Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
verstreuten, während Rose Konstantin ins Zentrum
der Arena marschierte. Gekleidet wie stets in ihr
Markenzeichen, eng sitzendes rotes Leder von der
Farbe getrockneten Blutes, von den Schaftstiefeln bis
zum Stehkragen. Ihre Haut war totenbleich, der Bu
bikopf schwarz wie die Nacht, die Augen noch dunk
ler und der Rosenmund von tiefem Scharlachrot.
Mehr als zwei Meter groß, von geschmeidiger Kraft,
mit vollen Brüsten … Brett fand, dass er noch nie im
Leben jemanden gesehen hatte, der sinnlicher oder
stärker Furcht erregend auf ihn gewirkt hätte. Dabei
war er ganz schön herumgekommen! Er sah mit of
fenem Mund zu, wie Rose Konstantin mit der tödli
chen Grazie eines Raubtiers über den Sand schritt.
Sie hielt das Schwert lässig in der Hand, als gehörte
es dorthin, ein Körperteil wie jeder andere auch.
Die Menge jubelte ihr zu, aber in dem Geschrei
lag nichts von der Wärme oder Anerkennung, die
Brett für eine Dauersiegerin im blutigen Sand erwar
tet hätte. Als die Wilde Rose zum ersten Mal auftrat,
war sie gerade fünfzehn Jahre alt, ein bösartiges klei
nes Püppchen mit unersättlichem Appetit auf jede
Art von Kampf. Sie kämpfte mit Schwert und Axt,
Energiewaffen und -Schilden, in Vollrüstung oder
splitterfasernackt, und erweckte nie den Anschein,
sie könnte mal ein Gefecht verlieren. Heute, zehn
Jahre später, war sie immer noch ungeschlagen. Sie
trat gegen jeden an, egal wie erfahren. Einst war sie
in einem Schaukampf aufgetreten, mit einer Chance
von gerade mal eins zu fünfzehn – und brachte in
weniger als zehn Minuten alle um. Das Publikum sah
Rose bluten, aber nicht zusammenzucken. Rose wur
de bewundert, aber nicht angebetet. Während ihre
Reputation stieg, wurde es immer schwieriger, Geg
ner für sie zu finden, egal wie groß die ausgesetzte
Summe war. Die Menge sah sich gern echtes Können
an, Geschicklichkeit gegen Geschicklichkeit, oder
wenigstens Mut im Angesicht schlechter Chancen.
Rose bot ihnen nicht mehr als eine sichere Bluttat.
Trotzdem strömten die Massen weiter, um ihr zuzu
sehen, der Wilden Rose der Arena: der Frau von düs
terem Zauber und grenzenloser Faszination, dem er
barmungslosen blutroten Todesengel, der die dunkle
ren, grausameren Begierden der Menge ansprach.
Heutzutage trat Rose nur noch in Sonderveranstal
tungen auf, lange voraus arrangiert und beworben,
gewöhnlich gegen mörderische Killerfremdwesen,
die der Arena-Vorstand von abgelegenen Planeten
importierte. Alles natürlich nichtintelligente Kreatu
ren, aber garantiert bösartig wie Teufel. Und die Zu
schauer strömten immer wieder und warteten dabei
auf den unausweichlichen Tag, an dem die Wilde
Rose schließlich auf einen Gegner traf, der noch
fürchterlicher war als sie. Sie wollten, ja mussten un
bedingt dabei sein, wenn sie starb, wollten sehen,
wie die Albtraumkriegerin der Arena schließlich zur
Strecke gebracht wurde. Die Menge hatte ihre Lieb
linge, aber sie sah es nicht gern, wenn einer davon
wichtiger wurde als sie selbst.
»Irgendeine Vorstellung, gegen was sie heute
kämpft?«, erkundigte sich Brett. »Im Programm steht
nichts davon, obwohl man mir, wenn ich mich recht
entsinne, versucht hat, fünf Kredits dafür abzuknöp
fen. Hier steht nur: die Wilde Rose in einem beson
deren Kampf!«
»Wo habt Ihr Euch nur versteckt?«, fragte Finn.
»Eine dumme Frage natürlich. Der Vorstand kündigt
diesen Kampf seit Monaten an, und der KartenSchwarzmarkt hat die Preise explosionsartig hochge
trieben. Der größte Kampf in der Geschichte der
Arena, wenn man dem Vorstand Glauben schenkt,
und dieses eine Mal könnte er glatt Recht haben.
Passt gut auf, Brett! Nicht mal der legendäre Mas
kierte Gladiator hat gegen so etwas gefochten!«
Die Menge stimmte inzwischen ungeduldige Ge
sänge an, aber Rose stand kühl und ruhig und völlig
gesammelt im Zentrum des Platzes. Sie lächelte lei
se, ohne dabei etwas Spezielles anzusehen. Und dann
flog das Haupttor krachend auf, und Roses ganz spe
zieller Gegner schritt ruckhaft auf den Sand hinaus.
Und die Menge wurde still. Brett hörte, wie die Zu
schauer praktisch im Chor Luft holten. Die Kreatur
stolzierte langsam ins Freie, konzentrierte sich ganz
auf Rose Konstantin, und diese hielt das Schwert ge
lassen in der Hand und wartete. Das schauerliche
Ding war über drei Meter groß und steckte in einer
Stachelbewehrten Scharlachrüstung, die irgendwie
ein Teil von ihm war und fast die gleiche Farbe auf
wies wie Roses
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