Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
schnell nie
dergeschrien. Das Hohe Haus wollte seine Helden
zurückhaben. Wollte sich wieder unter dem Schutz
der Paragone sicher fühlen. Und sie alle brachten ein
gesundes Verständnis für die Attraktivität einer guten
Parade auf. Gute Publicity und gute Gefühle, die von
der Parade ausgingen, würden auch auf das Hohe
Haus abfärben. Der Vorschlag des Königs wurde mit
riesiger Mehrheit angenommen und verabschiedet.
Und dann zankten sie sich für den Rest der Debat
te heftig darüber, wer die Kosten zu tragen hatte.
Lewis und Jesamine lagen nackt auf der Matratze,
die Lewis auf dem Fußboden seines weitgehend lee
ren Schlafzimmers ausgebreitet hatte, und hielten
sich eng umschlungen. Sie lächelten einander an und
sonnten sich im Nachglühen einer sehr glücklichen
Zeit, während der Schweiß auf ihren Leibern noch
kühlte und allmählich verdampfte. Nichts ging dar
über, Sex zu verzögern, ihn sich eine Zeit lang zu
versagen, um ihn dann wirklich wild zu gestalten. Es
musste in Lewis’ Wohnung geschehen. Sie konnten
es nicht wagen, gemeinsam bei Jesamine zu erschei
nen, und sie fanden in der ganzen Stadt auch kein
Hotel, dessen Personal nicht sofort an der Strippe zu
den Regenbogenmedien gehangen hätte, also …
sorgten Jesamines persönliche Sicherheitsleute für
Ablenkungsmanöver, bei denen auch die offizielle
Doppelgängerin eine Rolle spielte, um die Medien
meute wegzulocken, die Jesamine auf Schritt und
Tritt verfolgte. (Wenn Lewis bedachte, wie glatt das
alles gelaufen war, dann hatte er das starke Gefühl,
dass die Leute damit reichlich Übung hatten, aber er
sagte nichts dazu.) Und so schlichen sie beide sich
gänzlich unbeobachtet in Lewis’ Wohnung, und Je
samine führte auch einen ESP-Blocker in der Hand
tasche mit, damit wirklich niemand mithören konnte.
Sie war nicht bereit, ein Risiko einzugehen. Lewis
war von ihrer Gründlichkeit beeindruckt.
Sie suchten schnurstracks das Schlafzimmer auf
und blieben dort.
Schließlich saßen sie nebeneinander, lehnten sich,
immer noch nackt, an die kahle Wand und verspeis
ten Eiscreme der Marke »Tödliche Süßigkeiten« aus
demselben Becher, jeder mit einem eigenen Löffel.
(Lewis war im letzten Augenblick eingefallen, beide
erst zu spülen.) Hin und wieder schnipsten sie sich
gegenseitig mit ein bisschen Eis voll und quietschten
und lachten und rangelten spielerisch. Lewis war nie
glücklicher gewesen, aber trotzdem …
»Wir können nicht mehr lange hier bleiben«, sagte
er bedauernd. »Die heutige Plenarsitzung muss inzwi
schen begonnen haben. Du müsstest anwesend sein,
und ich sollte es im Grunde auch. Das Haus darf nicht
auf die Idee kommen, es bestünde ein Riss zwischen
dem König und seiner angehenden Königin. Die Ab
geordneten würden auf jeden Fall versuchen, daraus
einen Vorteil zu schlagen. Und ich müsste heute ei
gentlich dabei sein, weil Douglas seinen Vorschlag
für eine Paragon-Parade in der Stadt vorlegen möchte.
Von mir wird erwartet, diese Parade anzuführen.«
»Das solltest du auch tun«, fand Jesamine und
leckte Eiscreme von der Rückseite ihres Löffels.
»Douglas hat mir davon erzählt. Gute Idee. Hervor
ragendes Theater. Genau das, was die Paragone
brauchen, und die Stadt auch, was das anbelangt. Al
le Welt liebt Paraden!«
»Ziemlich überraschend ist dabei, dass die Idee ur
sprünglich von Finn stammt. Er hat sie dem König
persönlich vorgelegt und hatte dabei die meisten
Einzelheiten schon ausgearbeitet, die beste Route
und all das. Schön zu sehen, dass er sich wieder en
gagiert. Er ist viel zu wertvoll, um sich in einer län
geren Schmollphase zu vergeuden. Vielleicht hat es
ihn wieder aus dem Schneckenhaus gelockt, dass er
mit Emma Stahl eine neue Partnerin hat.«
»Ah!«, sagte Jesamine. »Die berüchtigte Emma
Stahl! Möglicherweise die einzige Frau im Imperi
um, die fast so berühmt ist wie ich. Wie ist sie denn
so?«
Lewis überlegte kurz und rührte dabei mit dem
Löffel müßig am Boden des jetzt leeren Eisbechers
herum. »Beeindruckend. Sogar einschüchternd. Gut
in ihrem Job und wenig tolerant gegenüber Idioten.
Genau das, was diese Stadt braucht.«
»Jeder sollte erhalten, was er braucht«, fand Jesa
mine spröde.
Lewis lachte, stellte den Eisbecher weg und drück
te Jesamine an sich. Sie lehnten sich glücklich anein
ander, und ihnen war derzeit noch nicht danach, et
was anderes zu tun oder irgendwohin zu gehen. Sie
fühlten sich wohl und entspannt,
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