Greifenmagier 1 - Herr der Winde
und setzte mit rauer Stimme hinzu: »Aber wir sind nicht bereit, das Werkzeug oder Spielzeug von Menschen zu werden.«
Es war Bertaud - wie dieser sehr wohl wusste -, an den Kairaithin diese wütende Äußerung richtete.
Aber Iaor wusste es nicht. Der König sagte leise: »Ich danke Euch dafür, dass Ihr die Macht des Arobarn gebrochen habt, selbst wenn Ihr das nicht für uns tatet.«
Kairaithin kräuselte die Lippen. Er hatte kaum einen Blick für den König übrig. »Es war wohlgetan, Casmantium unsere Kraft zu demonstrieren ... So, Esterikiu Anahaikuuanse hat dem Arobarn unsere Bedingungen genannt. Er wird sich und alle seine Männer an dich ausliefern, Safiad-König - auf dass Menschen mit Menschen umgehen -, oder wir ergreifen jedes Mittel, das nötig ist, damit wir sie vernichten können.« Seine schwarzen Augen warfen einen Seitenblick auf Bertaud. »Wofür entscheidet er sich wohl?«
»Du fragst mich?«
»Die Einschätzung eines Menschen über das, was Menschen tun. Nun?«
»Er wird sich ergeben«, sagte Iaor leise. »Wenn ihm klar ist, dass eine Fortsetzung dieser Schlacht ausschließlich zum Tod all seiner Männer führt und er dadurch nichts gewinnt. Er wird sich ergeben.«
Kapitel 15
Der König von Farabiand nahm eine Stunde vor Sonnenuntergang die förmliche Kapitulation des Königs von Casmantium entgegen und saß dabei auf dem besten Stuhl, den Minasfurt hatte bereitstellen können. Dieser Stuhl war nicht besonders kunstvoll gestaltet. Iaor machte ihn schlicht durch die eigene Präsenz darauf zu einem Thron. In seinem Gesicht spiegelte sich die Anspannung des langen Tages und in den wunden Augen die Müdigkeit, und aus Gründen der Bequemlichkeit wie auch der Wirkung hatte er sich für einfache Soldatenkleidung entschieden. Bertaud entdeckte heute zum ersten Mal überhaupt Spuren von Grau in Iaors löwenfarbigen Haaren. Damit wirkte der ältere Mann nur mehr denn je wie ein König.
Der Stuhl stand in einem eilig aufgebauten Pavillon am Flussufer, und der König hatte die untergehende Sonne im Rücken. Das war nicht die harte Sonne der Wüste. Die rote Wüste hatte Minasfurt umringt, erstreckte sich aber nicht bis ganz hinab zum Fluss. Daher hatte man außerhalb des Sandes in der kühlen Abendluft den Pavillon errichtet.
Iaors kleines Heer war zu seiner Linken aufmarschiert; Eles' Gardetruppe und die Menschen von Minasfurt nahmen einen Ehrenplatz vor dem Pavillon ein. Die casmantischen Soldaten, die unter Führung des Arobarn das Dorf angegriffen hatten, standen entwaffnet und unter leichter Bewachung auf der rechten Seite. Das andere casmantische Heer war, nachdem der Arobarn einen Boten zu ihnen geschickt hatte, nicht weiter in Farabiand vorgedrungen und lagerte nun auf der anderen Seite der Wüste.
Kairaithin saß in Greifengestalt neben dem König, und Bertaud stand auf dessen anderer Seite.
Der König der Greifen war nicht anwesend, aber der grausame weiße Greif Tastairiane Apailika saß ein kleines Stück hinter Kairaithin. Bertaud wusste nicht, was die Anwesenheit speziell dieser beiden Greifen zu bedeuten hatte. Kes wusste vermutlich, warum gerade Tastairiane Apailika zu den Verhandlungen geschickt worden war, aber sie saß zwischen Opailikiitas gefiederten Vorderbeinen auf dem Boden, hatte die Arme um die angezogenen Knie geschlungen und wirkte nicht besonders ansprechbar.
Das Haar des Mädchens war gebürstet - Bertaud erblickte es zum ersten Mal überhaupt frei von Zotteln und Knäueln - und mit einem eingeflochtenen Strang honigfarbener Perlen verziert worden. Außerdem hatte Kes endlich das behelfsmäßige casmantische Kleid abgelegt und trug jetzt ein einfaches blassgelbes Kleid ohne jeden Schmuck. Bertaud vermutete, dass Kairaithin diese Kleidung für sie gefunden oder hergestellt hatte. Es schien dem Fürsten, als sei dies ein Detail, das für den Greifenmagier wichtig war, aber er konnte nicht sagen, warum er das dachte.
Kes wirkte inzwischen älter und weniger verwahrlost, aber nach wie vor nicht sehr wie ein Mensch. Die Füße waren nackt, die Haut beinahe durchsichtig; sie schien ein inneres Licht zu bergen und es kaum in sich halten zu können. Sie hatte keinerlei Wunsch zum Ausdruck gebracht, sich zu den Menschen von Minasfurt zu gesellen. Die meisten dieser Menschen betrachteten Kes mit raschen, nervösen und verblüfften Blicken und achteten sehr viel mehr auf sie als auf den König. Kes erwiderte diese Blicke nicht. Sie hatte den Kopf an Opailikiitas Bein gelehnt
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