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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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des Raums stand ein Tisch. Mareth drückte Gregor auf einen Schemel an einem lodernden Feuer. Die beiden Wachen traten ein paar Schritte zurück, ließen ihn jedoch nicht aus den Augen.
    So gefährlich bin ich also, dachte er benommen.
    Boots begann sich auf seinem Rücken zu bewegen. Sie zupfte ihn am Ohr. »Nach Hause?«, fragte sie flehend. »Nach Hause, Ge-go?« Gregor konnte ihr darauf keine Antwort geben.
    Leute hasteten an der Tür vorbei und redeten aufgeregt miteinander. Einige spähten herein, aber niemand trat ein.
    Am warmen Feuer merkte er, wie kalt ihm war. Bis zum Bauch war er klatschnass vom Flusswasser. Er zitterte vor Erschöpfung und vom Schrecken dessen, was er gesehen, was er mitgemacht hatte.
    Boots ging es besser. Offenbar war die Kindertrage wasserdicht, und sie war an ihren Bruder gepresst worden. Doch als ihre Zehen seinen Arm streiften, merkte er, dass sie eiskalt waren.
    Eine bleierne Müdigkeit überkam Gregor, und er hätte sich so gern hingelegt, einfach nur hingelegt, um einzuschlafen und in seinem eigenen Bett aufzuwachen, wo die Scheinwerfer der Autos über die Wände huschten. Aber er glaubte nicht mehr, dass das hier ein Traum war.
    Was war mit den Unterländern passiert? Mit Perdita? Ihrer verletzten Fledermaus? Und Mareths Fledermaus? Wenn sie sterben würden, wäre es seine Schuld. Er würde gar nicht erst versuchen, das abzustreiten.
    In diesem Moment kam Luxa herein. Wutschnaubend lief sie auf Gregor zu und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Sein Kopf flog zur Seite und Boots stieß einen Schrei aus.
    »Nicht hauen!«, kreischte sie. »Nicht, nicht, nicht hauen!« Sie fuchtelte mit ihrem winzigen Zeigefinger vor Luxas Nase herum. Bei Gregor zu Hause war Schlagen absolut verboten, und Boots hatte nicht lange gebraucht, um das zu kapieren.
    Bei den Unterländern war es anscheinend auch nicht gern gesehen, denn Gregor hörte Vikus von der Tür her scharf sagen: »Luxa!«
    Luxa sah aus, als hätte sie Gregor am liebsten noch einmal geschlagen, doch sie stolzierte zum Kaminsims und starrte ins Feuer.
    »Du solltest dich schämen, Luxa«, sagte Vikus und ging zu ihr hinüber.
    Giftig drehte sie sich zu ihm um. »Zwei Flieger sindniedergestreckt und wir bekommen Perdita nicht wach, nur weil der Überländer unbedingt fliehen musste! Ich soll ihn nicht schlagen? Am liebsten schickte ich ihn ins Land des Todes und überließe ihn seinem Schicksal!«
    »Wie dem auch sei, Luxa, es geziemt sich nicht«, sagte Vikus, doch Gregor sah, dass die Neuigkeit ihn aus der Fassung brachte. »Beide Ratten sind tot?«, fragte er.
    »Tot und im Fluss versenkt«, sagte Luxa. »Wir haben das Land verbrannt.«
    »Über das Wir unterhalten wir beide uns später«, sagte Vikus streng. »Der Rat billigt dein Verhalten nicht.«
    »Es kümmert mich nicht, was der Rat billigt oder nicht«, murmelte Luxa, doch sie wich Vikus’ Blick aus.
    Sie hätte also gar nicht kommen dürfen, dachte Gregor. Auch sie kriegt jetzt Ärger. Er hätte sich gern darüber gefreut, aber Sorgen, Schuldgefühle und Erschöpfung drückten ihn zu sehr nieder. Außerdem hatte Luxa ihm das Leben gerettet, indem sie Shed ausgeschaltet hatte. Er war ihr wohl etwas schuldig, aber die Ohrfeige brannte noch immer, deshalb fing er nicht davon an.
    »Nicht hauen«, sagte Boots wieder, und Vikus wandte sich zu ihnen.
    Wie Luxa brachte auch Gregor es nicht über sich, ihm in die Augen zu sehen. »Was hat der Überländer getan, Luxa? Kampf oder Flucht?«, fragte Vikus.
    »Henry sagte, er habe gekämpft«, gab Luxa unwillig zu. »Doch ohne Geschick und Kenntnis der Waffen.«
    Gregor hätte gern gesagt: »Hey, ich hatte schließlich nur eine blöde Fackel!« Aber er sparte sich die Mühe.
    »Dann hat er viel Mut«, sagte Vikus.
    »Mut ohne Vorsicht bringt den frühen Tod, das erzählst du mir täglich«, sagte Luxa.
    »Das erzähle ich dir, und hörst du etwa darauf?«, fragte Vikus mit hochgezogenen Augenbrauen. »Du hörst ebenso wenig wie er. Ihr seid beide zu jung, um taub zu sein. Bindet ihm die Hände los und lasst uns allein«, sagte er zu den Wachen.
    Gregor spürte, wie die Fesseln an seinen Handgelenken von einer Klinge durchtrennt wurden. Er rieb die Abdrücke, damit das Blut wieder in die Hände floss. Seine Wange pochte, aber er zwang sich, sie nicht zu berühren. Diese Genugtuung gönnte er Luxa nicht.
    Boots beugte sich über seine Schulter und strich über die Einschnitte an seinen Handgelenken. »Au«, jammerte sie.

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