Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
Vom Netzwerk:
Bestürzung, dass er keine Antwort auf diese Frage wusste.
    Es war sein Freund Iaor, der ihn voller Mitgefühl anblickte. Es war jedoch der Safiad, König von Farabiand, der sagte: »Ich werde Meriemne konsultieren. Ich hole den Rat meiner Generale und Ratgeber ein. Ich denke jedoch, mein Freund, dass wir morgen nach Süden reiten, und ich denke, dass du unter Bewachung hierbleibst. Ich bitte dich, deshalb nicht schlecht von mir zu denken.«
    »Gewiss nicht«, flüsterte Bertaud.
    Die oberste Etage des Gasthofs bestand aus fünf separaten Gemächern. Das beste davon war in Wirklichkeit eine Zimmerflucht mit Wohnzimmer, Dienstbotenunterkünften und einem Schlafzimmer. Weiche Läufer bedeckten den Boden; Stühle mit verschnörkelten Armlehnen standen an kleinen, dekorativen Tischen, und ein recht gutes Gemälde der Stadt hing gegenüber dem Himmelbett mit Vorhängen. Die Wände waren weiß, das Holz gebleicht, die Läufer und Vorhänge von der Farbe blassen Elfenbeins: All das erzeugte einen Eindruck von geräumiger Helle, wenngleich keines der Zimmer groß war.
    Breite Fenster, deren Läden weit offen standen, boten eine eindrucksvolle Aussicht über die niedrige Stadtmauer von Riamne hin zum Nedscheid. Die Nachmittagssonne verlieh dem Fluss einen goldenen Anstrich, als strömte dort geschmolzenes Feuer. Bertaud bewegte sich unbehaglich und bemühte sich, den Fluss einfach nur als Gewässer zu betrachten. Auf der Straße, die an diesem entlangführte, brach eine lange Kolonne von zweitausend Mann langsam in südlicher Richtung auf.
    Der König war mitsamt Bannern und Gefolge schon außer Sicht. Wahrscheinlich dauerte es noch eine Stunde, bis auch das hintere Ende der Kolonne nicht mehr zu sehen sein würde. Bertaud verfolgte ihren Marsch, die Hände auf den breiten Fenstersims gestützt. Fast kostete es ihn Überwindung, nicht zum Fenster hinauszusteigen, sich ein Pferd zu suchen und den Männern zu folgen.
    Er wusste, was er am liebsten getan hätte: dem König nachreiten, um eine andere Entscheidung bitten, auf dass er ihm erlaubte, mit dem Heer zu reiten. Er wusste jedoch, dass es sinnlos gewesen wäre. Er hatte nicht gegen die Entscheidung des Königs protestiert. Er hatte sich nicht gestattet, auch nur eine Spur von Groll oder Bitterkeit in seinem Verhalten und beim Abschied vom König zu zeigen. Wenn dieser Abschied trotzdem angespannt verlaufen war - so konnte niemand Iaor daran eine Schuld geben. Daran glaubte Bertaud fest.
    Und jetzt waren da dieses Fenster, unter dem Wachtposten standen - Bertaud brauchte gar nicht hinzusehen, um zu wissen, dass sie dort waren -, und die langsame Prozession, der er nicht angehörte. Er schritt unglücklich vom Fenster zur Tür und zurück zum Fenster: Vor beiden wurde sicher Wache gehalten - von Männern, die ihn hier auf Befehl des Königs festhielten, dem sie alle dienten und dem sich Bertaud nicht widersetzen wollte.
    Wieder schritt er auf und ab, zwischen Fenster und Tür, zwischen Wohn- und Schlafzimmer und schließlich erneut zum Fenster. Die Marschkolonne der Soldaten war immer noch zu sehen und bewegte sich immer noch so langsam, dass ein forscher Ritt einen Mann an ihre Spitze gebracht hätte, ehe das Ende des Trosses auch nur richtig in Bewegung wäre.
    Was er natürlich nicht auf die Probe stellen konnte. Voller Abscheu warf sich Bertaud auf einen der schönen Stühle und starrte blicklos an die Wand. Er weigerte sich, erneut aus dem Fenster zu blicken.
    Das Licht, von dem das Zimmer durchflutet war, wechselte langsam die Tönung, sodass die Farbe des Wandputzes erst von Weiß zu Creme, dann zur blassesten Goldtönung und schließlich zu einem leuchtenderen Gold wechselte, vermischt mit dem Rot der untergehenden Sonne. Schatten krochen langsam durch den Raum und verdunkelten ihn, und der leichte Wind, der durchs Fenster hereinblies, wurde ungemütlich kühl ... Die Zeit verging und nahm sie alle mit, wie Bertaud fürchtete: den König auf einem endlosen Ritt durch diesen ewigen Augenblick nach Süden und zur neuen Wüste; den Arobarn, der sich mit seinem Heer in der Bergesstille oberhalb der Wüste versteckt hielt; und die Greifen in dieser Wüste, an deren Ausbreitung sie arbeiteten. Sie alle waren durch die räumliche Distanz voneinander getrennt und doch im selben Augenblick enthalten. Bis dieser Augenblick irgendwann zerbrach und sie in einer gemeinsamen Katastrophe zusammenprallten ... Bertaud konnte es fast sehen, einen rasch näher kommenden Augenblick, zu

Weitere Kostenlose Bücher