Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
Vom Netzwerk:
aussahen wie ein Ehepaar.
    Boots nahm erfreut ihren Ball entgegen. Gregor erinnerte sich daran, wie Luxa den Ball festgehalten und so getan hatte, als wollte sie ihn Boots wegnehmen. »Du musst entweder stärker oder schlauer sein als ich.« Doch Hamnets Hand öffnete sich bereitwillig, als Boots den Ball nahm.
    »B wie Ball«, sagte sie grinsend.
    »Und S wie schlau. So wie du«, sagte Hamnet und pikste ihr leicht in den Bauch. Sie kicherte und schaute hoch zu Temp, der immer noch mit den Lianen kämpfte, in denen er sich verheddert hatte.
    »Temp! Komm runter! Ball wieder da!«, rief Boots.
    »Ohhh …«, stöhnte Temp. Hamnet langte hoch und befreite Temps Flügel aus den Reben. Dann setzte er den Krabbler auf den Boden.
    »Und was ist das für ein wagemutiger Krabbler, der einem Zischer ins Gesicht fliegt?«, fragte Hamnet.
    »Ich bin Temp, bin ich«, sagte Temp und legte die Flügel wieder ordentlich an. Boots kletterte zurück auf seinen Rücken und warf den Ball. Dann spielten sie weiter und scherten sich nicht mehr darum, dass gerade ein Fremder mit einer Riesenechse aus dem Nichts aufgetaucht war.
    Hamnet drehte sich um und nahm die Gruppe in Augenschein. Immer noch lag die Andeutung eines Lächelns um seine Lippen. Lange Zeit schwiegen sie alle.
    »Na, wen haben wir denn da? Hamnet. Der ist ja gar nicht tot«, sagte Ripred schließlich. Dann hob er etwas auf, allem Anschein nach den Totenkopf eines Menschen, und begann daran zu nagen.
    »Sehr passend, der Totenkopf, Ripred«, sagte Hamnet.
    »Ja, finde ich auch. Wie ist es dir ergangen?«, fragte Ripred.
    »Alles in allem erstaunlich gut«, sagte Hamnet. Er schaute über die Schulter zurück zu der Echse. »Keine Gefahr. Du kannst runterkommen.«
    In den Blättern raschelte es und ein kleiner Junge rutschte vom Schwanz der Echse herunter. Er landete nicht so leichtfüßig wie Hamnet, sondern musste ein paar Hüpfermachen, um nicht hinzufallen. Irgendwas stimmt nicht mit dem Jungen, dachte Gregor. Nein, so konnte man das nicht sagen, aber etwas an ihm war anders. Dann fiel ihm auf, was es war. Der Junge hatte die extrem blasse Haut der Unterländer, doch dazu pechschwarze Locken und Augen so grün wie Pistazieneis. Wer war er? Er schien weder ins Unterland zu gehören noch in Gregors Welt.
    Der Junge verschränkte seine Finger mit Hamnets und schaute einen nach dem anderen aus der Gruppe mit seinen merkwürdigen grünen Augen an. »Das ist mein Sohn Hazard«, sagte Hamnet.
    »Nicht nur am Leben, sondern auch noch Vater eines Halbländers«, sagte Ripred. »Ein gelungener Auftritt, das muss man dir lassen.«
    Halbländer. Hieß das halb Überländer und halb Unterländer? Das würde das ungewöhnliche Aussehen des Jungen erklären.
    Langsam ließ Vikus Solovet los und ging zu Hamnet und dessen Sohn hinüber. Er kniete sich vor dem Jungen hin und nahm seine Hand. »Ich grüße dich, Hazard. Ich bin dein Großvater Vikus.«
    »Mein Großvater lebt in New York«, sagte Hazard nur. »Meine Mutter wollte mich mit zu ihm nehmen, aber sie ist gestorben.« Sein Akzent lag irgendwo zwischen Gregors und der scharf betonten, formellen Sprache der Unterländer.
    »Du hast zwei Großväter. Ich bin der Vater deines Vaters«, sagte Vikus.
    Hazard sah Hamnet fragend an. Hamnet nickte leicht, als ginge es ihn nichts an. »Ich wusste nicht, dass ich zwei habe«, sagte Hazard. »Wo wohnst du?«
    »Ich lebe in Regalia«, sagte Vikus.
    »Das kenne ich nicht«, sagte der Junge. »Kommen wir dich mal besuchen?«
    »Ihr … seid jederzeit … willkommen …« Vikus ließ die Hand des Jungen los, weil er weinen musste. Er ging zurück zu Solovet und drehte Hamnet und Hazard den Rücken zu, das Gesicht in ein Taschentuch vergraben. Gregor hatte ihn schon öfter weinen sehen, aber diesmal wusste er überhaupt nicht, was los war. Wenn Hamnet Vikus’ Sohn war, wieso hatte Gregor dann noch nie von ihm gehört? Wo hatte Hamnet eine Frau aus dem Überland kennengelernt und ein Kind mit ihr gezeugt? Und was machte er hier in dieser gottverlassenen Gegend? Und wie konnte Nerissa etwas über ihn wissen, während alle anderen … ja, was war mit den anderen? Hatten sie ihn für tot gehalten? Er überlegte, ob Hamnet vielleicht verbannt worden war und deshalb so ein Geheimnis um die Sache gemacht wurde. Verbannung stand nur auf ganz schlimme Vergehen. Aber da Ares ständig kurz vor der Verbannung stand und Gregor selbst erst vor ein paar Monaten knapp der Todesstrafe entronnen war, wollte

Weitere Kostenlose Bücher