Greifenmagier 1 - Herr der Winde
kämpft. Und sobald Casmantium Euch vernichtet hat, stürzt er sich mit seinem Volk auf die Casmantier, solange sie sich noch in der Wüste aufhalten, und vernichtet sie. Das ist«, erklärte sie ernst, »ein sehr einfacher Plan, denn Ihr müsst ja gegen die Greifen ziehen. Und der König von Casmantium muss gegen Euch ziehen, oder warum hätte er sonst sein Heer heranführen sollen? Und er wird nicht ahnen, dass die Greifen für seine Männer genauso gefährlich sind wie für Eure, denn er denkt, seine Kaltmagier könnten die Greifen daran hindern, seine Männer zu verletzen. Er weiß nicht ... er weiß nicht über mich Bescheid. Das heißt ... er weiß schon, dass ich hier bin, aber er weiß nicht ... Wir denken, dass er nicht weiß, was ich alles tun kann.«
Der König stand völlig reglos da, und sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht. Kes dachte jedoch, dass es nicht ihr Gesicht war, das er sah, sondern Schlachten, die gleich hinter der nächsten Wendung der Zeit verborgen lagen. Nach einer Weile fragte er: »Und wenn wir diese Schlacht nicht nur den Greifen zuliebe schlagen?«
Kes nickte hoffnungsvoll - vielleicht fand er ja eine Möglichkeit, den Kampf zu vermeiden -, aber Opailikiita entgegnete: Der Herr von Feuer und Luft wird dafür sorgen, dass Ihr kämpfen müsst.
Ihre anmutige, unaufdringliche Stimme glitt zart um die Peripherie des Bewusstseins, aber viele der Männer zuckten doch überrascht zusammen. Manche fluchten, wenn auch leise. Die alte Erdmagierin prallte leicht zurück und sah aus, als wüsste sie nicht, ob sie gekränkt oder fasziniert war.
Die Augen des Königs weiteten sich kurz. Mit sorgsam bedachter Höflichkeit erkundigte er sich bei der Greifin: »Wie möchte er das bewirken?«
Dieses Land ist inzwischen mit uns vertraut. Die Wüste, die wir aus unseren Herzen geschaffen haben, gehört uns. Eure Erdmagierin wird ihre Macht nicht brechen, wenngleich sie es versuchen mag. Der König von Casmantium weiß noch nicht, dass auch seine Magier die Macht der Wüste nicht brechen können. Somit wird Euch klar sein, dass Ihr innerhalb unserer Wüste kämpfen müsst.
Der König starrte sie an. Sein Gesicht spannte sich; er wirkte unvermittelt wieder streng. »Und wenn ich mit meinen Leuten wieder auf der Straße zurück nach Norden ziehe?«
Wenn Ihr Euch zurückzieht, gebt Ihr das ganze Land hier Casmantium preis; solltet Ihr nach Süden ziehen, um den Feind dort aufzuhalten, wird mein Volk die Wüste unter Euren Füßen ausbreiten und Euch darin bannen. Wenn Ihr bleibt, wo Ihr seid, wird der Arobarn Euch in unsere Wüste treiben und Euch vernichten und dann immer noch das Land hier für sich beanspruchen.
»Und was schlägst du dann vor, was ich tun soll, um mein Volk vor der Vernichtung zu retten?«, fragte der König sie.
Ihr könnt gar nichts tun, erwiderte Opailikiita mit einer seltsamen Zufriedenheit, die eigentümlich für die Greifen war.
»Teilt Eure Truppen auf«, schlug Jos vor. In seiner tiefen Stimme schwang eine merkwürdige, widerstrebende Art von Zuspruch mit. »Wenn es nicht anders geht, als einen Teil von ihnen in die Wüste zu führen, dann tut es, und setzt diese Männer so gut ein, wie Ihr könnt. Wahrscheinlich verliert Ihr die meisten von ihnen. Schickt jedoch auch Männer los, die das Gebirge umgehen und den Arobarn von Norden aus angreifen. Selbst eine kleine Truppe kann verheerende Wirkung entfalten, wenn sie gut eingesetzt wird. So gewinnt Ihr vielleicht noch etwas aus diesem Kampf. Und wenn Ihr jetzt gleich Nachricht nach Westen und Süden schickt, dann hält das, was Ihr hier tut, das casmantische Heer zumindest lange genug auf, damit sich das übrige Farabiand vorbereiten kann.«
Alle sahen ihn an. Er zuckte die Achseln, halb so, als wollte er sich entschuldigen, und halb wie zum Trotz.
»Du bist ein Soldat«, sagte der König schließlich. »Um es offen zu sagen: ein casmantischer Soldat.«
»Jetzt nicht mehr.«
»Nein? Wem gilt jetzt deine Loyalität?«, fragte ihn der König.
Jos schnitt eine Grimasse - nichts, was man ein Lächeln hätte nennen können, obwohl es vielleicht so gedacht war. Er deutete mit dem Kopf auf Kes. »Ihr.«
»Du warst ein Spion«, erklärte einer der Männer in der Nähe des Königs; das Gesicht blieb neutral, aber der Ton seiner Stimme war voller Abscheu. Der Mann, ein Offizier, streckte einen Arm mit nach oben gerichteter Handfläche aus, als alle ihn ansahen, und zuckte die Achseln. »Oder so vermute ich wenigstens.« Er
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