Gregor und die graue Prophezeiung
er sich in den Schlaf sinken und versuchte, die Bilder von gestreiften Spinnenbeinen und spitzen Rattenzähnen zu verdrängen. Es war wirklich ein Misttag gewesen.
Gregor schrak von einem lauten Klatschen auf. Instinktiv beugte er sich schützend über Boots, bis er sah, dass esnur Ripred war, der mit dem Schwanz auf den Boden schlug.
»Na los, na los«, knurrte er. »Es wird Zeit, dass wir uns auf den Weg machen. Esst was und dann auf.«
Gregor kroch unter der Decke hervor und wartete darauf, dass Mareth etwas zu essen besorgte. Dann fiel ihm ein, dass Mareth nicht mehr da war. »Wie wollen wir das mit dem Essen regeln?«, fragte er Henry.
»Luxa und ich servieren kein Essen, wir gehören zur königlichen Familie«, sagte Henry hochmütig.
»Tja, und ich bin der Krieger und Boots ist Prinzessin. Ihr beide werdet ziemlichen Hunger kriegen, wenn ihr darauf warten wollt, dass ich euch bediene«, sagte Gregor. Von diesem Königsgetue ließ er sich nicht mehr beeindrucken.
Ripred lachte. »Gib’s ihm, Junge. Erzähl ihm, dass dein Land einen Krieg dafür geführt hat, dass ihr euch nicht mehr von Königen und Königinnen befehlen lassen müsst.«
Gregor sah Ripred überrascht an. »Woher weißt du das?«
»Ach, ich weiß vieles über das Überland, was unsere Freunde hier nicht wissen. Ich habe dort lange Zeit zwischen euren Büchern und Schriften verbracht«, sagte Ripred.
»Kannst du etwa lesen?«, fragte Gregor.
»Die meisten Ratten können lesen. Unser Kummer ist,dass wir keinen Stift zum Schreiben halten können. Jetzt los, Überländer. Iss oder iss nicht, aber lass uns gehen«, befahl Ripred.
Gregor schaute sich die Proviantpakete an. Sie enthielten vor allem geräuchertes Fleisch, Brot und diese süßkartoffelartigen Dinger. Wenn sie sich das Essen einteilten, würde es wohl für drei Tage reichen. Allerdings fraß Ripred wie ein Scheunendrescher, und er erwartete bestimmt, dass sie ihn durchfütterten. Na gut, vielleicht zwei Tage.
Luxa kam herüber und setzte sich unsicher neben ihn.
»Was ist?«, fragte Gregor.
»Wie … wie machen wir etwas zu essen?«, fragte sie.
»Wie meinst du das?«, fragte er.
»Henry und ich, wir haben eigentlich noch nie Essen zubereitet«, gestand sie.
Gregor sah, dass Henry Luxa drohend anschaute, aber sie achtete nicht auf ihn.
»Heißt das, ihr habt euch bisher noch nicht mal ein Sandwich gemacht?«, fragte Gregor. Er konnte nicht besonders gut kochen, aber wenn seine Mutter abends länger arbeiten musste, hatte er manchmal das Abendessen gekocht. Nur so Sachen wie Rührei oder Makkaroni mit Käse, aber er wusste sich zu helfen.
»Ein Sandwich? Ist das ein Gericht, das nach Bartholomäus von Sandwich benannt wurde?«, fragte sie verwundert.
»Keine Ahnung«, sagte Gregor. »Es besteht aus zwei Scheiben Brot mit Wurst oder Käse oder Erdnussbutter oder so dazwischen.«
»Ich habe noch nie ein Sandwich gemacht«, sagte Luxa.
»Es ist nicht schwer. Hier, schneide ein paar Scheiben Fleisch ab. Nicht zu dick«, sagte er und gab ihr ein Messer. Gregor schnitt das Brot und schaffte es, aus einem Laib achtzehn Scheiben zu bekommen. Luxa kam mit dem Fleisch ganz gut zurecht – mit scharfen Klingen kannte sie sich schließlich aus. Er zeigte ihr, wie man die Sandwiches belegte, und sie schien mit dem Ergebnis sehr zufrieden zu sein. Sie nahm vier Sandwiches für sich, ihren Cousin und die Fledermäuse. Gregor nahm die anderen fünf. Er konnte nicht von ihr verlangen, Ripred und die Kakerlaken zu bedienen.
Er weckte Boots, und sie machte sich sofort über ihr Sandwich her. Temp und Tick dankten mit einem höf lichen Nicken für ihres. Dann ging Gregor zu Ripred, der trübsinnig an der Tunnelwand lehnte. Gregor hielt ihm ein Sandwich hin. »Hier«, sagte er.
»Für mich?«, sagte Ripred übertrieben erstaunt. »Wie aufmerksam von dir. Ich bin überzeugt, dass die anderen mich liebend gern verhungern lassen würden.«
»Wenn du verhungerst, finde ich meinen Vater nie«, sagte Gregor.
»Wohl wahr, wohl wahr«, sagte Ripred und stopfte sich das ganze Sandwich auf einmal ins Maul. »Gut, dass wiruns darüber einig sind. Wenn man aufeinander angewiesen ist, verbindet das sehr. Mehr als Freundschaft und mehr als Liebe.«
»Können Ratten lieben?«, fragte Gregor.
»O ja«, sagte Ripred grinsend. »Uns selbst lieben wir sehr.«
Das kann ich mir vorstellen, dachte Gregor. Er ging zu Boots hinüber, die ihr Sandwich verputzte.
»Mehr«, sagte Boots und zeigte auf
Weitere Kostenlose Bücher