Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
das Dokument
und verschwand dann wieder. Der Roboter betrachte
te Lewis nachdenklich. »Unsere Sensoren melden,
dass der Ring an Eurem Finger in jeder Einzelheit
der Beschreibung entspricht, die uns von Owens
Ring vorliegt. Der, wie Ihr sagtet, mit Owen ver
schwunden ist. Wie konnte er jetzt wieder auftau
chen, und wer war die Person in grauer Kleidung, die
ihn Euch gab? Hat Euch ein Geist aufgesucht, um
Euch den Ring eines Toten zu überreichen?«
Ein ernstlich kalter Schauer lief Lewis über den
Rücken, aber er bemühte sich um einen heiteren Ton
fall. »Glauben Künstliche Intelligenzen an Geister?«
»Die Neugeschaffenen sind gestorben und dann zu
uns zurückgekehrt. Die Ashrai wurden ausgerottet
und wiedergeboren. Tote Welten sind wieder zu Le
ben erblüht, während wir zusahen. Wer möchte sa
gen, was möglich ist, soweit es das Labyrinth des
Wahnsinns und die von ihm verwandelten Personen
angeht? Behaltet den Ring, Lewis. Achtet auf ihn.
Sein Wiedererscheinen zu der Zeit, als der Schrecken
kam, kann kein Zufall sein. Ein Zweck verbirgt sich
dahinter und vielleicht auch das Schicksal. Die Todt
steltzers stehen von jeher mit dem Schicksal in Ver
bindung. Es ist ihre Ehre und ihr Fluch.«
Ein Gedanke kam Lewis, und er bedachte den Ro
boter mit strengem Blick. »Ihr wisst, was mit Owen
geschah! Wisst Ihr auch, was aus Hazel D’Ark ge
worden ist?«
»Nein, Lewis, das weiß niemand. Das ist eines der
großen Geheimnisse. Sie verschwand, als sie von
Owens Tod erfuhr. Ist mit ihrem Schiff abgereist und
wurde nie mehr von irgend jemandem erblickt. Was
nicht hätte möglich sein dürfen, wenn man bedenkt,
wie intensiv alle Welt nach ihr gesucht hat. Selbst die
übrigen Überlebenden des Labyrinths konnten sie
nicht finden. Uns bleibt nur die Vermutung … dass
Hazel D’Ark nicht gefunden werden wollte. Sie hatte
ihn sehr geliebt, wisst Ihr?«
»Ihre legendäre Liebe …«
»Ja. Sie ist vielleicht tot, vielleicht noch am Le
ben. Wir Wissen es nicht.«
»Vielleicht sollte die große Suche dazu dienen, sie
zu finden statt Owen«, überlegte Lewis. »Aber ich
denke nicht, dass ich diesen Vorschlag jetzt schon
machen sollte.«
»Wir erinnern uns an Hazel D’Ark«, sagte der Ro
boter. »An die echte Person, nicht die Legende. Sie
hat Wunder gewirkt und war ein Wunder im Kampf.
Wir erinnern uns an sie alle … jede Begegnung mit
den Überlebenden des Labyrinths ist uns nach wie
vor gegenwärtig, so frisch wie am ersten Tag. Wür
det Ihr … gern einige dieser Erinnerungen sehen?«
»Ja«, sagte Lewis, der plötzlich atemlos war und
dem das Herz in der Brust hüpfte. »Zeigt sie mir.
Zeigt wir, wie sie wirklich waren!«
Der Videoschirm erschien aufs Neue vor ihm und
zeigte Owen Todtsteltzer und Hazel D’Ark, wie sie
sich einen Weg durch die dicht bevölkerten Straßen
von Nebelwelt kämpften, damals während der Inva
sion des Planeten durch die Terrortruppen der Impe
ratorin Löwenstein. Brände loderten und Häuser
stürzten ein, während riesige Gravobarken bedächtig
ihre Bahn darüber zogen und mit Energiestrahlen
nach unten stachen, die die Nacht erhellten. Überall
liefen Menschen schreiend durcheinander und
kämpften, Soldaten und Rebellen und panische Zivi
listen. Schwerter knallten aufeinander, Schusswaffen
feuerten und Menschen lagen tot oder sterbend auf
den Straßen, oft im Getümmel niedergetrampelt.
Esper flogen durch die raucherfüllte Luft und atta
ckierten in einer Welle nach der anderen ungestüm
die Gravobarken, jeder von ihnen mit grimmigem,
tapferem, selbstmörderischem Lächeln im Gesicht.
Owen und Hazel hieben und hauten sich einen
Weg durch ganze Mauern von imperialen Marinein
fanteristen hindurch und lehnten strikt ab, sich auf
halten oder abdrängen zu lassen. Zuzeiten fochten sie
Seite an Seite, zuzeiten auch Rücken an Rücken, aber
niemand vermochte ihnen standzuhalten. Manche
Soldaten wandten sich sogar ab und flüchteten lieber,
als sich dem Todtsteltzer und der D’Ark zu stellen.
Wer immer diesen Kampf filmte, er steckte selbst im
dicksten Getümmel. Ein ums andere Mal ging die
Kamera auf Großaufnahme von Owens und Hazels
Gesicht. Und sie … wirkten gar nicht wie Legenden,
aber doch wahrhaft übermenschlich. Der dunkelhaa
rige Owen und die rothaarige Hazel mit Schweiß und
Blut auf den Gesichtern. Sie stampften und stießen
und fochten wie Dämonen, so viel stärker und
schneller und wilder als die Soldaten, die ihnen
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