Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Kairaithin hat mir erklärt ... dass er nach Tihannad gekommen war, um dich vor Casmantium zu warnen.«
»Aber dann hat er es sich anders überlegt.«
Bertaud spreizte die Hände. Das Verhalten des Greifenmagiers machte ihn selbst ratlos, und er hatte keine Ahnung, wie er es Iaor erklären sollte. Zögernd erklärte er: »Du hast seinen Stolz verletzt, glaube ich. Doch ich weiß es nicht! Ich weiß es nicht. Er schien ... Ich glaube, es tat ihm aufrichtig leid, dich in Unkenntnis der Gefahr zurückzulassen. Schon im eigenen Interesse, wenn nicht in deinem ... Ich denke, er wollte Farabiand benutzen, um zu versuchen, seine kleine Feuermagierin aus den Händen des Arobarn zu befreien.«
Iaor stellte seinen Becher zur Seite, ohne den Wein angerührt zu haben. Er schüttelte den Kopf: Vielleicht wollte er einfach nicht an diesen Zustand der Welt glauben, die sich innerhalb weniger Tage so stark verändert hatte.
Bertaud ertappte sich dabei, wie er nervös mit den Fingern auf die Armlehne trommelte, und verschränkte daraufhin die Hände fest im Schoß. Er sah Iaor an und wandte den Blick wieder ab, richtete ihn widerstrebend erneut auf den König und nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Iaor?«
Der König sah auf.
Bertaud schaute ihm in die Augen und brachte mühsam hervor: »Iaor ... es tut mir leid.«
»Ich bin nicht sicher, ob du einen Grund dazu hast. Die Nachricht, die du mir überbracht hast, ist sehr wertvoll.«
Bertaud schüttelte den Kopf. »Mal alles andere beiseite - ich habe bei einem anderen Fürsten Schutz vor dir erbeten. Das war ... Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich vermute, dass ich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht gedacht habe, nicht klar jedenfalls. Ich ... na ja, es tut mir leid, Iaor. Mein König. Ich ersuche aufrichtig um deine Vergebung.«
Iaor schwieg einen Augenblick lang. Dann nickte er. Er sagte nichts, aber ... Bertaud fand, dass etwas Schärfe aus der Haltung des Königs verschwunden war.
»Mich trifft auch Schuld«, bekannte schließlich Iaor. »Nächstes Mal werde ich genauer auf das hören, was du mir zu sagen versuchst. Wie ich es heute Abend versucht habe. Ich bitte dich um Rat. Wenn ich nach Süden ziehe, kann ich mich dann darauf verlassen, dass dein Kairaithin seine Leute zurückhält? Die Greifen sollten ihren Zorn gegen Casmantium richten, nicht gegen Farabiand. Was sagst du? Besteht eine Möglichkeit, mit den Greifen zu reden, sie zum Stillhalten zu bewegen, wenn nicht gar zur Unterstützung? Wenn sie uns beistehen, können sie gern ihre Wüste behalten. Sind sie wohl für diesen Vorschlag offen? Kann ich diese Kes finden, und kann sie den Greifen vielleicht meine Wünsche klarmachen?«
»Kes wäre die Richtige, um zwischen dir und der Wüste zu vermitteln«, pflichtete Bertaud ihm bei; die Worte sprach er langsam und mit Bedacht. »Ich habe ihr das schon gesagt und ihr erklärt, sie solle dich aufsuchen, aber ... ich weiß nicht, ob sie dazu den Mut aufbringt. Sie ist ein scheues Geschöpf und gehört inzwischen zur Hälfte dem Feuer an. Oder wenn sie nicht greifbar sein sollte, kannst du versuchen, selbst mit Kairaithin zu sprechen. Vorausgesetzt, er ist dazu bereit. Ich weiß nicht, welchen Rat ich dir geben soll, mein König - außer dem, keinen Magier zu Verhandlungen mit den Greifen zu schicken. Ich denke, Erdmagier begreifen gar nicht, wie stark sich die Abneigung auswirkt, bis sie sie selbst erleben. Ich bin der Letzte, der als Unterhändler infrage käme, wie ich wohl weiß, aber ... Ich denke wirklich, du solltest nicht auf die Ansichten eines Magiers vertrauen, wenn es um den Kontakt zu Greifen geht.«
»Ich könnte dich schicken«, schlug Iaor vor. »Vorausgesetzt, du denkst, dass du dir selbst vertrauen kannst.«
Diese Frage war schwer zu beantworten. Bertaud dachte an Kairaithins Worte: Ich hätte vielleicht lieber dich aufsuchen und bitten sollen, dich an meiner statt an den König zu wenden ... Er hatte die Idee damals sofort verworfen. Genauso wenig zuversichtlich war er, dass er in Iaors Namen mit den Greifen verhandeln könnte.
»Soll ich dir vertrauen?«, fragte ihn Iaor. Er sprach als Freund - und als König. »Du hast in Tihannad dem Greifen den Vorzug vor mir gegeben. Wenn sich eine solche Lage erneut ergibt, für wen entscheidest du dich dann? Wenn dein Kairaithin dich gegen mich einsetzen möchte, bist du dir dann der Entscheidung gewiss, die du treffen wirst? Kann ich ihrer sicher sein?«
Bertaud erkannte zu seiner
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