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Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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hatte. Er hoffte, dass er nur von dem Schmerzmittel herrührte.
    »Der Flügel ist ausgerenkt«, sagte Hamnet stirnrunzelnd. »Wie lange ist sie schon in diesem Zustand?«
    »Viele Wochen«, sagte Luxa.
    Hamnet schüttelte den Kopf. »Selbst wenn ich ihn wieder einrenken kann, ist der Schaden möglicherweise von Dauer. Aber ich will sehen, was ich tun kann.«
    Aurora schrie schon auf, als er sie nur aufrichtete.
    »Kannst du es nicht machen, während sie liegt?«, fragte Luxa und streichelte Aurora beruhigend übers Gesicht.
    »Nein, und selbst so ist das Gelingen ungewiss«, sagte Hamnet. Er wies Gregor an, Aurora gut an der Brust festzuhalten. Gregor konnte sie nicht ganz umfassen, weil ihre Flügel im Weg waren. Er konnte lediglich ihr Fell an beiden Seiten festkrallen.
    »Tut mir leid, Aurora«, sagte er.
    Sie blinzelte ihn benommen an. »Überländer? Du hier?«
    »Ja, ich bin wieder da«, sagte Gregor.
    »Und Ares? Ist er bei dir?«, fragte Aurora.
    »Nein, er … er hat die Pest«, sagte Gregor.
    »Die Pest?« Obwohl Aurora von dem Schmerzmittel betäubt war, lag Entsetzen in ihrer Stimme. Die Bilder drängten sich ihm wieder in den Kopf. Lilafarbene aufplatzende Beulen … weiße blutbefleckte Laken … seine Fledermaus … seine Mutter …
    »Oh, nicht Ares …«, sagte Luxa, und ihre Stimme klang hohl.
    »Es ist so weit.« Hamnet stand jetzt hinter Aurora und fasste ihren verdrehten Flügel am Ansatz. »Achtung«, sagte er und ruckte einmal kurz und heftig am Flügel. Auroras Fell schlüpfte Gregor durch die Finger und sie schrie herzzerreißend.
    »Hör auf!«, rief Luxa, und Gregor sah, dass sie kurz davor war, die Fassung zu verlieren. Sie packte Hamnet am Arm und versuchte ihn wegzuziehen. »Tu ihr nicht noch mehr weh! Das hält sie nicht aus!«
    Hamnet hielt sie an den Handgelenken fest. »Luxa, wenn du nicht willst, dass sie hier im Dschungel stirbt, haben wir keine Wahl. Du hilfst ihr nicht, indem du mich behinderst. Verlasse die Höhle.«
    Doch das wollte Luxa nicht. Sie presste sich mit dem Rücken an die Wand und weigerte sich, zu gehen.
    »Noch einmal, Gregor«, sagte Hamnet grimmig. »Und du musst sie besser festhalten. Ich brauche einen Widerstand.«
    Gregor wischte sich die verschwitzten Hände ab und krallte sich an Auroras Fell fest.
    »Auf drei«, sagte Hamnet. »Eins … zwei … drei!« Wieder gab es einen Ruck, doch diesmal ließ Gregor nicht los. Und diesmal geschah das Wunder und Auroras Flügel sprang wieder an die richtige Stelle und schmiegte sich wunderschön an ihren Körper.
    »Ohhhh!« Aurora schrie erleichtert auf. »Ohhhh!«
    »Gut«, sagte Hamnet. »Sehr gut. Aber er ist noch nicht geheilt. Du bist noch nicht genesen. Zweifellos hat die Fehlstellung Schaden angerichtet. Solltest du ihn zu früh wieder benutzen, könnte er sich wieder ausrenken. Doch ich vermute, dass der Schmerz schon viel schwächer ist.«
    »Viel schwächer«, flüsterte Aurora. Vorsichtig breitete sie den Flügel ein paarmal aus und legte ihn wieder an. Luxa schlang die Arme um ihre Fledermaus und vergrub das Gesicht in dem goldenen Fell. Gregor war sich sicher, dass sie ihre Tränen verbergen wollte.
    »Ruhe dich jetzt aus. In einigen Stunden werde ich zurückkommen und nach dir sehen«, sagte Hamnet. Er nahm die grüne Flasche mit dem Schmerzmittel, die an der Wand der Höhle lag, und packte sie wieder in den Rucksack. »Komm, Gregor.«
    Als sie zurück zu ihrem Lager gingen, sagte Gregor: »Es war für die beiden bestimmt eine harte Zeit.«
    »Leicht kann es nicht gewesen sein«, gab Hamnet zurück. Er blieb stehen und pflückte ein Dutzend gelber Pflaumenvon einer Liane. »Du kennst meine Nichte besser als ich. Was für ein Mensch ist sie deiner Meinung nach?«
    »Luxa?«, fragte Gregor. Er überlegte angestrengt, wie er sie beschreiben sollte. »Also, als ich sie kennengelernt habe, hielt ich sie zuerst für eingebildet. Da war sie die ganze Zeit mit Henry zusammen. Dann haben wir uns irgendwie angefreundet.« Das waren so schwache Worte, während Luxa doch so stark war. Er dachte daran, wie sie die Ratte Shed getötet und ihm damit das Leben gerettet hatte. Wie sie auf Aurora herumgewirbelt war, als sie mit einer Figur namens Spirale ein trichterförmiges Spinnennetz zerstört hatte. Wie sie heimlich den Booten auf dem Wasserweg hinterhergeflogen war, weil sie ihnen helfen wollte, die weiße Ratte zu finden. Wie sollte man Luxa beschreiben? »Sie ist mutig«, sagte Gregor schließlich.

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