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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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Wirklichkeit, und alle Freude war dahin. Es gab keine anderen lebenden Überländer in Regalia. Das hatte Vikus ihm im Stadion gesagt. Sein Vater hatte versucht nach Hause zu kommen, und ihm war es genauso ergangen wie Gregor. Nur dass die Unterländer ihm nicht zu Hilfe geeilt waren. Er schluckte den Kloß herunter, den er im Hals hatte.
    »Dann ist er also tot.«
    »Das nahmen wir an. Doch dann ging das Gerücht, die Ratten hätten ihn am Leben gelassen«, sagte Vikus. »Unsere Spione bestätigen das regelmäßig.«
    »Er lebt?«, fragte Gregor und wurde von neuer Hoffnung erfüllt. »Aber warum? Warum haben sie ihn nicht getötet?«
    »Wir wissen es nicht genau, doch ich habe einen Verdacht. Dein Vater war ein Mann der Wissenschaft, nicht wahr?«, fragte Vikus.
    »Ja, er unterrichtet Naturwissenschaften«, sagte Gregor. Er begriff nicht, worauf Vikus hinauswollte. Sollte sein Vater den Ratten Chemie beibringen?
    »In unseren Unterhaltungen zeigte sich, dass er um die Zusammenhänge der Natur wusste«, sagte Vikus. »Um Blitz, Feuer, explodierendes Pulver.«
    Allmählich verstand Gregor, was Vikus sagen wollte. »Also, wenn Sie glauben, mein Vater würde Kanonen oder Bomben für die Ratten bauen, sind Sie schief gewickelt. Das würde er nie tun.«
    »Es ist schwer zu sagen, was wir in den Höhlen der Ratten tun würden«, sagte Vikus sanft. »Es muss Kraft kosten, bei Verstand zu bleiben; um ehrenhaft zu bleiben, bedürfte es eines Herkules. Ich urteile nicht über deinen Vater, ich versuche nur zu verstehen, warum er so lange überlebt.«
    »Im Nahkampf sind die Ratten stark. Doch wenn wir aus der Ferne angreifen, bleibt ihnen nur die Flucht. Sie suchen vor allem nach einem Mittel, uns aus der Ferne zutöten«, sagte Luxa. Auch sie schien seinen Vater nicht anzuklagen. Und sie schien auch nicht mehr wütend auf Gregor zu sein. Wenn sie bloß aufhören würde, ihn so anzustarren.
    »Solovet, meine Frau, hat eine andere Theorie«, sagte Vikus jetzt etwas heiterer. »Sie glaubt, die Ratten wollen, dass dein Vater ihnen einen Daumen macht!«
    »Einen Daumen?«, fragte Gregor. Boots hielt ihren Daumen hoch. »Ja, Kleines, ich weiß schon, was ein Daumen ist«, sagte er und lächelte sie an.
    »Ratten haben keinen Daumen, und deshalb können sie vieles nicht, was wir können. Sie können keine Werkzeuge oder Waffen herstellen. Sie sind Meister der Zerstörung, doch das Erschaffen ist ihnen nicht gegeben«, sagte Vikus.
    »Sei froh, Überländer, wenn sie glauben, dein Vater könnte ihnen nützlich sein. Nur so wird er Zeit gewinnen«, sagte Luxa betrübt.
    »Hast du meinen Vater auch kennen gelernt?«, fragte er.
    »Nein«, sagte sie. »Für eine solche Begegnung war ich zu jung.«
    »Damals spielte Luxa noch mit Puppen«, sagte Vikus.
    Gregor versuchte angestrengt, sich Luxa mit einer Puppe vorzustellen, aber es wollte ihm nicht gelingen.
    »Meine Eltern trafen ihn und sprachen gut von ihm«, sagte Luxa.
    Ihre Eltern. Damals hatte sie noch Eltern gehabt. Gregor hätte gern gewusst, wie die Ratten sie getötet hatten, aber er wusste, dass er nie danach fragen würde.
    »Luxa hat wahr gesprochen. Im Moment sind die Ratten unsere erbitterten Feinde. Wer außerhalb der Mauern Regalias einer Ratte begegnet, kann wählen zwischen Kampf oder Tod. Nur die Hoffnung auf einen großen Vorteil könnte die Ratten dazu bewegen, einen Menschen am Leben zu lassen. Vor allem einen Überländer«, sagte Vikus.
    »Ich verstehe nicht, warum sie uns so hassen«, sagte Gregor. Er dachte an Sheds brennende Augen, an seine letzten Worte: »Überländer, wir werden dich verfolgen bis zur letzten Ratte.« Vielleicht wussten sie, dass die Menschen im Überland am liebsten alle Ratten fangen, vergiften und vernichten würden. Außer denen, die für Tierversuche gebraucht wurden.
    Vikus und Luxa wechselten einen Blick. »Wir müssen es ihm sagen, Luxa. Er muss wissen, worauf er sich einlässt«, sagte Vikus.
    »Glaubst du wirklich, er ist es?«, fragte sie.
    »Wer? Wer soll ich sein?«, fragte Gregor. Das Gespräch schien auf nichts Gutes hinauszulaufen.
    Vikus erhob sich vom Tisch. »Komm«, sagte er und ging zur Tür hinaus.
    Gregor stand auf und reckte die steifen Arme, um Boots tragen zu können. Luxa und er waren gleichzeitig an der Tür, beide blieben stehen. »Nach dir«, sagte er.
    Sie schaute ihn von der Seite an und folgte Vikus.
    Zu beiden Seiten des Flurs standen Unterländer, die ihnen stumm nachschauten und dann anfingen zu tuscheln.

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