Greifenmagier 1 - Herr der Winde
und schien sich nur für den Arobarn zu interessieren.
Brekan Glansent Arobarn schritt zunächst zwischen den beiden Heeren und ging dann, vorbei an den Bewohnern des Dorfes und den Gardisten, auf Iaor zu. Er trug keine Fesseln. »Nein«, hatte Iaor dazu gesagt und sich dabei zweifellos noch einmal vor Augen geführt, wie knapp es war, dass sich die Waage nicht in die andere Richtung geneigt hatte. »Lassen wir ihm seinen Stolz. Wir werden sehen, wie wenig wir ihm sonst lassen können.« Also trug der Arobarn keine Ketten. Man hatte ihn lediglich entwaffnet. Er wirkte konzentriert und tatkräftig, nicht im Mindesten gedemütigt; seine Aufmerksamkeit war augenscheinlich nicht nach innen gerichtet und nicht irgendwelchen Überlegungen an die eigene Niederlage und Schmach zugewandt, wie man vielleicht erwartet hätte, sondern galt der Außenwelt und Iaor.
Mit gleichmäßigen Schritten trat der Arobarn vor, ein großer Mann mit kräftigen Schultern und einem starken, ja strengen Gesicht. Der dunkle Bart betonte das kräftige Kinn und erweckte den Eindruck von Starrköpfigkeit, was vermutlich zutraf; die Augen wirkten lebhaft und strahlend und ließen keinen Gedanken daran aufkommen, die wuchtigen Gesichtszüge könnten auf geistige Stumpfheit hindeuten. Als er schließlich bei Iaor angekommen war, kniete er nicht nieder, sondern verneigte sich bloß. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, musterte er seinen Bezwinger mit allen Anzeichen lebhafter Neugierde. Er war groß und arrogant genug, um allein mit seiner Haltung den Eindruck zu erwecken, dass sein Wille in dieser Gesellschaft maßgeblich war.
Iaor lächelte. Es war kein heiteres Lächeln. Er hatte den Arobarn nicht demütigen wollen, aber, wie Bertaud dachte, wohl erwartet, dass dieser von sich aus eine gewisse Bescheidenheit an den Tag legte. Das war jedoch nicht der Fall. Iaor verlangte auch jetzt nicht danach. Er sagte nur mit einem sanften Tonfall, in dem Bertaud den seines Vaters wiedererkannte - einem Tonfall, der eine gefährliche Stimmung verriet: »Brekan Glansent Arobarn. Euer Land und meines waren, wie ich dachte, nicht im Krieg. Und doch sehen wir uns jetzt hier. Wie kommt das?«
Der Arobarn zuckte mit den kräftigen Schultern. »Na ja, ich dachte, es würde gelingen, ja?« Sein Terheien wies einen starken Akzent auf, war aber gut zu verstehen. »Ich dachte, ich überquere das Gebirge und nehme mir Euer Bered und Euer Terabiand, ja, und alles Land östlich des Flusses und mache daraus eine neue Provinz Casmantiums. Dann hätten wir die Straße über die Berge ausbessern können, und Casmantium hätte vom Hafen Terabiands profitiert. Versteht Ihr, ich hatte nicht erwartet, dass die Malakteir, die Greifen ... Ich dachte nicht, dass sie für Euch kämpfen würden. Ich erwartete das Gegenteil: dass Ihr gegen sie kämpfen und dadurch geschwächt würdet.«
Sein Blick wanderte zu Kes, die zu Füßen ihrer Greifenfreundin saß. Sie erwiderte den Blick mit Augen, die von Feuer und Erinnerungen an die Wüste erfüllt waren.
»Ich habe nicht erwartet, dass die Malakteir ein Mädchen wie dieses fänden. Und als ich es dann erwischte, erwartete ich nicht, dass die kleine Festaranenteir mir wieder entwischen würde. Und dann entwickelte sie ihre Macht. Also hat sich alles, was ich plante, gegen mich gewendet, ja? Die Festaranenteir hat die Waffe, von der ich glaubte, dass ich sie gegen Euch gerichtet hätte, stattdessen gegen mich gewendet. Ich habe mich also geirrt«, schloss er einfach und wandte sich wieder Iaor zu. »Und Ihr habt gesiegt, ja? Was werdet Ihr jetzt tun, Iaor Safiad?«
Es war vielleicht eine demütige Frage. Der Arobarn stellte sie jedoch nicht in demütigem Ton.
Iaor klopfte leise mit den Fingern auf die Armlehne. Schließlich erklärte er in einem noch sanfteren Ton als zuvor: »Natürlich möchte ich die Beziehungen zwischen Farabiand und Casmantium wieder auf ihre frühere freundschaftliche Grundlage stellen. Ich bin sicher, dass Ihr diesen Wunsch ebenfalls hegt, Brekan Glansent Arobarn. Eine angemessene Entschädigung wird daher vollkommen ausreichen. Ich gehe davon aus, dass Euer Bruder sie zahlen wird. Ihr habt natürlich einen Eurer Brüder zurückgelassen, um an Eurer Stelle zu herrschen?«
»Ja. Er wird zahlen. Für mich. Für sie.« Der Arobarn wies mit dem Kopf über die Schulter auf seine Männer.
»Ihr habt Glück mit Euren Brüdern.«
»Ja«, pflichtete ihm der Arobarn kurz und bündig bei.
»Und wenn Ihr irgendwann
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