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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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Schon bald blieb Vikus vor einer glänzenden Holztür stehen. Gregor fiel auf, dass er zum ersten Mal im Unterland etwas aus Holz sah. Hatte Vikus nicht einmal über irgendetwas gesagt, es sei »so selten wie Bäume«? Bäume brauchten viel Licht, wie sollten sie hier wachsen?
    Vikus holte einen Schlüssel hervor und öffnete die Tür. Er nahm eine Fackel aus einem Halter im Flur und ging als Erster hinein.
    Gregor betrat einen Raum, der wie ein hohler Würfel aus Stein aussah. Überall waren Bilder in den Stein gemeißelt. Nicht nur in die Wände, sondern auch in die Decke und den Fußboden. Hier waren es keine ausgelassenen Tiere, wie er sie bisher in Regalia gesehen hatte, es waren Wörter. Winzige Wörter. Es musste eine Ewigkeit gedauert haben, sie einzumeißeln.
    »A-B-C«, sagte Boots. Das sagte sie immer, wenn sie Buchstaben sah. »A-B-C- D «, fügte sie hinzu, um der Sache mehr Nachdruck zu verleihen.
    »Das sind die Prophezeiungen des Bartholomäus von Sandwich«, sagte Vikus. »Nachdem wir die Tore verriegelt hatten, verbrachte er den Rest seines Lebens damit, sie niederzuschreiben.«
    Scheint so, dachte Gregor. Das sah dem verrückten alten Sandwich ähnlich. Erst ein paar Leute unter die Erdezerren und sich dann in ein Zimmer einsperren und noch mehr Schwachsinn in die Wände hämmern.
    »Was meinen Sie denn mit Prophezeiungen?«, fragte Gregor, obwohl er wusste, was Prophezeiungen waren. Es waren Weissagungen für die Zukunft. Es gab sie in den meisten Religionen, und seine Oma hatte ein Lieblingsbuch mit Prophezeiungen von einem Nostra-soundso. Wenn man sie reden hörte, sah die Zukunft ziemlich deprimierend aus.
    »Sandwich war ein Seher«, sagte Vikus. »Er hat unserem Volk viele Ereignisse vorausgesagt, die eingetreten sind.«
    »Und auch ein paar, die nicht eingetreten sind?«, fragte Gregor unschuldig. Er wollte Prophezeiungen nicht völlig abtun, aber allem, was von Sandwich kam, stand er erst mal skeptisch gegenüber. Und was hatte man schon davon, wenn einem jemand erzählte, was in der Zukunft passieren würde?
    »Einige haben wir noch nicht entschlüsselt«, gab Vikus zu.
    »Er hat das Ende meiner Eltern vorausgesagt«, sagte Luxa bekümmert und fuhr mit den Fingern über eine Stelle an der Wand. »Das hatte nichts Rätselhaftes an sich.«
    Vikus legte einen Arm um sie und schaute auf die Wand. »Nein«, sagte er sanft. »Das war klar wie Wasser.«
    Ungefähr zum zehnten Mal in dieser Nacht fühlte Gregor sich furchtbar. Von jetzt an würde er versuchen, mitRespekt über die Prophezeiungen zu sprechen, egal, was er darüber dachte.
    »Doch es gibt eine, die besonders schwer über uns schwebt. Sie heißt ›Die graue Prophezeiung‹, denn wir wissen nicht, ob sie gut oder schlecht ist«, sagte Vikus. »Wohl wissen wir, dass sie für Sandwich die heiligste und quälendste seiner Visionen war. Denn er konnte nie den Ausgang vorhersehen, obwohl er sie viele Male hatte.«
    Vikus zeigte auf eine kleine Öllampe, die einen Teil der Wand erhellte. Abgesehen von der Fackel war es das einzige Licht im Raum. Vielleicht hielten sie es immer am Brennen.
    »Willst du vorlesen?«, fragte Vikus, und Gregor trat näher an die Wand. Die Prophezeiung war wie ein Gedicht geschrieben, in vier Strophen. Einige Schreibweisen waren merkwürdig, aber er konnte alles entziffern.
    »A-B-C«, sagte Boots und berührte die Buchstaben. Gregor begann zu lesen.
    Habt Acht, Unterländer, die Zeit ist in Not.
    Jäger sind Gejagte, weisses Wasser fliesst rot.
    Die Nager trachten uns nach dem Leben.
    Die Suche allein kann uns Hoffnung geben.
    Dem Überland-Krieger kann es gelingen,
    uns allen das Licht zurückzubringen.
    Mit dem Sohn der Sonne geht auf die Reise,
    sonst enden wir alle als Rattenspeise.
    Zwei über, zwei unter mit Königsblut,
    zwei Flieger, zwei Krabbler, zwei Spinner mit Mut.
    Ein Nager dabei und der, den sie quälen.
    Und acht sind es noch, wenn wir die Toten zählen.
    Der Letzte, der stirbt, kann das Blatt noch wenden.
    Das Schicksal der acht liegt in seinen Händen.
    Drum mahnt ihn zur Vorsicht, sonst springt er daneben,
    denn Leben kann Tod sein, und Tod erschafft Leben.
    Als Gregor das Gedicht zu Ende gelesen hatte, wusste er nicht recht, was er sagen sollte. »Was soll das heißen?«, fragte er.
    Vikus schüttelte den Kopf. »Das vermag niemand genau zu sagen. Es erzählt von einer dunklen Zeit, da die Zukunft unseres Volkes ungewiss ist. Es ruft zu einer Reise auf, nicht nur die Menschen, sondern viele

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