Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
auf einen Knochen, bevor es die Organe durchstieß. Das kostete eine Menge Kraft. Bei den Übungen mit den toten Rindern war es Gregor immer ein wenig mulmig geworden, aber jetzt war er dankbar für das Training. Und er war auch dankbar für das großartige Schwert, das er von Sandwich geerbt hatte. Im Vergleich zu einem gewöhnlichen Unterlandschwert war Sandwichs Schwert wie ein Steakmesser im Vergleich zu einem Buttermesser. Es ließ sich blitzschnell bewegen und glitt mit Leichtigkeit über eine Kehle, zwischen die Rippen, durch das Gelenk über einem Vorderbein. Sogar eine Reihe von Rattenzähnen konntees mit einem Streich sauber herausschlagen. Jedenfalls in Gregors Hand.
Schon bald war Gregor mit Blut besudelt, und Ares’ Fell war ganz feucht und klebrig davon, doch keiner von beiden hatte mehr abbekommen als ein paar Kratzer. Gregor brauchte nicht darüber nachzudenken, wie er mit dem Schwert umgehen sollte, fast von selbst bewegte es sich von einem Ziel zum nächsten. Und mit jedem Treffer gewann Gregor an Kraft und Zuversicht. Er verwundete viele Ratten, einige davon wohl tödlich, aber ganz sicher war er sich nicht und die Angreifer wurden nicht weniger, sondern immer mehr. Hatte er anfangs noch die Bilder von den Mäusen und seinen Lieben heraufbeschworen, um sich für den Kampf zu motivieren, so überwog nun der reine Selbsterhaltungstrieb. »Du hast wirklich keine Vorstellung davon, wie sehr sie dich hassen, nicht wahr, Überländer?«, hatte Luxa gesagt, als er ihr wegen ihrer Kriegserklärung Vorwürfe gemacht hatte. Tja, jetzt wusste er es.
»Verdammt, die wollen mich echt tot sehen!«, sagte Gregor zu Ares, als sie sich in die Lüfte erhoben, um kurz zu verschnaufen. Direkt unter ihnen lauerten zwei Dutzend knurrende Ratten.
»Fällt dir das jetzt erst auf?«, fragte Ares und Gregor hörte das seltene Huh-huh-huh, das ihm verriet, dass Ares lachte. Gregor stimmte ein. Sie waren beide merkwürdig gut gelaunt.
Tatsächlich ging es Gregor so gut wie ewig nicht. Das liegt an dem Wütergefühl, dachte er. Als er das letzte Mal gekämpft hatte, gegen die Schlangen im Dschungel, hatte er sich angeblich halb tot gegrinst und das hatte er schrecklich gefunden. Hier jedoch, mitten im Schlachtgetümmel, war es ihm egal.
Und dass auch Ares lachte … Zum ersten Mal fragte sich Gregor, ob seine Fledermaus nicht auch ein paar Tropfen Wüterblut in den Adern hatte. Oder vielleicht war es nur die Erleichterung darüber, endlich etwas tun zu können, etwas Richtiges. Das schreckliche Gefühl von Hilflosigkeit zu überwinden, das sie gelähmt hatte, als sie tatenlos zusehen mussten, wie die Mäuse erstickten.
Jedenfalls flogen sie jetzt beide hoch.
»Machen wir weiter?«, fragte Ares.
»Ja, immer drauflos«, sagte Gregor. Da fiel sein Blick auf etwas. »Nein, warte mal!«
Jetzt wirkte das Geschehen zum ersten Mal planvoll. Gregor und Ares gehörten zu einer Gruppe, die an einer Front gegen die Ratten kämpfte. Aber auf der anderen Seite der Höhle war eine weitere Schlachtlinie. Der Kampf wirbelte dort so viel Staub auf, dass man kaum etwas erkennen konnte. »Was ist da drüben los?«
Ares flog auf die Staubwolke zu und jetzt erkannte Gregor Einzelheiten. In etwa vier Metern Höhe ragte ein großer Felsvorsprung aus der Höhlenwand heraus. Unter dem äußersten Rand des Vorsprungs bildeten die Menschen eine Mauer und versuchten einen massiven Angriff der Ratten abzuwehren. Die Fledermäuse griffen aus der Luft an, sie stießen auf die Ratten nieder und rissen ihnen das Fleisch aus dem Körper.
»Es sind die Huscher! Unsere Armee versucht sie in Sicherheit zu bringen!«, sagte Ares.
Gregor blinzelte durch den Staub und konnte eine Reihe von Mäusen erkennen. Die Menschen gaben ihnen Deckung, während die Huscher an der Felswand entlang von einer Grotte zu einem Tunneleingang etwa sieben Meter entfernt trippelten. Das war allerdings ein sehr gefährliches Unterfangen, da die Menschen im Kampf auf dem Boden eindeutig im Nachteil waren. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Gregor sah, dass durch den Felsvorsprung kein Luftkampf möglich war. In dieser Höhe würden die Ratten die Fledermäuse eine nach der anderen erledigen.
Am Tunneleingang tobte die Schlacht am heftigsten. Tote Menschen und Ratten lagen übereinander. Die Menschen bildeten eine ihrer Standardformationen, den Bogen. Doch an der Spitze, an der wichtigsten Position, stand eine Ratte. Ripred. Er drehte sich so schnell um die eigene Achse,
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