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Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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einfiel.
    Gregor ging zu Nike. »Dann fliegen wir beide also zusammen?«, fragte er.
    »Wenn du nichts dagegen hast«, sagte Nike. »Ich bin nicht so groß und stark wie Ares, doch ich bin recht wendig.«
    »Du bist genau richtig«, sagte Gregor. Sie brauchte sich ihm nicht anzupreisen. Niemand konnte Ares ersetzen, doch Nike war bestimmt eine gute Fledermaus. Plötzlich war Gregor erschöpft. Er hatte in der Nacht von Samstag auf Sonntag kein bisschen geschlafen, inzwischen musste es Sonntagabend sein. »He, Nike, hast du was dagegen, wenn ich ein wenig schlafe?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Nike. Gregor setzte sich den Rucksack auf, damit er nicht verloren gehen konnte, und legte sich auf die Seite. Der Weinschlauch mit den Shrimps in Sahnesoße gab ein brauchbares Kopfkissen ab. Er streckte die Arme aus und Dulcet legte Boots neben ihn. Temp krabbelte zu ihren Füßen.
    »Falls wir noch fliegen, wenn Boots aufwacht, weckst du mich dann, Temp?«, sagte Gregor.
    »Weck ich dich, wenn sie wach, weck ich dich«, sagte Temp, was Gregor als ein Ja deutete.
    »Fliege hoch, Gregor der Überländer«, sagte Dulcet.
    »Fliege hoch, Dulcet«, sagte Gregor, und als Nike sich in die Lüfte erhob, schlang er die Arme fest um Boots und schlief ein.
    Als er aufwachte, lag er auf Stein, den Weinschlauch immer noch unterm Kopf. Jemand hatte eine Decke über ihn gebreitet, obwohl er die eigentlich nicht brauchte. Es war warm. Seine Arme waren leer, doch er hörte Boots auf Temp einschwatzen.
    Es roch nach Essen. Gregor drehte sich um und sah ein Feuer, über dem mehrere große Fische gegrillt wurden. Die Fledermäuse hatten sich zusammengekauert und schliefen. Die Menschen und Ratten standen in kleinen Gruppen beisammen und redeten. Boots ritt auf Temp herum und spielte mit ihm ein einfaches Ballspiel, bei dem sie einem Ball nachliefen, den Boots irgendwohin warf.
    Sie befanden sich auf einer großen Lichtung, um sie herum war schemenhaft dichter Dschungel zu erkennen. Gregor holte eine Taschenlampe aus dem Rucksack und leuchtete durch die Bäume. Nein, es waren keine Bäume. Es waren Lianen. Lianen, dick wie Taue, die ineinander verschlungen waren und sich hoch emporrankten. Aus den Lianen kam ein leicht mechanisches Summen. Es knackte und surrte und pochte. Der ganze Dschungel lebte.
    Gregor setzte sich auf und sah ein paar Meter vor sich einen Stapel blanker weißer Knochen. Erst hielt er es für einen von Ripreds makaberen Scherzen, doch als er mit der Taschenlampe herumleuchtete, sah er, dass überall Skelette herumlagen. Sie waren also schon am Tantalusbogen angekommen. Ja, dort am Rand des Dschungels entdeckte Gregor einen Gesteinshaufen, dessen Form an einen Bogen erinnerte. Die Steine sahen wacklig aus, als könnten sie leicht jemandem auf den Kopf fallen, der so dumm wäre, unter ihnen hindurchzugehen. Kein Wunder, dass niemand hierherkommen wollte. Gregor hoffte, dass Nerissa recht behielt.
    »Das Ganze ist lächerlich«, hörte er Lapblood sagen. »Wir sitzen hier und schreien geradezu danach, gefressen zu werden, und wofür? Nur um der Laune irgendeiner Irren zu folgen.«
    »Sie ist keine Irre«, sagte Vikus.
    »Nun ja, aber ganz richtig im Kopf ist sie auch nicht. Weißt du noch, als sie dir erzählt hat, ich hätte mich mit einem Heer von Hummern verschworen, um den Quell zu erobern?«, sagte Ripred.
    »Du hast doch wirklich versucht, den Quell mit einem Heer von Hummern zu erobern«, sagte Vikus.
    »Ja, natürlich, aber das war, Jahre bevor Nerissa überhaupt auf die Welt kam. Sie gleitet in die Zeit hinein und wieder heraus wie ein Fisch in seichtem Gewässer. Wer sagt uns, dass dieser Führer, wer auch immer das sein soll, nicht schon vor drei Tagen aufgetaucht ist? Oder vor drei Jahren?«, sagte Ripred.
    »Sie haben recht, Vikus. Hier fordern wir das Schicksal heraus«, sagte Solovet. »Und wie sollte Nerissa uns einen Führer besorgt haben? Sie sieht doch kaum eine Seele.«
    Gregor fragte sich, was mit Vikus und Solovet los war. Nie waren sie einer Meinung.
    »Nur noch eine Weile«, sagte Vikus mit Bestimmtheit. »Dann trennen wir uns.«
    »Ich werfe in den Himmel!«, kreischte Boots.
    Gregor drehte sich um und sah, wie sie den Ball hoch in die Luft warf. Tja, den Ball haben wir wohl zum letzten Mal gesehen, dachte er. Er verfolgte ihn mit dem Schein der Taschenlampe, während er in den Dschungel flog.
    Er hatte recht. Der Ball verschwand. Aber nicht in den verschlungenen Lianen, wie er angenommen hatte.

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