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Gregor und der Schlüssel zur Macht

Gregor und der Schlüssel zur Macht

Titel: Gregor und der Schlüssel zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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der Ratten werden konnte. Offenbar brauchte Ripred Gregor auch für die Prophezeiung des Fluchs. Aber wenn Ripred Gregor nicht mehr brauchen konnte, würde er ihn dann im Zweifel opfern?
    Gregor konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, als er die Treppen hinaufging, die, wie er hoffte, zu seinem Zimmer führten. Es war sehr spät hier unten – vermutlich etwa so spät wie gestern, als er in die Stadt gekommen war – und alle schliefen. Er konnte den Weg nicht finden und sah niemanden, den er hätte fragen können. Als er herumirrte und nach einer Wache Ausschau hielt, stand er plötzlich vor der Holztür, die zu dem Raum mit Sandwichs Prophezeiungen führte.
    Die Tür stand einen Spalt offen. Das war merkwürdig; Gregor dachte, sie sei immer verschlossen. Es musste jemand drin sein.
    Er stieß die Tür weiter auf und trat ein. »Hallo? Ist hier jemand?«
    Zuerst dachte er, der Raum sei leer. Das Licht unter der Prophezeiung des Fluchs brannte noch immer, aber niemand stand davor. Dann hörte er ein schwaches Rascheln in der hinteren Ecke, und sie trat ins Licht.
    »Oh!« Gregor fuhr zusammen, weil sie so gespenstisch aussah. Er hatte Nerissa erst einmal gesehen. Damals hatte sie ihren Bruder Henry verabschiedet, als sie zur Suche aufbrachen. Er wusste noch, dass sie sehr dünn war und einen nervösen Eindruck machte. Sie hatte ihm eine Kopie der grauen Prophezeiung mit auf die Reise gegeben. Luxa hatte etwas davon erzählt, dass sie in die Zukunft blicken konnte.
    Wenn sie damals dünn gewesen war, so war sie jetzt ausgezehrt. Riesig und hohl wirkten ihre Augen im Schein der Fackel. Wo Luxa lila Ringe unter den Augen hatte, wurden Nerissas durch dunkelpurpurne Halbmonde betont. Das Haar, das ihr bis weit über die Taille fiel, war zerzaust. Obwohl sie in einen dicken Mantel gehüllt war, schien sie zu frösteln.
    »Oh, das tut mir leid. Ich wollte nicht … ich wollte nur … Ich habe nur meinen Schlaf gesucht … ich meine, das Zimmer, wo ich schlafe. Mein Schlafzimmer. Entschuldigung.« Gregor wandte sich zum Gehen.
    »Nein, warte, Überländer«, sagte Nerissa mit bebender Stimme. »Warte einen Moment.«
    »Oh, na gut, klar«, sagte Gregor und wünschte sehnlichst, er könnte von hier verschwinden. »Und, wie geht’s dir so, Nerissa?«, fragte er und erschrak über seine eigenen Worte. Wie sollte es ihr schon gehen?
    »Ich hatte keine gute Zeit«, sagte Nerissa matt. Aber sie sagte es ohne Selbstmitleid, was es irgendwie noch trauriger machte.
    »Das mit deinem Bruder, mit Henry, das tut mir leid«, sagte Gregor.
    »Es ist wohl besser, dass er tot ist«, sagte Nerissa.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Gregor, verblüfft über ihre Offenheit.
    »Wenn wir bedenken, wie es andernfalls gekommen wäre«, sagte Nerissa. »Wäre es ihm gelungen, sich mit den Nagern zu verbünden, wären wir alle tot. Du, deine Schwester, dein Vater. Mein ganzes Volk. Auch Henry. Doch natürlich vermisse ich ihn sehr.«
    So schwach Nerissa auch wirkte, sie scheute sich jedenfalls nicht, den Tatsachen ins Auge zu blicken. »Weißt du, warum er es getan hat?«, fragte Gregor vorsichtig.
    »Er fürchtete sich. Das weiß ich. Und ich glaube, dass er im tiefsten Innern dachte, ein Bündnis mit den Nagern würde ihm die ersehnte Sicherheit geben«, sagte Nerissa.
    »Da hat er sich getäuscht«, sagte Gregor.
    »Wirklich?«, sagte Nerissa und lächelte. Das machte es noch unheimlicher.
    »Dachte ich. Du hast doch gerade selbst gesagt … wenn es so gekommen wäre, wie er wollte, wären wir alle tot?«, sagte Gregor. Vielleicht war sie doch irgendwie verrückt.
    »O ja. Seine Methoden waren zweifellos verfehlt.« Nerissa verlor das Interesse an dem Gespräch und ging zu der Prophezeiung des Fluchs hinüber. Sie streckte den Arm aus und fuhr mit den knöchrigen Fingern über die Buchstaben, als läse sie Blindenschrift. »Und wie steht es mit dir, Krieger? Bist du bereit, dich dem Fluch zu stellen?«
    Der Fluch. Ripred hatte etwas von dem Fluch gesagt. »Du meinst … der Prophezeiung?«, fragte Gregor verwirrt.
    »Hat Vikus es dir nicht erzählt? Wir nennen die weiße Ratte ›den Fluch‹«, sagte Nerissa.
    »Ach so«, sagte Gregor. »Tja, die Ratte. Vikus sagt, ich bin eine Bedrohung für sie oder so. Ich soll euch helfen, sie zu töten.«
    Nerissa sah verwirrt aus. »Uns helfen? O nein, Gregor, du musst ihr das Licht rauben. Sieh nur, hier steht es geschrieben.« Ihre Finger fuhren schnell über eine Zeile auf der Mauer.
    Raubt

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