
Strahlenwaffen abfeuern, Und Menschen stürzten tot
oder verletzt zu Boden. Die Menge hatten sich in ei
nen Mob verwandelt, schier hysterisch vor Angst und
Wut, und die Paragone dachten an nichts anderes
mehr, als ihre Gefallenen zu rächen; und so ging al
les ruckzuck zum Teufel.
Im Parlament verfolgten der König und die Abge
ordneten entsetzt das Geschehen, als sich der Pöbel
gegen seine angeblich geliebten Helden wandte und
die Paragone mit schier jeder Waffe angriff, vom
Prügel bis hin zum Disruptor. Die Paragone kämpf
ten gut und heftig und bahnten sich eine blutige
Schneise durch den Pöbel, waren jedoch gewaltig in
Unterzahl. Schon lagen tote Paragone auf dem Bo
den, und die Leichen wurden getreten und niederge
trampelt. Douglas kannte einige der Gesichter.
»Oh Jesus!«, klagte Lewis. »Was habe ich getan?«
»Es war nicht deine Schuld«, sagte Jesamine
rasch. »Das konntest du nicht ahnen. Niemand konn
te es ahnen.«
»Tiere«, sagte Douglas. »Es sind nur Tiere.«
Lewis wandte sich ihm zu. »Ruf in der Kaserne
an. Ruf die Soldaten.«
Douglas sah ihn benommen an, fast geistesabwe
send. »Was? Lewis … warum tun sie das? Wir haben
sie immer beschützt …«
»Ruf die Armee«, sagte Lewis. »Mach dem ein
Ende, ehe es sich ausbreitet …«
»Jetzt mal langsam«, mischte sich Meerah Puri
ein. »Wir haben noch keinen Beschluss gefasst, die
Armee zu rufen. Wir möchten die Lage doch nicht
schlimmer machen.«
»Richtig«, pflichtete ihr Michel du Bois bei. »Wir
müssen darüber erst diskutieren. Möchten wir wirk
lich, dass Soldaten das Feuer auf Zivilisten eröffnen
wie zu Zeiten Löwensteins?«
»Nur für den Fall, dass Ihr nicht aufgepasst habt:
Da draußen werden Paragone niedergemetzelt!«,
hielt ihm Lewis entgegen. »Das sind keine Zivilisten
mehr, sondern Terroristen. Nicht besser als Elfen.
Wir haben keine Zeit mehr für Debatten. Ruft die
Soldaten rasch, oder wir erleben ein Massaker!«
Alle Abgeordneten meldeten sich gleichzeitig zu
Wort, erschüttert und verstört von dem, was sie sa
hen. Jeder hatte eigene Vorstellungen davon, was
jetzt zu tun wäre,
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