Gregor und die graue Prophezeiung
Gregors unangebissenes Sandwich. Sein Magen knurrte wie verrückt, aber er konnte sie nicht hungern lassen. Er wollte sein Sandwich gerade in zwei Hälften brechen, als Temp ihr unauffällig seines hinschob.
»Die Prinzessin kann meins haben«, sagte Temp.
»Du musst doch auch essen«, widersprach Gregor.
»Nicht viel«, sagte Temp. »Tick teilt ihr Brot mit mir.«
Ihr Brot. Also war Tick offenbar ein Weibchen.
»Er teilt mit mir«, sagte Tick.
Und Temp war ein Männchen. Nicht, dass es für Gregor eine Rolle gespielt hätte, aber so konnte er wenigstens einem möglichen Fettnäpfchen aus dem Weg gehen.
Da Boots sowieso schon die Hälfte von Temps Sandwich verdrückt hatte, nahm Gregor das Angebot an. Bei der nächsten Mahlzeit würde er versuchen, den Kakerlaken etwas abzugeben.
Nach zwei Minuten waren sie mit dem Frühstück fertig und packten ihre Sachen zusammen. Sie wollten geradeAres und Aurora besteigen, als Ripred sie zurückhielt. »Das könnt ihr euch sparen. Wo wir hingehen, kann man nicht fliegen«, sagte er und zeigte auf den Tunnel. Er war kaum einen Meter achtzig hoch und sehr schmal.
»Da müssen wir rein? Gibt es keinen anderen Weg zu meinem Vater?«, fragte Gregor. Und wenn sie noch so aufeinander angewiesen waren, er wollte nicht mit Ripred in diesen engen dunklen Tunnel gehen.
»Es gibt einen anderen Weg, aber keinen besseren. Es sei denn, du weißt einen«, sagte Ripred.
Gregor merkte, dass Ares und Aurora vor Panik zusammenzuckten. »Und was ist mit den Fledermäusen?«
»Du findest schon eine Lösung«, sagte Ripred gedehnt.
»Könnt ihr laufen?«, fragte Gregor Ares.
»Nicht lange. Nicht weit«, sagte Ares.
»Dann müssen wir euch tragen«, sagte Gregor.
»Reitet ihr, Flieger, reitet ihr?«, fragte Temp.
»Flieger reiten nicht auf Krabblern«, sagte Aurora gereizt.
»Wieso nicht? Sie sind doch auch auf euch geflogen.« Langsam nervte es ihn, dass alle die Kakerlaken von oben herab behandelten. Sie jammerten nicht herum, sie leisteten ihren Beitrag und sie kümmerten sich um Boots. Alles in allem waren die Kakerlaken die unkompliziertesten Reisegefährten.
Die Fledermäuse schlugen mit den Flügeln, gaben jedoch keine Antwort. »Na, ich werd euch jedenfalls nichttragen. Ich hab schon Boots und einen Batzen Fleisch. Und Luxa und Henry können nicht euch beide tragen. Wenn ihr euch zu fein seid, auf den Krabblern zu reiten, dann müsst ihr wohl Ripred fragen, ob er euch mitnimmt.«
»Sprich nicht in diesem Ton mit ihnen«, sagte Luxa scharf. »Es hat nichts mit den Krabblern zu tun. Es ist der enge Tunnel. Flieger mögen es nicht, wenn sie ihre Flügel nicht spreizen können.«
»Ein paar von uns fanden es auch nicht besonders lustig, Hunderte von Metern hoch durch die Luft zu fliegen«, sagte Gregor. Er wusste selbst, dass er sich idiotisch benahm. Ares und Aurora hatten auch nicht boshaft oder ungeduldig reagiert, als er und die Kakerlaken sich vorm Fliegen gefürchtet hatten. »Hört mal, ich weiß, dass es nicht leicht für euch ist, aber bestimmt müssen wir nicht die ganze Zeit durch so schmale Tunnels. Stimmt’s, Ripred?«
»Nein, bestimmt nicht die ganze Zeit«, sagte Ripred, den die Auseinandersetzung zu Tode langweilte. »Können wir jetzt bitte mal los? Bis ihr mit euren Reiseplänen fertig seid, ist der Krieg vorbei.«
»Wir reiten auf den Krabblern«, sagte Ares kurz angebunden.
Gregor half Luxa und Henry dabei, die Fledermäuse auf die Kakerlaken zu heben. Sie mussten mit dem Gesicht nach unten liegen und sich an der glatten Flügeldecke derKakerlaken festkrallen. Gregor musste zugeben, dass es ziemlich unbequem aussah. Er steckte Boots in die Trage und nahm den Proviant. »Also gut, zeig uns den Weg«, sagte er zu Ripred.
»Na endlich«, sagte Ripred und schlüpfte in die schwarze Tunnelöffnung. Dann folgte Henry mit einer Fackel und gezücktem Schwert. Vermutlich wollte er den Fledermäusen die Angst nehmen. Sie kamen als Nächste, hintereinander auf den Kakerlaken.
Gregor wartete darauf, dass Luxa in den Tunnel ging, doch sie schüttelte den Kopf. »Nein, Überländer, ich glaube, es ist besser, wenn ich euch Rückendeckung gebe.«
»Da hast du wohl Recht«, sagte Gregor. Ihm fiel wieder ein, dass er immer noch kein Schwert hatte. Er ging in den Tunnel und gab Boots die Taschenlampe. Luxa bildete das Schlusslicht.
Es war schrecklich, stickig und eng, und von der Decke tropfte eine nach faulen Eiern stinkende Flüssigkeit herunter. Die Fledermäuse
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